Hanner Rupert

Autor: Text: Christian Sandler Photos: Christian Sandler & Christa Schwarzbauer


Das Jahr 1970 stand, wie die Jahre davor, unter keinem guten Stern im internationalen Motorsport. Alleine in der Formel 1 ließen drei Topfahrer ihr Leben bei der Ausübung ihres geliebten Sports.

Am 2. Juni starb Bruce McLaren bei Testfahrten in Goodwood und am 21. Juni verbrannte Piers Courage in Zandvoort. Jochen wurde am 5. September Opfer eines Materialdefektes in Monza. Dies waren nur die „ganz Großen“, worüber die ganze Welt sprach und auf die sich die Presse stürzte. Rennfahrer, die bei sogenannten Provinzrennen in Argentinien, Australien, Südafrika oder gar in Österreich ums Leben kamen, werden in der internationalen Statistik nicht erwähnt. Deren Schicksale sind aber nicht minder erschütternd.

Einer dieser unbelohnten Helden war der oberösterreichische Sunnyboy Rupert Hanner, der am 31. Mai 1970 beim Bergrennen in Behamberg tödlich verunglückte. Ruppi, wie in seine Freunde nannten, wurde nur 25 Jahre alt. Blicken wir zurück. Der Zweite Weltkrieg lag in den letzten Zügen, als am 28. Februar 1945, einem eisigen Wintertag, Rupert in St. Veit im Mühlkreis das Licht der Welt erblickte. Seine Eltern führten ein kleines Transportunternehmen, Lohnfuhrwerk nannte man das damals. Die Mutter führte den Haushalt und der Vater transportierte Güter und Personen hauptsächlich rund um St. Veit. Der Betrieb galt als zuverlässig und mit der Zeit gab es sogar einen „kleinen“ Fernverkehr nach Rohrbach sowie in die Hauptstadt nach Linz. Klein Rupert war ein aufgewecktes und sportliches Bürscherl. Fußball war sein Hobby. Anno 1960 begann Ruppi eine Lehre als KFZ-Mechaniker in einem bekannten Linzer Autohaus, zum Wochenende unterstützte er seine Eltern, Geschwister gab es keine. Mit 16 Jahren wurde vom ersten eigenen Geld ein Moped angeschafft. Wie jeder Jugendliche „frisierte“ er sein Gerät und machte es somit zum heißen Eisen, technisches Wissen war genug vorhanden. Moped-Rennen (Mopedcross) wurden neben Fußball zur neuen Leidenschaft. Mit 18, wie damals üblich, machte er den B-Schein und kurz darauf stand das erste Auto vor der Tür – Marke ist nicht überliefert. Der Held unserer Geschichte war ein Feschak, hatte einen guten Schmäh, war tüchtig und kam beim weiblichen Publikum hervorragend an. Die „Kerzen Bar“ in Bad Mühllacken zählte zu seinen Stammlokalen, wo sich ältere Semester noch heute gerne an den Mühlviertler erinnern.

Als sein Vater stirbt, übernimmt er mit 19 Jahren die kleine Firma und führt diese als Einmannbetrieb mit einem LKW weiter. Später legte er sich einen Mini-Cooper mit der inzwischen legendären (schwarzen) Nummerntafel O-309.510 zu. Etwa zu dieser Zeit trat die bildhübsche Christa aus Linz in sein Leben. Ruppi wurde zwar im Privatleben etwas ruhiger, dafür gab er auf den Rennpisten immer mehr Gas. So gegen Ende der 60er-Jahre, in denen es noch ordentliche Winter gab, bot sich Skijöring als preiswerter Motorsport an. Bergrennen, Slaloms und Autocross zählten ebenso zu seiner Leidenschaft. Tag und Nacht werkte er an seinem Boliden und versuchte dabei das Maximum aus der Rennmaschine herauszuholen, er war laut Christa fanatisch. 1969 gelang ihm dann der Durchbruch. Zuerst trat er dem Rallye Racing Team Linz (RRTL) bei und wurde damit Vereinskollege von den damaligen oberösterreichischen Assen wie W. Kowarik, R. Moser oder R. Hackl. Er siegte beim Eisrennen in Zell am See und beim Autocross in Kremsmünster. Beim Skijöring war er mit seinem Partner Hans Lang sowieso unschlagbar. Er wurde Zweiter in seiner Klasse hinter Helmut Koinigg, beim Bergrennen in Bad Mühllacken. Am Behamberg belegte er den dritten Rang und in Walding sowie in Kasten gewann er. Am Weerberg und in Engelhartszell verließ ihn jeweils die Technik. Im Mai wurden die besten Cooper-Piloten Europas nach England zu Testfahrten eingeladen. Er erreichte Platz 2 und bekam dafür, von John Cooper persönlich, einen nagelneuen Rennmotor überreicht. Die Saison 1970 startete er gewaltig mit seinem starken, silbergrauen Cooper. Er gewann gleich die ersten drei Skijörings in Altenfelden (vor Franz Wurz), Schenkenfelden und Peuerbach. Im Linzer Hafen war er aber etwas zu übermütig und legte den Mini aufs Dach. Sein Namenskollege Rupert (genannt Bux) richtete das Ding wieder gerade, so stand einem Triumph beim Eisrennen in Zell am See nichts mehr im Wege. Am 15. März fand das erste Bergrennen der Saison bei regnerischen Verhältnissen in Bad Mühllacken statt. Ruppi gewann mit seinem beherzten Fahrstil nicht nur seine Klasse, sondern wurde auch im Gesamtklassement sechster, dabei ließ er manchen Formel V-Fahrer hinter sich.

Daraufhin wurde das bekannte Wiener „Hella Racing Team“ auf den schnellen Mühlviertler aufmerksam und holte ihn zu ihrer erfolgreichen Truppe. Dieser Vertrag bot ihm finanzielle Absicherung und für sich die besten Zukunftschancen. Ruppi war ab sofort Teamkollege der österreichischen Stars wie Peter Huber und Erich Glavitza. Auf Grund einer Bruchoperation war aber erst mal für ein paar Wochen Pause mit der Rennerei. In dieser Zeit entschlossen sich Christa und Ruppi zu heiraten und legten den Termin für den 28. Juni 1970 fest. Nach der Genesung stand am 30./31. Mai 1970 das Behamberg-Rennen am Kalender. Trainiert wurde am Samstag und Ruppi war zuversichtlich, er fuhr in seiner Klasse 2:09,6 und war damit nur um 2,2 Sekunden langsamer als Walter Rudolph. So schön das Wetter am Samstag war, so schlecht war es am Renntag – Dauerregen. Ab und zu querten Zuschauer die Rennstrecke, die an manchen Stellen dadurch verschmutzt war. Während der Startvorbereitung stieg Ruppi nochmals aus und schlenderte zu dem ein paar Wagen hinter ihm startenden Erich Glavitza, um ihn eben auf diese Situation aufmerksam zu machen. Kurz darauf startete Rupert Hanner zu seinem letzten Rennen. In der Dachsbergkurve geriet der Cooper außer Kontrolle, prallte gegen die Böschung, knickte einen Telefonmast und kam anschließend auf der Strecke am Dach zu liegen. Ruppi war nicht angeschnallt, wurde bei diesem heftigen Crash aus dem Cockpit geschleudert und zog sich dabei tödliche Verletzungen zu. Christa, Ruppis Verlobte, wartete mit ihrem Freundeskreis zwei Kurven danach vergebens auf den silbernen Rennwagen. Rupert Hanner starb mit nur 25 Jahren auf dem Weg ins Steyrer Krankenhaus, die Motorsportgemeinde verlor mit ihm eines der hoffnungsvollsten Talente.

Trauriges Detail am Rande: Christa war, als ihr Bräutigam starb, im vierten Monat schwanger. Markus kam im Dezember 1970 auf die Welt und hat leider seinen Vater nie kennengelernt, er wird heuer seinen 50er feiern. 

Der Autor bedankt sich bei Christa, die eben den 70er gefeiert hat, für die Mitarbeit an dieser berührenden Geschichte.

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