Edsel - Die Titanic der Automobilindustrie

Autor: Wolfgang M. Buchta


Der Untergang der „Titanic“ im Jahre 1912 gilt als das größte Desaster der Zechnikgeschichte, und die Marke „Edsel“ der Ford Motor Company gilt als das größte Desaster der Automobilgeschichte. Aber trägt der Edsel den schmückenden Beinamen wie „Titanic auf Rädern“ zu Recht?

Wolfgang M. Buchta hat sich den Edsel in der Literatur und in Wirklichkeit 
angesehen, und Ulli Buchta war mit der Kamera dabei ...

Betrachtet man die Geschichte eines großen Automobilherstellers, z.B. der Ford Motor Company, so könnte leicht der Eindruck einer logischen und ungebrochenen Erfolgsgeschichte entstehen, aber die Wahrheit sieht bei genauerer Betrachtung doch etwas anders aus.

Sehen wir uns den Werdegang von Ford also näher an und beginnen wir vielleicht vor dem Anfang.

 
Der holprige Weg zur FoMoCo

Henry Ford wurde 1863 auf einer Farm in Greenfield Township, westlich vom (damaligen) Detroit, geboren. Heute ist die Region längst eingemeindet.

Seine Eltern waren Farmer und die Familie Ford hatte reichlich Kinder (sechs) und deutlich weniger Geld, d. h. irgendeine höhere Bildung war ausgeschlossen und es blieb für Henry und seine Geschwister beim Besuch der Dorfschule, wohl nicht der optimale Start für einen Techniker, Erfinder und zukünftigen Großindustriellen. 
 
Aber Henry war geschickt und ehrgeizig und baute 1878 seinen ersten Verbrennungsmotor – zu dieser Zeit wohl ein eher ungewöhnliches Unterfangen für einen 15-jährigen Bauernbuben.

1879 ging der junge Mann „in die Stadt“, also ins nahe Detroit, wo er bei „Westinghouse Electric“ und später bei der „Edison Illuminating Company“ tätig war, aber seiner großen Liebe, dem Verbrennungsmotor treu blieb.

1896 konnte Henry Ford den ersten Erfolg im Automobilbau vermelden – das „Ford Quadrycycle“ war fertig. Das Vehikel stand auf vier Fahrradrädern und wurde von einem mit Alkohol befeuerten Zweizylinder-Motor angetrieben. Die Leistung von 4 PS beschleunigte das nur 230 kg schwere Fahrzeug auf eine Spitze von 32 km/h (20 mph). Und das Quadricycle war auch ein kommerzieller Erfolg: Ein gewisser Charles Ainsley ließ sich das gute Stück immerhin US$ 200 kosten. 

1899 kündigte Ford bei Edison und gründete – mit ein paar lokalen Investoren – die „Detroit Automobile Company“. Der Erfolg des Unternehmens, in dem Henry Ford der Chefkonstrukteur war, war überschaubar. Die schätzungsweise 20 Stück (die überlieferten Zahlen variieren da) waren langsam, schwer und teuer in der Fertigung (angeblich wurde bei jedem Wagen US$ 250 Verlust eingefahren) und bereits im Jänner 1901 wurde die Firma mit einer Überschuldung von US$ 86.000 aufgelöst. 

Bis zum 3. November 1901 hatte Henry Ford wieder neue Investoren überzeugen können, und die „Henry Ford Company“ wurde ins Handelsregister eingetragen, deren Schicksal nicht viel glücklicher verlaufen sollte. Ford wollte preiswerte Autos für „die Massen“ bauen und seine Teilhaber lieber teure Autos in geringer Stückzahl und hohen Gewinnspannen …

Im März 1902 trennten sich die Wege der hoffnungsfrohen Gesellschafter nach nur vier Monaten ...

Henry Ford hatte sich klugerweise das Recht gesichert, auch weiterhin Autos unter seinem Namen bauen zu dürfen (was beispielsweise August Horch oder Ransom Eli Olds verabsäumt hatten) und gründete – wieder hatten sich Investoren gefunden – mit der „Ford Motor Company“ (Gründungsdatum 16. Juni 1903) seine dritte Firma innerhalb von rund vier Jahren. 

Höhen und Tiefen der Ford Motor Company

Mit dem Ford A, einem Kleinwagen mit Zweizylindermotor von knapp 1,7 Liter Hubraum, einer Leistung von 8 PS und einer Spitze von 40 mph (rund 70 km/h) hatte Mr. Ford endlich den „Volkswagen“, den er schon immer bauen wollte, allerdings hatte „das Volk“ nicht unbedingt darauf gewartet und kaufte den Wagen ganz einfach nicht. 

Wieder sollte es für die Firma eng werden, denn vom Grundkapital waren angeblich noch US$ 223 übrig, bis endlich das erste Model A einen Käufer fand. Bis 1905 sollten es rund 1.750 Stück werden – verglichen mit dem Oldsmobile Curved Dash, von dem in etwa dem gleichen Zeitraum um die 10.000 Stück gebaut wurden – kein wirklicher Bestseller, aber es reichte, der FoMoCo (Ford Motor Company) eine halbwegs gesunde finanzielle Basis zu geben. 

Wer A sagt, muss auch B sagen, und ab 1904 deklinierte Henry Ford recht chronologisch durch: 1904: Model B, Model C und Modell E; 1905: Model F , Model K und Model N; 1907: Model R und Model S (die fehlenden Buchstaben dazwischen kamen über das Prototypenstadium nicht hinaus), und Anfang Oktober 1908 war der Buchstabe T an der Reihe. 

Das Auto des Jahrhunderts und der reichste Mann der Welt

Am 1. Oktober 1908 wurde der erste Ford Model T fertiggestellt, und die Automobilgeschichte sollte sich grundsätzlich ändern.

Der von 1908–1927 gebaute Ford T entwickelte sich zum ersten „Weltauto“, das in unglaublicher Stückzahl – mit mehr als 15 Millionen wurde der Ford T erst ein halbes Jahrhundert später vom VW Käfer übertroffen – und nicht nur in einem Dutzend Fabriken in den USA, sondern in rund ebensovielen Werken in aller Welt – von Buenos Aires bis Berlin, von Toronto bis Yokohama – gefertigt wurde.

Fließbandfertigung (ab 1913), „Any Colour as long as it’s Black“ (von 1915–1925) und eine Preissenkung von US$ 825 (im Jahre 1909) auf schlussendlich US$ 360 (im Jahre 1927) – das sind nur einige Legenden um die „Tin Lizzie“, wie das Model T auch genannt wurde.

Mit dem Ford T kehrte bei der Familie Ford so richtig der Wohlstand ein und Henry Ford, seit 1919 Alleineigentümer des größten Automobilherstellers der Welt, wurde zu einem der reichsten Menschen seiner Zeit und konnte/könnte mit einem geschätzen Vermögen von rund 200 Milliarden US$ (wertberichtigt) über heutige Milliardäre nur milde lächeln …

In unzähligen Romanen, Filmen und Theaterstücken spielte der Ford T eine (Haupt-)Rolle, und zahlreiche Publikationen beleuchten seine Geschichte. Auch wir werden bei Gelegenheit dem Ford T eine Titelstory widmen, aber das ist eine andere Geschichte.

Hier müssen wir den traurigen Gemeinplatz betrachten, das auch das Beste irgendwann zu Ende geht und sogar der „Best- und Longseller“ irgendwann am Ende seiner Laufbahn angelangt war.

Der „Neue Ford“

Ford hatte knapp 20 Jahre lang ein einziges(!) – in unzähligen Details verbessertes, aber im Wesentlichen unverändertes – Modell gebaut und mit einer Stückzahl von 15 Millionen in den besten Jahren bis zu 61% Marktanteil (im Jahre 1921 61% in den USA und 57% weltweit) gehabt, der aber seither kontinuierlich gesunken war, denn auch die Konkurrenz schlief nicht – Nash, Hudson, Chrysler und natürlich die Erzrivalen von General Motors, wo Alfred P. Sloan, der von 1923–1937 Präsident von General Motors war, ein gefährliches, neues Konzept hatte.

„Am Anfang“ gab es einfache Automobile – meist teuer und ein „Spielzeug“ für die Reichen – manche waren besser, manche waren schlechter, und oft war schwer zu sagen, welche jetzt die Guten und welche die weniger Guten waren, aber etwas, das wir heute „Marktsegmente“ nennen, gab es noch lange nicht.

Etwas später gab es dann einen Markt für preiswerte Autos, ein Markt der großartig von Ford mit dem Ford T bedient wurde, und dann gab es den Markt der Luxus- oder Qualitätsautos – schnell, gediegen gebaut, qualitativ hochwertig, … und sehr, sehr teuer. Ein Markt (in Amerika),  der von den „Three P’s of Motoring“, von Packard, Peerless und Pierce-Arrows maßgeblich versorgt wurde.

Für Erstkäufer war es recht einfach und nur abhängig von der Geldbörse, ob es Ford T oder ein sagen wir einmal Packard Twin Six wurde. Aber die Erstkäufer wurden immer weniger, die Käufer sammelten Wissen und Geld und suchten einen logischen Aufstieg bei ihrem Automobil – etwas besser (im Sinne von komfortabel, modern und schnell) als der „alte“ Ford T sollte es vielleicht sein, aber ein Packard war natürlich außer Reichweite.

Und dann gab es den Konzern General Motors, der 1908 von William C. Durant als riesiger „Gemischtwarenladen“ gegründet worden war. 1910 und 1920 schrammte General Motors am Konkurs vorbei (nicht nur Ford hatte periodisch seine Probleme). 1923 wurde Sloan Präsident von General Motors und schuf aus dem „Gemischtwarenladen“ eine „Autohierarchie“, in der sich der Kunde von Chevrolet bis Cadillac „hocharbeiten“ konnte, ohne auf ein Fremdprodukt ausweichen zu müssen. Unter Sloan entstand 1927 auch die „Art and Colour Section“ (unter der Leitung von Harley Earl), der ersten Designabteilung der Automobilgeschichte.

Und was geschah zwischenzeitlich bei Ford? Henry Ford wollte nur eines, mehr und mehr Exemplare des laufend verbesserten Ford T verkaufen. Und um die Sache weiter zu komplizieren (oder vielleicht als Rettung der Firma), gab es Edsel Bryant Ford, den 1894 geborenen Sohn von Henry Ford, der sich – seit 1919 Formel-Präsident der „Ford Motor Company“ – zum „Hauptgegner“ seines Vaters entwickeln sollte.

Edsel Ford erkannte bereits frühzeitig, dass die „Tin Lizzy“ technisch nicht am Stand der Zeit war und ehebaldigst durch ein modernes Modell ersetzt werden sollte, um gegen die modernere Konkurrenz von Chevrolet – mit dem 1927 präsentierten Chevrolet Capitol konnte Chevrolet Ford erstmals vom Platz in der Verkaufsstatistik verdrängen – bestehen zu können; eine Erkenntnis, mit der sich sein Vater, Eigentümer und faktischer Chef der FoMoCo, so gar nicht anfreunden konnte.

Die Ablöse des Ford T entwickelte sich zu einem klassischen Vater-Sohn-Konflikt und es dauerte ein halbes Jahrzehnt, bis sich der jüngere Ford durchsetzen konnte.

Der „New Ford“ resp. Ford A (wie er später heißen sollte) war technisch – mechanische Vierradbremsen, konventionelle Schaltung statt Planetengetriebe sowie die mittlerweile übliche Anordnung von Gas, Bremse, Kupplung und Schalthebel – wie optisch ein rundum modernes Auto.

Nach der Fertigstellung des letzten Ford T (27. Mai 1927) wurden das Werk „Highland Park“ ganz einfach für ein halbes Jahr „zugesperrt“, abgebaut, und das knapp 20 km entfernte Werk „River Rouge“ wurde als Hauptwerk für die Produktion des Ford A installiert.

Was sich so locker mit wenigen Zeilen beschreiben lässt, war einerseits eine logistische Meisterleistung, die 250 Millionen Dollar kostete, aber auch eine humanitäre Katastrophe – sowohl für die 60.000 Arbeiter, die umstandslos gefeuert wurden, als auch für 10.000 Händler, die ein halbes Jahr ohne Produkte (außer Ersatzteile und Fordson-Traktore) da standen und keinerlei brauchbare Informationen von Ford erhielten. Rund 15% haben die Umstellung nicht überlebt …

Aber irgendwann endete die Ungewissheit; der Ford A wurde 1928 präsentiert und man war zumindest wieder auf Augenhöhe mit dem Chevrolet Capitol.

Für ein paar Jahre (Produktionsende 1932) war die Rangordnung wieder hergestellt. 1928 stand bei Chevrolet der „National“ – ein leicht überarbeiteter Nachfolger des Capitol am Programm, aber bereits für das Modelljahr 1929 legte GM mit dem Chevrolet International die Latte neuerlich ein Stück höher: Das neue Modell hatte einen Sechszylindermotor und sechs ist natürlich besser als vier!

Der Ford A war von 1928–1932 in Produktion – wieder als einziges Modell von Ford – und verkaufte sich knapp fünf Millionen Mal, was auf die Bauzeit gerechnet sogar erfolgreicher als sein Vorgänger war.

Mit dem Ford B (Motor des Ford A in einer neuen Karosserie) und dem Ford Model 18 (erstmals ein V8-Motor in der Klasse der preiswerten Fahrzeuge) bekam das Model A gleich zwei Nachfolger, und mit dem V8 war auch Chevrolet mit ihrem 6-Zylinder klar in die Schranken gewiesen.

Was kaufen wir nach dem Ford? Wir haben ja das Problem der „Ein-Modell-Strategie“ – so gut ein Ford T oder ein Ford A zu ihrer Zeit auch gewesen sein mögen – bereits erwähnt: Was machen „aufstiegswillige“ Autokäufer?

Ein Problem, das Mr. Sloan (leider bei der Konkurrenz) grandios gelöst hatte. Sloan hatte den Markt grob in sechs Preisklassen von US$ 450 bis US$ 3.500 unterteilt, und General Motors sollte in jeder Klasse – Chevrolet, Oldsmobile, Oakland/Pontiac, Buick bis Cadillac – präsent sein. Und ein Kunde konnte nach Lust und Laune (und Geldbeutel) sich auf- und abwärtsbewegen, ohne je das Markenuniversum von General Motors verlassen zu müssen. Und die Käufer, die einen Nachfolger für ihren Ford suchten, waren natürlich besonders willkommen.

Was konnte Ford da anbieten? Wenig, denn die einzige Konzernmarke neben Ford war Lincoln, die Ford 1922 übernommen hatte und wo seither gediegene Luxuswagen in respektabler, aber geringer Stückzahl entstanden. Lincoln lief – unter der Leitung von Edsel Ford, dem sein Vater die Marke als Spielwiese übergeben hatte – gut, aber eines war klar: Für den „aufstiegswilligen“ Ford-Fahrer war Lincoln nicht das richtige Angebot …

Der „Sloan Plan“ zeigte seine Wirkung: 1922, dem ersten Jahr, in dem es eine derartige Statistik gab, hatte GM 18,5% Marktanteil und Ford 48%. 1941, dem letzten Friedensjahr in den USA, waren die Positionen genau vertauscht: GM 47% vs. Ford 18,8%. Der Auftritt der „Chrysler Motor Corporation“ (Marktanteil 1941: 24,1%) im 1925 machte die Situation für Ford nicht gerade besser. Edsel Ford sah diese Probleme durchaus, aber es war schwierig bis unmöglich, sich gegen seinen dominanten Vater durchzusetzen.

1936 „durfte“ Edsel Ford einen kleinen Schritt mit der Gründung der Submarke „Lincoln-Zephyr“, die preislich unterhalb der großen Lincolns angesiedelt war, tun. Damit hatte Ford immerhin 2 1/2 Marken im Portfolio.

Und die neue Marken- und Typenvielfalt hatte einen zweiten (kommerziellen) Schönheitsfehler: Die Fahrzeuge von Ford, Lincoln-Zephyr und Lincoln stammten zwar aus demselben Konzern, hatten praktisch (außer den Motoren) keine technischen Gemeinsamkeiten und das zu der Zeit, wo General Motors (und sogar Chrysler) bereits etwas hatten, was wir heute als Plattformstrategie bezeichnen, wodurch gewaltige Kosteneinsparungen möglich waren.

1938 folgte mit dem „Ford Mercury“ – natürlich wieder auf Betreiben von Edsel Ford und wohl nur mit widerwilliger Billigung seines Vaters – der nächste Schritt in Richtung „Mehr-Marken-Strategie“. Der „Ford Mercury“ war ein besser ausgestatteter Ford V8, der preislich zwischen dem teuersten Ford und dem billigsten Lincoln-Zephyr lag und bei den Käufern gut ankam. 1939, im ersten vollen Kalenderjahr wurden immerhin 65.884 Mercury gebaut – eine respektable Stückzahl, aber doch nur 5% Marktanteil im Bereich der „medium-priced cars“ …

Und wie entwickelte sich Mercury weiter? Schwer zu sagen, denn vorerst hatten die USA und ihre Bewohner durch den Beginn des Zweiten Weltkriegs (der für die USA erst mit dem japanischen Überfall auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941 begann) andere Sorgen, und mit der Ankündigung des Modelljahrs 1942 war die zivile Automobilproduktion vorerst einmal eingestellt.

Krieg zu Ende, alles gut?

1945 – 8. Mai 1945 in Europa resp. 15. August 1945 im Pazifik – war der Zweite Weltkrieg endlich zu Ende, aber in Dearborn herrschte alles andere als „Friede, Freude, Eierkuchen“. Der Ford Motor Company waren ihre beiden Führungspersönlichkeiten „abhanden gekommen“. Am 26. Mai 1943 war Edsel Ford tragischerweise mit nur 49 Jahren an Magenkrebs verstorben und der zunehmend schwierige Henry Ford wurde von der Familie im September 1945 zum Abtritt gezwungen. Der neue Präsident war gerade einmal 28 Jahre alt und hörte auf den Namen Henry Ford II. und war der älteste Sohn von Edsel und Enkel von Henry I.

Der junge Mann stand vor keiner einfachen Aufgabe; viele gute Manager waren vor seinem Großvater aus der Firma geflüchtet, eine Produktplanung existierte nicht, und die Marken Mercury und Lincoln waren Schatten ihrer selbst. Lediglich Ford verkaufte sich so halbwegs.

Der junge Henry tat wahrscheinlich das einzig richtige, er holte sich Hilfe von außen. Und da General Motors ein gutes Vorbild war, begann die Suche dort und im Juli 1946 konnte Ford verkünden, dass Ernest R. Breech – der designierte Nachfolger vom Alfred P. Sloan als Präsident von GM – nunmehr „Executive Vice President“ von Ford war. Und mit Breech wechselten gleich eine ganze Reihe guter Manager die Seiten. Spötter sprachen bald von der „Ford Division of General Motors“, aber alle mussten zugeben, das Henry II. ein genialer Schachzug gelungen war. 
Bald darauf ging Henry Ford wieder außerhalb des Konzerns „head hunting“; ein Team von zehn jungen, ehemaligen Offizieren, die im Krieg als Controller genau das betrieben hatten, was Ford fehlte – Kostenrechnung, Controlling, statistische Analysen, … Bald war das Team firmenintern – durchaus mit gemischten Gefühlen – als „Whiz Kids“ – also als „Wunderkinder“ – bekannt resp. verschrien.

Natürlich lief all dies nicht reibungslos ab, denn rasch entwickelte sich zwischen der „Whiz Kids-Partei“ (Zahlenmenschen, auch „Erbsenzähler“ genannt) und der „Breech-Partei“ (gestandene Autobauer, also echte „Car Guys“) eine Rivalität, die wieder ein gerüttelt’ Maß an Firmenpolitik in den Konzern brachte, fast so wie in der „guten, alten Zeit“ unter Henry I.

Wie auch immer – dank (oder trotz) der firmeninternen Rivalität war die Ford Motor Company vorerst einmal wieder „auf Kurs“ und fürs erste gerettet. Man konnte wieder an die Zukunft denken, und sowohl Erbsenzähler als auch Car Guys waren sich darin einig, dass Ford eine (neue) starke Mittelklassen-Marke benötigte. Bereits 1948 setzte Henry II. eine Arbeitsgruppe ein, die den Weg zum Edsel – von dem Namen war natürlich noch lange nicht die Rede – definieren sollte.

Der lange Weg zum Edsel

Bereits 1949 empfahl die Arbeitsgruppe, dass Ford eine starke, neue Marke im „medium-price“ Bereich benötigte, die Mercury ergänzen sollte. Die Rangordnung und die Abgrenzung zwischen Mercury und der neuen Marke war nicht so klar definiert, und sprach von vier Baureihen der neuen Marke. Der beginnende Koreakrieg (1950–1953) mit der daraus resultierten Materialknappheit ließ Ford die Pläne einmal auf Eis legen.

General Motors kam in diesen Jahren wieder einmal als Vorbild ins Spiel mit dem „A/B/C/D Body Programm“. Die gewaltige GM-Produktpalette – fünf Marken von Chevrolet bis Cadillac und zahllose Typen – basierten auf nur vier Grund-Karosserien, die dann mit verschiedenen Blech- und Chromteilen, markenspezifischen Zierteilen – Kühlergrill, Zierleisten, … – individualisiert wurden. Bei Ford hingegen hatte jede Marke nicht nur eine, sondern gleich mehrere völlig unterschiedliche Karosserien, die einander fallweise ähnlicher sahen, als die eigentlich untereinander baugleichen Modelle von GM.

Es waren ausgerechnet die Mannen der Lincoln-Mercury Division (diese beiden Marken waren mittlerweile in eine Gruppe zusammengefasst, wo auch die neue Marke angesiedelt werden sollte), die bei einem turbulenten Meeting am 15. August 1951 ihren Plan zur Typen-Bereinigung präsentierten – und alle anderen innerhalb der FoMoCo, die sich irgendwie für Produktplanung zuständig fühlten, waren gleichermaßen aufgeweckt und aufgebracht. Das Thema wurde einmal an eine Arbeitsgruppe weitergereicht. Das war die Periode, in die „Ford Motor Company“ den wenig schmeichelhaften Beinamen „Ford Meeting Company“ bekommen sollte …

Unterm Strich hatte Ford unter seinem jungen Präsidenten bereits viel erreicht. Von einem Markanteil von 18,8% im letzten Vorkriegsjahr (1941) und Platz 3 hinter Chrysler hatte sich Ford bis 1954 auf 30,8% und einen soliden 2. Platz (hinter GM, aber weit vor Chrysler) erholt – nächstes Ziel: Platz 1!

Im „low-priced“ Bereich sah es also bei der Marke Ford nicht so schlecht aus. Im Kalenderjahr 1954 verkaufte Chevrolet (laut der offiziellen Industriestatistik) 1.417.453 Autos und Ford 1.400.440 Stück, andere Statistiken sahen Ford sogar knapp vorne, aber da gab es noch immer den leidigen „medium-priced“ Bereich, wo Mercury einsam und allein der geballten Macht von Oldsmobile, Pontiac und Buick gegenüber stand … Mercury: 12,6% (in diesem Marktsegment), GM: 59,6% und sogar Chrysler kam mit Dodge, De Soto und Chrysler auf 15,5%.

Let’s call it Edsel!

Auf der Suche nach dem „medium-priced car“ begegnen wir zwei neuen Persönlichkeiten im Hause Ford, die großen Einfluss auf die Entwicklung haben sollten – Lewis Crusoe und Jack Reith. 

Crusoe war ein Urgestein der Automobilindustrie und war mit Ernest Breech von General Motors zu Ford gekommen. Als Vizepräsident der Ford Division war er nicht nur an der erfolgreichen Wiedergeburt der Marke, sondern auch z.B. für den ursprünglichen Ford Thunderbird (mit)verantwortlich. Sein „Standing“ innerhalb der FoMoCo war blendend und er war firmenintern als „Uncle Louie“ bekannt und geschätzt.

Jack Reith war einer der ursprünglichen Whiz Kids und, so sagt man, der einzige aus der Gruppe der „Erbsenzähler“, der Interesse für Autos hatte – und Autos waren ja eigentlich das Hauptprodukt der FoMoCo. Nach seiner Zeit bei Ford France, das er weitgehend sanierte und dann den Verkauf an Simca über die Bühne brachte, kehrte er in die Zentrale zurück, wo er von Crusoe in – erraten –  die Arbeitsgruppe für das „medium priced car“ berufen wurde.

Der Plan des „dynamischen Duos“ – wer der beiden dabei was genau betrug, lässt sich nicht feststellen – sah vor, dass die ganze Produktpalette der FoMoCo auf drei Grundkarosserien aufbauen sollte:

- die „kleine“ Karosserie für alle Ford-Modelle sowie das kleine „E-Car“, wobei „E-“ sicher nicht für „Elektro-“ stand;
- die „mittlere“ Karosserie für das große E-Car und die Standardmodelle von Mercury
- und schließlich die „große“ Karosserie für den neuen „Super“-Mercury und für die Marke Lincoln.

Überraschenderweise sollte also Mercury „nach oben verschoben“ werden und die neue Marke, das E-Car, sich zwischen Ford und Mercury einordnen. Das E-Car sollte durch ein völlig eigenständiges Händlernetz von vorerst 1.200 Händlern, deren Anzahl sich im Laufe der Zeit verdoppeln sollte, vertrieben werden. Interessant auch, dass das E-Car nicht über die vorhanden etwa 8.000 Ford-Mercury-Lincoln-Händler vertrieben werden sollte, was durchaus beabsichtigt war: General Motors hatte ca. 16.500 Händler und sogar Chrysler 10.000, also auch hier gab es für Ford Nachholbedarf.

Trotz etlicher Zweifel wurde der Plan im April 1955 vom „Board of Directors“ einstimmig angenommen. Der Grundstein für eine „interessante“ Firmenpolitik war gelegt …

Die neu gegründete „Special Products Division“ machte sich an die Arbeit. Die wichtigsten Anforderungen waren ein einmaliges und herausragendes Design, das dem E-Car sofort eine eigenständige Identität geben sollte, wobei natürlich die vorgegebenen „kleinen“ und „mittleren“ Karosserien zu verwenden waren …

Bezüglich Stoßfänger, Zierteile, Kühlergrill, etc. hatte das Team völlig freie Hand, allerdings sollte das E-Car „unverkennbar von allen Seiten sein“. Ein zahlenverliebter Manager hat berechnet, dass im Zuge dieses Prozesses rund 4.000(!) Entscheidungen zu treffen waren.

Nach vielen, vielen Entwurfszeichnungen und Modellen konnte das Designteam ein Kunststoffmodell der Geschäftsleitung präsentieren, das spontane und einstimmige „standing ovation“ bekam – viel besser hätte es wohl nicht laufen können.

Nach dem großartigen ersten Auftritt begannen allerdings die Mühen der Ebene, und auch hier ging Ford einen neuen Weg: Erstmals in der Automobilgeschichte wurden nun in größerem Stil psychologische Marktstudien durchgeführt. Ford beauftragte das „Bureau of Applied Social Research“ der Columbia University mit umfangreichen Befragungen von 1.600 Autokäufern in Illinois und in Kalifornien, und die Studien ergaben, dass die Wünsche der Benutzer – was für ein glücklicher Zufall – bestens mit dem (bereits fixierten) Design übereinstimmten.

Eine eigene Tragikkomödie war die Namensfindung. Der Name „Edsel“ kam frühzeitig ins Spiel und gar mancher vermutete, dass E-Car für „Edsel“ stünde, obwohl damit schlicht und einfach „Experimental“ gemeint war, aber der Name „Edsel“ war ebenso schnell wieder aus dem Spiel, denn in seltener Einmütigkeit sagte Familie Ford ein klares und eindeutiges „No!“.

David Wallace, seines Zeichens „Manager of Marketing Research of Product Planning and Merchandising of the Special Products Division“ erstellte eine Liste mit sechs Anforderungn, die der Name erfüllen sollte:

1. Kurz, damit er gut auf den Händlerschildern darstellbar ist.
2. Zwei oder maximal drei Silben.
3. Klar und eindeutig, damit er auch in Radio und Fernsehen sofort erkennbar ist.
4. Er sollte – aus graphischen Gründen – mit den Buchstaben C, S, J oder F beginnen, aber nicht mit M, E oder K.
5. Der Name soll zu keine obszönen Reime, Scherze oder Übersetzungen verlocken.
6. Der Name sollte „amerikanisch“ sein.

Für die Namenssuche wandte sich Wallace an interne Mitarbeiter, externe Werbeagenturen und Marktforschungsinstitute und an die Dichterin Marianne Moore, die mit Namen wie Mongoose Civique, Resilient Bullet, Andante con Moto oder Utopian Turtletop sicherlich eine große Hilfe war.

Aber auch die Mitarbeiter waren mit 6.000 Namensvorschlägen sehr fleißig gewesen, und die Agentur FC&B legte sechs gebundene Bände mit alphabetisch gebundenen Namen vor.

Und bei irgendeiner Sitzung im Frühjahr 1956 reichte es Ernest Breech dann nach dem Vorschlag „Drof“ (Ford von hinten gelesen) und er sagte „Let’s call it Edsel!“ – eine Lösung, die auch die Familie Ford – vermutlich zähneknirschend – akzeptierte.

Besonders eilig, die gute Nachricht an die Öffentlichkeit zu tragen, scheint man es nicht gehabt zu haben. Das Meeting fand im Frühjahr 1956 statt und am 19. November 1956 erfolgte die offizielle Verlautbarung. Exakt zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wurde am Dach des „Special Products“-Gebäudes ein riesiges „Edsel Division“ montiert – der Edsel war angekommen.

Möge die Show beginnen

Während die „Mannen“ der Special Products pardon Edsel Division also in „aller Heimlichkeit“ das E-Car entwickelt, getestet und auf den Namen „Edsel“ getauft hatten, war die Werbeagentur auch nicht untätig gewesen und hatten Werbekampagnen vorbereitet, die jetzt landauf, landab plakatiert, geschaltet, verteilt und gesendet wurden.

Es galt auch, (die ersten) 1.200 Händler verteilt über die ganze USA anzuwerben. Bereits vorhandene Ford- resp. Lincoln-Mercury-Händler waren willkommen (und durften sogar diese Konzernmarken weiter verkaufen), aber auch oder vielleicht sogar gerade Händler von Fremdmarken waren gerne gesehen.

Im Juni 1957 gab Ford bekannt, dass die Firma 250 Millionen Dollar in den Start der Marke investiert hatte, 50 Million davon gingen in die Werbung.

Am 15. Juli 1957 rollten die ersten Edsel in den vier Werken in Sommersville (Massachusetts), Mahwah (New Jersey), Louisville (Kentucky) und San Jose (Kalifornien) vom Band.

Alles war perfekt vorbereitet und alle – FoMoCo, Edsel Division, die Händler, die gespannte Öffentlichheit – warteten nur mehr auf den „E-Day“, der für September 1957 geplant war. Allerdings wurde es zunehmend schwieriger, „die Sache“ im Griff zu behalten, und PR-Director Gayle Warnock warnte davor, überzogene Erwartungen zu wecken. „Wenn sie herausfinden, dass es auch nur vier Räder und einen Motor hat, so wie jedes andere Auto, werden sie enttäuscht sein.“ – was eines der Probleme des Edsel gut umreißt.

Die große Pressepräsentation am 27. August in Dearborn hatte nur einige kleine Pannen. Das einzige geeignete Hotel war ausgerechnet das Sheraton-Cadillac und die Band am Galaabend hatte früher als Glen Miller Band firmiert und hatten das Logo „GM“ prominent platziert; es lief aber im großen und ganzen gut ab.

Am 3. September wurden die Preise bekannt gegeben, die zwischen US$ 2.519 (für den billigsten Ranger) und bis zu US$ 3.801 (für den teuersten Citation) lagen und einen Tag später, am Mittwoch, den 4. September 1957 war endlich der lang ersehnte E-Day, und bis zum Ende des Tages hatten geschätzte 2,85 Millionen Interessenten ihren lokalen Edsel-Händler besucht …

Und was bekamen die Interessierten eigentlich zu sehen? Ein völlig neues Auto (OK, vier Räder und einen Motor hatte es immer noch) mit vier Produktlinien – Ranger, Pacer, Corsair und Citation – mit 18 Karosserieformen sowie drei Kombibaureihen – Roundup, Bermuda und Villager mit fünf Karosserieformen. Vermutlich gab es keinen Händler, der alle Modelle zeigen konnte, aber die Bandbreite des Angebots war beeindruckend.

Was allerdings einen noch stärkeren Eindruck hinterließ, war das Styling, und hier vor allem der vertikale Kühlergrill, der die Betrachter rasch in zwei Fraktionen spaltete. Manche fanden das Design erfrischend und ungewöhnlich (was es sicherlich war), andere hingegen fanden rasch uncharmante Vergleiche vom „horse collar“ (Kummet) bis zum „toilet seat“ (Klobrille). So richtig tief wurde es bei „an Oldsmobile sucking a lemon“ (ein Oldsmobile, der an einer Zitrone lutscht) oder „the car with the built in vagina“ (…). Ford hatte auf jeden Fall erreicht, dass das Styling einen „dramatic impact“ hatte. Ob man es sich wohl ganz so vorgestellt hatte …?

Aber betrachten wir einmal das Angebot. Das Line Up begann mit den beiden „kleinen“ Modellen – Pacer und Ranger – die die „kleine“ der drei Karosserien verwendete, auf der auch die Ford-Modelle basierten. Alle Edsel hatten V8-Motore, die kleinen Baureihen hatten als Standard den E-400-Motor mit 5,9 Liter Hubraum und einer Leistung von 303 bhp. Die Kraftübertragung erfolgte über eine Dreigangautomatik, deren Bedienung – und das war wirklich ein neues und einmaliges Feature – über Drucktasten in der Lenkradnabe erfolgte.

Der Pacer war ein etwas besser ausgestatteter Ranger, der die gleiche Motorisierung hatte und als Cabriolet, 4-türige Limousine, 2-türiges Hardtop-Coupé und als 4-türige Hardtop-Limousine erhältlich war.

Die beiden „großen“ Edsel – Citation und Corsair (etwas günstiger) – teilen die „mittlere“ Karosserie mit den Modellen von Mercury und auch der Motor – Baureihe E-475 mit 6,7 Liter Hubraum und 340 bhp – stammte (leicht in der Borung reduziert) von Mercury. Während Ranger und Pacer in Ford-Werken gefertigt wurden, liefen die beiden großen Baureihen bei Mercury vom Band.

Für die gut situierte Familie gab es drei Kombi-Modelle im Angebot – Bermuda (inkl. Holzimitat an den Seiten und Zweifarbenlackierung) um US$ 3.190, Villager (ohne Holz) – die beiden waren wahlweise als 6- oder 9-Sitzer erhältlich. Den günstigsten Kombi – den Roundup – gab es ausschließlich als 6-Sitzer um US$ 2.876.

Um dem Edsel Ehre angedeihen zu lassen: Er hatte tatsächlich einige für seine Zeit innovative und einmalige Details: Die bereits erwähnte Drucktasten-Automatik, selbst-nachstellende Bremsen, einen „floating compass“ Tachometer, … Eine Fülle weiterer Extras waren gegen Aufpreis erhältlich.

Im ersten Produktionsjahr wurden in den USA 63.110 Edsel verkauft und weitere 4.935 im benachbarten Kanada (und ein Citation ging nach England an den Duke of Bedford) – knapp 70.000 Stück waren zwar nicht berauschend und lagen unter den Erwartungen, aber für eine komplett neue Marke waren die Zahlen gar nicht so schlecht. Aber die Probleme sollten erst beginnen …

The End is near

Änderungen in der Firmenstrategie killten den „Super-Mercury“ (den, der seine Karosserie mit dem Lincoln teilen sollte) und daher mussten die großen Edsel sterben, um den Abstand zwischen Edsel und Mercury zu bewahren – Alles klar?

Zufall oder Firmenpolitik?

Bereits bei der Launch-Party in Dearborn soll Robert McNamara – Whiz Kid, Präsident von Ford und später US-Verteidigungsminister – gesagt haben: „We’ve decided to discontinue the Edsel.“ (Wir haben beschlossen, den Edsel einzustellen.) Wenn es nicht wahr ist, dann ist es zumindest gut erfunden, denn ein Freund des Edsel war McNamara sicher nicht, und als Lewis Crusoe im Mai 1957 nach einem Herzanfall in Ruhestand gehen musste, hatte der Edsel seinen wichtigsten Fürsprecher verloren.

So musste der Edsel im Modelljahr 1959 mit nur zwei – Ranger und Corsair – Modellen beginnen, und der „kleine“ Corsair – ein behübschter Ranger – war auf einmal das Spitzenmodell. Den Corsair gab es als 2- und 4-türiges Hardtop, 4-türige Limousine und 2-türiges Cabrio, und den Ranger als je 2- und 4-türiges Hardtop und Limousine. Ergänzt wurde die magere Modellpalette durch den Villager Kombi.

Trotz einer neuen Frontpartie – der markante und umstrittene Grill war einer gemäßigten Version des „vertical designs“ gewichen (auch die innovative, aber anfällige Teletouch-Automatik wurde durch eine normale Automatik oder einem optionalen Dreigang-Schaltgetriebe ersetzt).

Mager waren auch die Verkaufszahlen. Der Ranger und der geschrumpfte Corsair fand in den USA 44.891 Käufer und 2.505 in Kanada. Am 19. November 1959 gab Ford offiziell das Ende der Marke Edsel bekannt, was den (kalkulierten) Wiederverkaufswert eines Edsel schlagartig um US$ 400 fallen ließ.

Für das Modelljahr 1960 war die Front neuerlich komplett umgestaltet worden – ohne eine Spur des vertikalen Grills glich der Edsel einem Pontiac, der „irgendwie anders“ aussah. Egal, der Edsel war „tot“ und die 2.846 Exemplare des Modelljahrs 1960 (und die übriggebliebenen 1959er-Modelle) wurden mit großen Rabatten und Gutscheinen für andere Fordprodukte verkauft. Übrig bleiben die Händler und die (einst stolzen) Käufer der in Summe 118.287 Edsel aller Typen.

Epilog

Nachdem alle Beteiligten – Ford, Händler und Kunden – ihre Wunden geleckt hatten, wurde der Edsel zum Paradebeispiel für ein gescheitertes Projekt, zur „Titanic der Automobilindustrie“, aber woran ist der Edsel eigentlich gescheitert?

Der Edsel war kein schlechtes Auto (oder zumindest nicht schlechter als der Mitbewerb der Epoche), und am Anfang wurde er von Presse und Publikum durchaus wohlwollend aufgenommen.

So schrieb die Zeitschrift „Speed Age“ im September 1957 unter dem Titel „Should you buy an Edsel?“ nach einer ausführlichen Beschreibung als Fazit des Artikels „The Edsel should do the job nicely, and it should be a fine, troublefree automobile right from the beginning. Even sight unseen, knowing Fords history and all the money and experience behind it, we can recommend the new Edsel as a good buy. Certainly the buyer would not be risking his money on a fly-by-night product that might disappear from the market along with parts service facilities in a year or two. With the reputation of the Ford Motor Company riding on it, the Edsel is here to stay.“*

Aber er war auch kein besonders gutes Auto. Die übersteigerten Erwartungen, die die extensive Werbung geweckt hatte, konnten ganz einfach nicht erfüllt werden. Und so kippte die Stimmung relativ schnell – die Presse wurde (größtenteils) kritisch bis bösartig, und der Edsel wandelte sich von cool zu peinlich.

Auch wenn der Edsel grundsätzlich kein schlechtes Auto war, die frühen Modelle hatten gravierende Qualitätsprobleme, was natürlich gerade für eine neue Marke fatal ist.

Firmenpolitik spielte sicher auch eine gewaltige Rolle. Ob Robert McNamara tatsächlich der Bösewicht war, als der er im Edsel-Drama heute gerne gesehen wird, ist wohl nicht endgültig zu entscheiden.

Unverschuldetes Pech war, dass 1957/58 eine kleine Rezession den ganzen Automarkt verhagelte und speziell der Markt für „medium-priced cars“ um gut 30% einbrach – nicht die beste Zeit, eine neue Marke zu starten …

Design, Name, unklare Positionierung in eine nicht existente Lücke zwischen Ford und Mercury und ein paar andere Details trugen sicher auch ihren Teil zum Misserfolg bei.

Ein Opfer des Edsel-Dramas war auch die „neumodische“ wissenschaftliche Marktforschung, die – heute selbstverständlich – nach dem Edsel für Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dafür verantwortlich gemacht wurde und so in Misskredit kam.

In Summe soll das Edsel-Abenteuer die FoMoCo zwischen 250 und 350 Millionen Dollar (heute rund 2,5 Milliarden) gekostet haben, was zwar eine Menge Geld ist, aber da haben andere Autohersteller teurere Flops gebaut, und ein Gutteil des Geldes kam auch den anderen Marken des Konzerns zugute. Mit Erfolgsmodellen wie Falcon, Mustang oder Taurus dürften die finanziellen Folgen schon lange vergessen sein, die Rechnung mit General Motors ist allerdings noch immer offen …

Und heute ist Edsel – in Relation zur gebauten Stückzahl – eine der bekanntesten, amerikanischen Automarken, und die schätzungsweise 10.000 überlebenden Modelle von Edsel sind heute gesuchte Sammlerstücke. Eines davon hat es sogar ins Museum geschafft – ins Ho Chi Minh Museum in Hanoi, wo es durch eine Wand kracht und die militärische Niederlage der USA in Vietnam symbolisieren soll. Eine feine Ironie, denn Robert McNamara war ja bekanntlich auch daran beteiligt …

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