Erinnerungen an einen „Sir“
Autor: Wolfgang Brandstetter
Ein Nachruf auf Sir Stirling Moss von Wolfgang Brandstetter
Wer so wie der Autor dieser Zeilen das Privileg hatte, Stirling Moss als Stammgast der „Ennstal-Classic“ mit seiner Frau Sue an der Seite persönlich kennenlernen zu dürfen, der war sofort gefangen von seiner offenen und freundlichen Art, mit der er auf alle Menschen zuging, gerade auch auf solche, die er nicht kannte, während sie umgekehrt den Träger eines weltberühmten Namens vor sich hatten, bei dem man durchaus mehr Distanz nach außen vermuten würde.
Anders bei Stirling Moss. Er fügte sich perfekt und ohne Starallüren in das Teilnehmerfeld und die Fans von Österreichs größter und bekanntester Oldtimerrallye ein, die man mit der berühmten Mille Miglia vergleichen kann, die Moss 1955 auf Mercedes in bis heute nicht überbotener Rekordzeit gewann. Im selben Jahr gewann er mit dem „Silberpfeil“ unter anderem auch den Großen Preis von England.
Stirling Moss und Mercedes, das war eine höchst erfolgreiche Verbindung zwischen Deutschland und England, die gerade so knapp nach dem verheerenden Krieg besonders wohltuend war.
„Mercedes Benz wird die Erinnerung an einen großartigen Menschen und Rennfahrer wach und in Ehren halten“, so die offizielle Stellungnahme des deutschen Konzerns, dem Moss als Markenbotschafter verbunden blieb.
Die Offenheit und Herzlichkeit, die Moss bei der „Ennstal-Classic“ ausstrahlte, war zwar auch ein Zeichen dafür, dass ihm diese Veranstaltungen mit ihrem ganz speziellen Ambiente unheimlich getaugt hat, vor allem aber Teil seiner gewinnenden Persönlichkeit. Mit Freude und spürbarer Begeisterung für die Gemeinschaft, die durch gemeinsame Interessen befeuert wird, wurde der große Stirling Moss sehr rasch zu einem Freund und Kumpel. Das zeichnete ihn aus, und man konnte sich im Gespräch mit ihm sehr gut vorstellen, wie er, ein echter Haudegen und geborener „Racer“ mit großem Charisma, durch seine teils spektakulären Erfolge schon zu Lebzeiten zu einer Legende wurde.
„Heute ist Renntag, heute riskiere ich mein Leben!“, pflegte er zu sagen. Nach seinem schweren Unfall mit einem Lotus 1962, dessen Ursache ungeklärt blieb und der Überwindung schwerster Verletzungen, wurde aber auch sein hohes Verantwortungsbewusstsein deutlich, als er seine Motorsportkarriere mit den Worten beendete: „Wer nicht mehr schnell und sicher fahren kann, soll aufhören, schon aus Rücksicht auf seine Konkurrenten.“
Anlässlich seines 70. Geburtstages 1999 wurde Stirling Moss von der Queen zum „Sir“ geadelt.
Er war schon zuvor ein Sir, und er blieb es bis zu seinem Tod. So werden wir ihn auch in Erinnerung behalten.