Traveller Upgrade

Autor: Jürgen Feye-Hohmann


Der Morris Minor wurde am 20. September 1948 auf der Earls Court Motor Show in London vorgestellt. Konstruiert hat ihn Sir Alec Issigonis, der später auch den Mini entworfen hat. Er war das britische Gegenstück zum VW-Käfer und wurde bis 1971 gebaut.

Der Brite Charles Ware

ist bei Oldtimer-Enthusiasten durch sein Engagement beim Morris Minor und durch die Gründung des Morris Minor Center im Englischen Bath bekannt geworden. Etwas verwunderlich, denn er hatte nicht Mechanik, sondern Kunst studiert und war nach seinem Studium als Dozent tätig.

Später engagierte er sich für den Erhalt von historischen Häusern in London und danach auch in Bath. Mit seiner Firma organisierte er die Restauration und den Verkauf dieser Gebäude. Charles hatte damals viel getan, um die Briten davon zu überzeugen, dass es wirtschaftlich und praktisch sinnvoller war, ein altes Haus zu reparieren, anstatt es durch ein neues zu ersetzen. 1975 ging er bei einem Immobiliencrash bankrott. Sein Neustart sollte etwas kleiner ausfallen. Als er 1976 das Morris Minor Center in Bath gründete, ging es nicht mehr um Immobilien, sondern um ein kleines unbedeutendes Auto, den Morris Minor. In seiner Werkstatt in der Lower Bristol Road wurde dieser repariert und restauriert und auch gebrauchte Fahrzeuge verkauft. Um die Ersatzteilversorgung zu verbessern, gründete er ein Part Center in Bath und kümmerte sich auch um die Nachfertigung von Blechteilen in Sri Lanka. Seine Philosophie, historisches Kulturgut zu erhalten, verfolgte er auch hier, obwohl damals kaum jemand der Meinung war, dass ein altes Auto es wert sei, gerettet und repariert zu werden. Trotzdem engagierte er sich für diese Idee und entwickelte den SERIES III Minor.

Charles Ware verstarb am 4. Juli 2015 im Alter von 79 Jahren. Dafür, dass seine Idee und sein Morris Minor Centre erhalten bleiben, dafür sorgt sein Sohn Zac Ware und das Team des Centers.

Morris Minor SERIES 3

Bereits 1986 veröffentlichte er eine Broschüre, in der er ein Upgrate des Morris Minor Travellers als Baukasten anbot. Er erkläre darin sehr detailliert, warum es von den Kosten her sinnvoll sei, ein altes (liebenswertes) Auto zu erhalten, zu restaurieren und danach wie einen ganz normalen Wagen weiter zu nutzen. 

Ein Morris Minor aus den 50er-Jahren entspricht natürlich nicht den Ansprüchen, die man heute, 70 Jahre danach, an einem Daily Driver hat. Schon das originale Gestühl ist aus heutiger Sicht eine Qual. Die Bremsen waren damals gut, aber im Vergleich zu modernen Fahrzeugen sind sie heute nicht sicher genug. Und mit seinen originalen 45 PS geht ihm am Berg schon mal die Puste aus. Um aus einem alten Minor einen Serie III Minor zu machen, wurde dieser komplett demontiert und mit vielen Neuteilen von Grund auf neu aufgebaut. Anfällige Bereiche des Chassis wurden verstärkt. Das Fahrwerk wurde verbessert, moderne Stoßdämpfer ersetzten oder unterstützten die vorsintflutlichen Hebelarm-Dämpfer.  Die Bremsanlage wurde auf den Stand der frühen 70er-Jahre gebracht und zusätzlich mit einem Bremskraftverstärker unterstützt. Alternativ wurden sogar Scheibenbremsen an der Vorderachse angeboten. Das war besonders empfehlenswert, wenn der leistungsstärkere 1275 cc-Motor aus dem MG-Midget bestellt wurde. In Verbindung mit diesem wurde die etwas stabilere Box aus dem Midget verbaut. Alternativ konnte man auch ein 5G-Getriebe (Ford Sierra) ordern. Die Frontsitze stammten aus modernen, aktuellen Austin-Rover-Fahrzeugen und sind deutlich bequemer als das Original. In Verbindung mit Kopfstützen und modernen Automatik-Gurten bieten diese deutlich mehr Sicherheit auf den vorderen Plätzen. So wie die hintere Sitzbank und das restliche Interieur wurden sie, je nach Kundenwunsch, mit Venyl oder feinstem Leder bezogen und werteten den Innenraum deutlich auf.  

Es ging Charles aber ausdrücklich nicht darum, aus einem alten Auto einen Hotrod für junge Leute zu machen. Vielmehr sollte aus einem Oldtimer ein familiengerechtes, sicheres und zuverlässiges Fahrzeug geschaffen werden, das täglich genutzt werden kann. 

Der Umwelt zuliebe?

Dass ein solches Fahrzeug auch sehr umweltfreundlich ist, wurde vor einigen Jahren belegt. Ein VW-Lupo wurde mit einem Morris Minor verglichen. Der Vorteil beim Minor war nicht etwa, dass er weniger Benzin verbraucht (6,5 Liter zu 5,8 Liter beim Lupo) oder dass seine Abgase gar besser gefiltert werden. Der Minor ist seit vielen Jahren vorhanden und muss nicht erneut produziert werden. Berücksichtigt man in der gesamten Öko-Bilanz eines Neuwagens die bei der Montage und bei der Produktion der Bauteile anfallende Energie & Emissionen, dann ist der Oldtimer unter Umständen sogar der deutliche Gewinner in einem solchen Vergleich.


Unser Testfahrzeug

 

Es ist nicht einfach, einen guten Morris Traveller Series III zu bekommen. Wir hatten Glück und konnten nach langer Suche ein gebrauchtes Exemplar relativ günstig erwerben. Der Zustand ist gut, auch wenn seit seiner Fertigstellung über zehn Jahre vergangen sind. Viel gefahren wurde er in den Jahren nicht, denn Interieur und Bremsbeläge weisen kaum Abnutzungsspuren auf. Der Motor und das verbaute Ford-5-Gang-Getriebe wurden erst vor kurzem revidiert und sind in gutem Zustand. Die Einstellungen von Motor, Vergaser und Bremsanlage wurden geprüft und korrigiert. Ein neuer, elektronischer 123-Zündverteiler optimiert die Zündung und sorgt für ruhigen Motorlauf. Öle in Motor & Hinterachse und auch die Kühlflüssigkeit wurden gewechselt. Auch die Bremsflüssigkeit wurde erneuert, wobei statt DOT 4- die DOT 5-Silikon-Bremsflüssigkeit von Fa. Sanders verwendet wurde. Diese muss nicht gewechselt werden und verhindert zusätzlich Korrosion im System. Das voll-synchronisierte 5G-Getriebe lässt sich gut schalten und schont den Motor durch Drehzahlreduzierung im 5. Gang. Weniger schön war hingegen, dass das Getriebe nicht zum Tachometer passte und deutlich falsche Werte anzeigte. Hier konnte ein britischer Tacho-Spezialist mit einem kleinen Zwischen-Getriebe helfen. Dass die Batterie neu und die Lichtmaschine gut waren, das reichte in der dunklen Jahreszeit nicht. Häufige Kurzstreckenfahrten, oft mit (H4-)Licht und weiteren Stromverbrauchern, führten zu Startproblemen. Erst mit einer Drehstrom-Lichtmaschine aus dem Mini und letzten Morris-Baujahren wurde das behoben.

Und die modernen Minilite-Räder?

Da der Minor bei jedem Wetter, auch bei Regen und im Winter bei Schneefall genutzt werden sollte, wurden die Sommerreifen gegen All-Season-Reifen ersetzt. Für die originalen Felgen waren diese nicht lieferbar. Daher wurden die Räder durch Aluminium-Felgen mit etwas anderen Abmessungen ersetzt. Das Minilite-Design der Felgen ist historisch. 1964 gewann der BMC-Mini damit die Rallye Monte Carlo, wobei dessen Räder einen 3 Zoll kleineren Durchmesser hatten. Daher hatte der Gutachter auch kein Problem, diese bei einem historischen Fahrzeug zu akzeptieren.

Das Fahrvergnügen

Seit sechs Monaten benutzen wir ihn jetzt täglich. Für Kurzstrecken und auch um weiter entfernte Ziele zu erreichen. Bei umgelegter Rücksitzbank hat er eine sehr große Ladefläche, ideal für den wöchentlichen Einkauf oder auch um größere Dinge zu transportieren.

Unsere beiden Hunde (Irish Soft Coated Weaten Terrier) lieben den großzügigen Fensterplatz. Die bisher weiteste Reise ging an die holländische Nordseeküste. Alle hatten reichlich Platz, auch das Gepäck, Hundefutter und Lebensmittel und was noch im Urlaub gebraucht wurde.

Das Auto fährt sich schön, die Lenkung ist leichtgängig und der Wagen fährt etwas flotter, als das Original. Für deutsche Bundesstraßen und niederländische Autobahnen (max. 100 km/h) reicht es allemal. Besonders vorteilhaft sind die bequemen Sitze, auf denen man es auch auf längeren Reisen gut aushalten kann.

Die Windgeräusche bei höherer Geschwindigkeit sind etwas störend. Toll hingegen sind das anerkennende Lächeln und der nach oben gestreckte Daumen der Passanten.

Ein liebenswertes kleines Auto, das ohne Neidfaktor Freude bereitet.
 

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