Französische Zwillinge
Autor: Bernd Otzelberger (Peugeot 604) und Heinrich Bauer (Talbot Tagora)
Eine Mutter und zwei Väter. Die ganze Geschichte erzählen Bernd Otzelberger (Peugeot 604) und Heinrich Bauer (Talbot Tagora). Photos: Archiv, Ulli Buchta
Historie
Peugeot hatte Anfang der 1970er-Jahre beschlossen, auf der technischen Grundlage des bewährten 504 erstmals wieder ein Oberklassefahrzeug in klassischer Linienführung anzubieten. Geplant und konstruiert wurde der 604 in der Nähe von Montbéliard im Technischen Zentrum Bavans, rund um den italienischen Stardesigner Sergio Pininfarina (1926–2012). Im März 1975 trat dann der Peugeot 604 auf dem Genfer Automobilsalon in die Fußstapfen des 601, der in den 1930er-Jahren als Luxusmobilmit Flair, Fahrkomfort, jedoch zurückhaltenden Fahrleistungen galt. Die „6“ in der Zahlenkombination stand schon damals für den sechszylindrigen 60-PS-Motor.
Die Erwartungen an den 604 waren hoch – man wollte auch im gehobenen Segment am wachsenden Kuchen mitschneiden. In der französischen Öffentlichkeit wurde vor allem die Einführung des neuen, vergleichsweise leichten Aluminium-Sechsers als Ereignis nationaler Bedeutung gewürdigt. Schließlich wollte man mit dem V-Motor, der im September 1974 im Peugeot 504 Coupé und kurz danach im Cabrio debütierte, in die Oberklasse zurückkehren, die bis zum Zweiten Weltkrieg von französischen Marken maßgeblich geprägt worden war.
Unter der Haube schlummerte ein seit 1971 entwickelter 2664-ccm-Sechszylinder („2.7“), dessen Erscheinen nicht nur in Frankreich einiges an Aufsehen fand. Als „Euro-V6“ wurde er von den Konsortiums-Mitgliedern Peugeot (504CC, 604), Renault (R30) und Volvo (264/265) gemeinsam entwickelt. Der für einen V6 ungewöhnliche Zylinderwinkel von 90° und ein damit verbundenes unruhiges Laufverhalten sind darauf zurückzuführen, dass der PRV-Motor zunächst als Achtzylindermotor geplant war, jedoch in einem späten Entwicklungsstadium infolge der ersten Ölkrise von 1973/74 jedoch um zwei Zylinder gekappt wurde – eine gern erwähnte Besonderheit. Da der V8-typische Zylinderbankwinkel von 90° (Zündreihenfolge 1–6–3–5–2–4) beibehalten worden war und gegenüberliegende Zylinder einen gemeinsamen Hubzapfen nutzten, ergab sich ein ungleicher Zündabstand mit einem für Sechszylindermotor vergleichsweise rauen Lauf. Der Motor wurde zu Beginn von einer Registervergaseranlage, bestehend aus dem Einfachvergaser Solex 34TBIA und dem unterdruckbetätigten Doppelvergaser Solex 35CEEI, gefüttert und leistet in dieser Kombination 136 PS (100 kW). Die Vergaservariante blieb bis 1981 verfügbar.
Die ersten 604 V6 SL im typischen Pininfarina-Design wurden im September 1975 im Straßenbild gesichtet. Die Länge des Wagens war mit 4,72 m und 2,80 m Radstand nach heutigen Maßstäben obere Mittelklasse. Geliefert wurde entweder mit manuellem 4-Gang-Schaltgetriebe (BA10/4) oder alternativ mit einer Dreigang-Automatik des General Motors (GM)-Getriebewerks in Straßburg. Ab 1977 gab es dann eine TI-Version mit der Bosch-K-Jetronic-Einspritzanlage und 144 PS (106 kW), serienmäßig mit fünf Gängen (BA10/5) oder mit Dreigang-Automatik von ZF. Im September 1980 folgte im Rahmen der Modellpflege der STI mit verbesserter Ausstattung. Der offizielle, etwas optimistische Normverbrauch für den Vergaser-Benziner wurde von Peugeot mit durchschnittlich 12,1 Liter Super angegeben – vor 40 Jahren in diesem Segment vergleichsweise beinahe bescheiden. Zeitgenössische Testberichte wiesen für die Vergaserversion dann doch 12 bis 17 Liter und für die Einspritzer 11 bis 16 Liter aus. Den Einspritzmodellen wird ein um bis zu 10 % sparsamerer Umgang mit dem 95-Oktan-Sprit attestiert. Bei vorausschauender Fahrweise im Überlandbetrieb sind allerdings für die Vergaser in der Schaltversion Verbräuche von unter10 Liter/100 km möglich, reines Stadtfahren wird hingegen mit wenig erfreulichen 14 Litern quittiert.
Außer bei den Marken der drei Konsortiumsmitglieder war der PRV-Motor wegen seiner kompakten Bauweise und dem geringen Gewicht von ungefähr 150 kg auch bei Sportwagenherstellern wie Alpine, De Lorean bis hin zu Venturi beliebt und kam sogar bei Fahrzeugen von Lancia zum Einsatz. Im Schwestermodell Talbot Tagora SX (1981–1983) steigerte PSA bei unverändertem Hubraum durch leichte Modifikationen an Kolben und Zylinderkopf mit Hilfe von zwei 40er Weber-Dreifachvergasern die Leistung gar auf fette 166 PS (122 kW).
Die Modellpalette wurde zum Ende 1979 um ein SR-Modell mit dem Zweiliter-Vierzylinder-Einspritzmotor (96 PS, Type A18) aus dem 504 ergänzt. Diese Benziner-Sparversion blieb bis 1983 im Angebot und wurde ausschließlich an französische Behörden ausgeliefert, die sich eine abgespeckte, aber dennoch repräsentative Variante wünschten. Die Fahrleistungen reichten für die 1460 kg gerade so zum Mitschwimmen. Mit anderen Worten: Nach der zweiten Benzinkrise von 1979 wurden in Frankreich Stützkäufe, die den schwächelnden Absatz des 604 auffangen sollten, in die Wege geleitet. In Österreich ist diese Version nicht angeboten worden und hierzulande ist auch kein solches Fahrzeug bekannt.
Bis zum Ende der Produktionszeit wurde der Motor weiterentwickelt: Peugeot setzte 1983 noch einen drauf und erweiterte die Modellpalette des 604 um den auf 2849 ccm vergrößerten GTI („2.9“). Der bis dahin kritisierte Rundlauf mit nunmehr gleichmäßigen Zündabständen wurde verbessert. Die GTI-Schalter waren in Österreich mit 155 PS, in anderen Ländern auch mit 158 PS typisiert, als Automatik stets mit 150 PS. Im Februar 1986 endete dann nach11 Jahren Bauzeit und rund 153.260 produzierten Fahrzeugen die Ära des 604. In Österreich wurden Neufahrzeuge bis weit ins Jahr 1987 angeboten – die Katpflicht läutete aber dann ein neues Zeitalter ein. Die GTI-Modelle mit G-Kat (nur auf Kundenwunsch ausgeliefert) der letzten Baujahre ab 1985 waren sehr selten; in Österreich ist hierzu kein Fahrzeug bekannt.
Nach dem Produktionsende des 604 wurde versucht, die entstandene Lücke mit dem technisch aufgewerteten Peugeot 505 V6, als attraktives Angebot der oberen Mittelklasse, zu füllen. Der direkte Nachfolger des 604 erblickte erst Mitte 1989 in Gestalt des Modells 605 das Licht der Welt.
Erster Turbodiesel-Pkw in Europa Als besonderes Kapitel gelten die Vierzylinder-Dieselmotoren: Zur Halbzeit der Produktionszeit überraschte Peugeot mit einem leistungsstarken Turbo-Dieselmotor. Das war für den gelernten Autokäufer in den 1970er-Jahren noch schwer auf die Reihe zu kriegen. Als der erste Peugeot 604 D Turbo im Februar 1979 vorgestellt wurde, war er europaweit der erste Turbodiesel in einem Personenwagen sowie der erste, der mit Schaltgetriebe angeboten wurde. Der 604 mit Garrett-Turbolader und 80 PS (2304 ccm) hatte die geänderte XD2-Maschine, die später in die Ausstattungslinien GRD und SRD Turbo unterteilt wurde. Mit der aufgeladenen Maschine lief der große Löwe 157 km/h. Der Peugeot 604 D Turbo überzeugte durch seine Sparqualitäten: 6,1 Liter Normverbrauch bei 90 km/h, diesen Wert konnte kein gleich starker Konkurrent unterbieten. Der Wagen wurde in den letzten Produktionsjahren mit einer leistungsgesteigerten 2498-ccm-Version, länderspezifisch mit 90 bzw. 95 PS und flotten 165 km/h aufgewertet. Für die Dieselmotoren war auch eine neue ZF-Vierstufen-Automatik lieferbar.
Die Langversionen Bekannt geworden ist der große Peugeot auch als Staatslimousine. So war der Peugeot 604 über einige Jahre fester Bestandteil des präsidialen Fuhrparks in Frankreich. Besonders der frühere französische Staatspräsident Valéry Giscard d’Estaing empfing mit der größten Limousine der Löwenmarke bei den offiziellen Anlässen zahlreiche Staatsgäste im Élysée-Palast. Auch der DDR-Staatsratsvorsitzende Erich Honecker vertraute sich dem (normalen) 604 als Dienstfahrzeug an.
Wer hinten gerne noch etwas mehr Beinfreiheit wollte, konnte die Limousine auch mit einem um 62 Zentimeter verlängerten Radstand die Langversion 5,34 m ordern. Zusätzliche Klappsitze im Fond, Fernseher, Bar und Bürokommunikationstechniken prädestinierten den Peugeot 604 HLZ vor allem für repräsentative Aufgaben. Hier waren die beiden französischen Carrossiers Heuliez für die Langversionen 604 HLZ und Chapron für das Landaulet (allerdings nur in zwei Stück) federführend. Das 604 Landaulet diente dem Präsidenten Valéry Giscard d’Estaing, das zweite dem Präsidenten der Republik Niger als repräsentative Limousine.
Bemerkenswert ist auch der jahrelange Vertrieb in Südkorea und in Nordamerika. Während der Peugeot auf dem aufstrebenden koreanischen Automobilmarkt zum Inbegriff eines großen Prestige-Pkw wurde, sollte sich der Sechszylinder-Benziner in den USA und Kanada vor allem durch seinen souveränen Fahrkomfort von europäischen Wettbewerbern absetzen. Trotz zahlreicher Fans blieb der 604 weitgehend ein Geheimtipp. Die südkoreanische Firma Kia stellte den 604 ab 1975 sogar unter Lizenz her, die Produktion in Korea endete aber 1981 aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen.
Design & Image
Die Formensprache sollte mit ihren glatten Flächen und zeitlos klarer Linienführung die Gestalt eines unauffälligen, aber repräsentativen Reisewagens vermitteln. Durch die unaufgeregte Gestaltung verstanden es Altmeister Pininfarina und sein Team hervorragend, optische Länge und distinguierte Eleganz in die Karosserie des Flaggschiffs Peugeot 604 zu legen. Ohne Mühe ist die deutliche Anlehnung an das „Meisterstück“ (Zitat Pininfarina) Fiat 130 Coupé 3.2 des Jahres 1971 (gebaut bis 1977) zu erkennen. Andererseits waren aus Kostengründen beispielsweise die vorderen Türen mit jenen der 504-Limousine ident. Die geraden Seitenscheiben vorne und hinten waren ohne Krümmung ausgeführt, schon damals ein Unikum. Diese und andere Attribute unterstreichen die kantige Form des Wagens – und hier scheiden sich dann auch die Geister: Der 604 wird vom Fußvolk irgendwo zwischen unauffällig und postmodern eingeordnet. Jedenfalls wird er mittlerweile als Youngtimer akzeptiert, ohne dass er jemals wirklich „alt wie ein Veteran“ aussehen wird. Optische Notlaufeigenschaften besitzt er, wie auch der Tagora, übrigens keine: Beulen und Kratzer stören das Gesamtkunstwerk nachhaltig und bringen deutliche Punkteabzüge.
Interessant sind freilich die Kommentare, die sich die zeitgenössischen Autotester damals einfallen ließen: „Seriös bis in die Radkästen, Unlogik und Gewöhnungsbedürftigkeit in der Bedienung, zum Teil oberflächliches Finish, Sitzposition vorne zu tief, Lenkrad zu flach, Winterfahreigenschaften mau.“ Weiters kam in den einschlägigen Kriminalfilmen dem 604 zumeist die Rolle des vom stets korrekten, aber etwas langweiligen Ermittler gefahrenen Dienst-fahrzeugs zu. Die bösen Buben waren mit dem Citroen CX oder 7er-BMW im Dienste des Unwesens unterwegs.
Oft wurde die „luxuriöse“ Ausstattung gelobt. Man sollte jedoch nicht vergessen, dass es den SL auch in einer Basis-Einsteiger-Version ohne getönte Scheiben gab, in der grade mal die elektrischen Fensterheber vorne, Antenne und die innenliegende Scheinwerferhöhenverstellung nicht fehlen. In dieser Buchhalterausstattung ist beispielsweise der Tankdeckel nicht absperrbar, eine Zentralverriegelung fehlt auch – man kann auch sagen: „Was nicht da ist, kann auch nicht kaputt gehen.“ In der Basisversion rollte der SL hochbeinig mit wurstradl-ähnlichen 175/14 HR auf Stahlfelgen daher, die man aber ohne Probleme gegen die etwas breiteren 195/70 HR 14 tauschen kann und soll. Bis zur Modellpflege 1980 gab es eine kleine verchromte Radkappe, danach eine großflächige Plastik-Radkappe im angedeuteten Speichendesign. Schöner und kostspielig sind natürlich die zeitgenössischen Alufelgen mit metrischer Michelin-TRX-Bereifung (190/65 390 H); angeblich passen auch die typischen Alufelgen vom 505er. Metalliclackierung, Schiebedach (elektrisch), Lederausstattung, Klimaanlage, Tempomat, Color-Glas, Scheinwerferwischer, elektrische Fensterheber hinten und Fond-Gurte waren alles ausstattungsspezifische oder aufpreispflichtige Extras. Bei der Modellpflege 1980 wurden bessere Stoffe sowie eine verstärkte Sitzpolsterung, ein überarbeitetes und passgenaueres Armaturenbrett in Serie verbaut; ebenso liefen die Benziner nunmehr mit verschleißfreier Transistorzündung und einer Bosch-Zündspule. Zuvor waren es deren zwei.
Wartung & Erhaltung
Waren in Österreich im Jahr 2003 noch 35 Stück 604er angemeldet, so wird der derzeitige Bestand auf etwa 15 bis20 Einheiten geschätzt. Zudem existiert noch eine Dunkelziffer von etwa 30 bis 40 Fahrzeugen, die in Scheunen oder Garagen auf ihre Auferstehung warten. Europaweit werden laufend fünf bis zehn Fahrzeuge auf den einschlägigen Internet-Seiten, z.B. https://www.autoscout24.at/lst/peugeot/604 im Bereich von EUR 3.000,- bis 15.000,-, je nach Zustand, angeboten. Die Zeiten echter Schnäppchen sind auch hier abgelaufen, allerdings sind die Preise zumeist nach wie vor moderat. Der durchschnittliche Preisanstieg der letzten 10 Jahre lag bei 5 % pro Jahr, d.h. 2010/11 lag der mittlere Preis für Zustand 2 bis 3 bei knapp EUR 5.000,-, 2020 bei etwa EUR 7.000,- (Quelle: Classic Data Deutschland). Res-taurationswürdige Objekte gibt es nach wie vor für ganz wenige Euro plus zwei Kisten Bier. Während dem Peugeot mittlerweile das Attribut „sehr selten“ zukommt, gilt für den Tagora „ultra-rar“.
Ob der 604 je einen großartigen Sammlerwert erhalten wird? Sicher ist: Wer einmal damit länger gefahren ist, mag ihn einfach – wegen der zeitlosen Karosserie und der feinen Art des Dahingleitens. Zu Recht, wie damals die automobile Fachwelt festhielt: „Fachleute sind fest davon überzeugt, dass er in seiner Klasse der Komfortabelste ist“, konnte die Peugeot-Werbung die hervorragenden Bewertungen eines frühen Vergleichstests zitieren.
Nach der Ölkrise 1973 begannen die Autohersteller ab 1975 wieder über größere Fahrzeuge nachzudenken, und bei Rootes, der britischen Tochter von Chrysler Europe, bestand die Sorge, dass angesichts des alternden Chrysler 160/180/ 2 Liter der Audi 100, Ford Granada oder Rover SD1 den Markt dominieren könnten. Das war der Anfang des Projektes C9. Man könnte den Tagora als ein französisches Fahrzeug betrachten, aber sein Design war in Wirklichkeit europäisch und wurde insbesondere vom englischen Teil der Gruppe Chrysler Europe geschaffen.
Der technische Teil des Projektes C9 wurde SIMCA anvertraut (die Fabrik in Poissy wurde als Produktionsstandort gewählt). Als Antrieb sollte eine 2,2-Liter-4-Zylinder-Chrysler-Maschine dienen, aber es wurde ein größerer Motor gesucht. Chrysler Europe hatte nichts Passendes (amerikanische Motoren waren nicht geeignet), so wurde über den PRV-Motor nachgedacht. Damals war Peugeot jedoch nicht wirklich daran interessiert, einen Konkurrenten auszurüsten.
C9 ist ein Projekt für eine große Limousine,6 Fenster, breit und lang. Was den Stil betrifft, so haben die Briten insgesamt ein recht ansprechendes Design vorgelegt, aber ohne wirklichen Sexappeal. Noch dazu wird dieser Entwurf später durch die Übernahme von Chrysler Europa durch Peugeot ziemlich verändert, um nicht zu sagen, verzerrt. Chrysler hatte den Ehrgeiz, 60.000 bis 70.000 Einheiten des C9 pro Jahr zu verkaufen.
Als der französische Konzern 1978 alle Chrysler-Tochtergesellschaften (Rootes in England, Barreiros in Spanien und Chrysler in Frankreich) aufkaufte, fand er im Brautkorb dieses C9-Projekt, das in der neuen Konfiguration innerhalb eines im Entstehen begriffenen PSA-Konzernes objektiv nicht von Nutzen war. Bei Peugeot haben wir bereits den 604, eine Limousine mit relativ ähnlichem Design, die mit dem PRV V6 ausgestattet ist, während sich der 505 in derReifephase befindet und kurz vor der Markteinführung steht. Bei Citroën haben wir auch den CX, der, obwohl er keine sechs Zylinder hat, aber interessante dynamische Qualitäten bietet. Kurz gesagt, an der Spitze des Angebots der Gruppe ist das Angebot bereits gut bestückt.
Aber warum wird das C9-Projekt weiterverfolgt? Ganz einfach, weil die Investitionen bereits größtenteils von Chrysler getätigt wurden und das Auto zu weit fortgeschritten ist, um das Projekt zu stoppen. Peugeot wird sich jedoch am Ende in das Design des Wagens einmischen. So stammt die Vorderachse vom 604 und das Getriebe vom 504. Vom 505 kam die Hinterachse, die jedoch eine im Verhältnis zur Karosserie reduzierte Spurweite hat. Was wirtschaftlich wie eine gute Idee schien, wird sich jedoch stilistisch als Fiasko entpuppen. Optisch entsteht der Eindruck, dass die Karosserie breiter ist als das Fahrgestell! Ein bisschen so, als wären Dinge zusammengebaut, die nicht zusammenpassen.
In der Zwischenzeit hält es Peugeot für eine gute Idee, alle Marken von Chrysler Europe unter einem einzigen Banner zu vereinen, dem von Talbot. Man geht davon aus, dass diese Marke sowohl englisch als auch französisch einen guten Klang hat. Ursprünglich auf eine britische Marke zurückgehend, erinnert man sich an eine der letzten französischen Luxus-Marken, nämlich Talbot-Lago.
Hier ist also eine große Limousine, mit einem zu großen Hemd und zu kleinen Schuhen, in interner Konkurrenz mit 3 Modellen (505, 604 und CX), mit einer unbekannten Marke ohne Image und mit einem in Reorganisation befindlichen Vertriebsnetz. In Frankreich wird der Tagora von einem Vertriebsnetz verkauft, das zum großen Teil aus Peugeot-Händlern besteht, wobei die große Mehrheit der SIMCA-Händler nicht in das aus der Allianz hervorgegangene Vertriebsnetz aufgenommen wurde. Die auf die Marke Peugeot eingeschworenen Vertriebsleute waren nicht bereit, eine „fremde“ Marke zu verkaufen. Das alles in einem Kontext einer neuen Ölkrise von 1979! Alles in allem keine guten Vorzeichen für die Premiere beim Pariser Salon 1980.
Im März 1981 erfolgte der offizielle Start mit dem 2,2-Liter-Chrysler mit 115 PS in den Ausstattungslinien GL und GLS mit Vier- (GL) oder Fünfgang-Schaltgetriebe (GLS und SX). Ab Mitte 1981 war auf Wunsch das bereits im Peugeot 504 verwendete Automatikgetriebe von ZF erhältlich. Der Tagora hatte schon sehr viele elektronische Helferlein, die zur damaligen Zeit hochmodern waren: Elektronische Zündung, Anzeige des Öl- und Wasserstandes, der Beleuchtung und der Bremsbeläge. Auf Wunsch war ein „Reisedatencomputer“ erhältlich.
Das Modell DT hatte den 2,3-Liter-Turbodieselmotor mit 83 PS, der bereits im 604 vorhanden ist. Gegen alle Erwartungen entschließt PSA, die neue Limousine mit einer getrimmten Version des PRV auszustatten. Mit 164 Pferdestärken bei 2,7 Litern Hubraum wird der Tagora SX zur stärksten französischen Limousine, während seine Konkurrenten 604 oder Renault 30 sich mit etwas mehr als 140 Pferdestärken begnügen mussten.
Es gab auch Einsätze in der französischen Rennserie „Superproduction“ mit einem von der Tuningfirma Danielson modifizierten 2,2-Liter-Motor mit 154 kW (210 PS). Die Erfolge waren allerdings enden wollend: 1982 kam es zu keiner Platzierung. In der Saison 1983 wurde das Triebwerk durch den Sechszylinder-PRV-Motor aus dem Tagora SX ersetzt, wiederum von Da--nielson mit 200 kW (275 PS) modifiziert. Spätere Versionen des Tagora-Motors kamen im Peugeot 505 mit Turbolader bis zu 550 PS zum Einsatz. Erst in der Saison 1984 kommt endlich ein Tagora ins Ziel, sogar auf Platz eins am 14.10.1984 in Montlhéry. Leider war der Pilot Jean-Claude Lompech etwas nervös beim Losfahren und wurde wegen zu frühem Start nachträglich aufPlatz 6 zurückgestuft. 1985 endete die Rennkarriere des Talbot Tagora.
1980/81 wurden in den ersten 15 Monaten seines Bestehens lediglich 16.169 Tagoras produziert, was nur ein Viertel der ursprünglichen Ziele von Chrysler darstellte. Die Verkaufszahlen erwiesen sich selbst für dieses Produktionsniveau als unzureichend, 1982 brachen die Stückzahlen um mehr als 80 % ein.
Peugeot beschloss, dem Tagora ein Ende zu bereiten, und 1983 wurde in Frankreich das Ende eingeläutet. Die letzten Bestände werden 1984 in Spanien und Großbritannien verkauft. Zwischen Ende 1980 (Beginn der Serienproduktion) und 1983 wurden nur 20.133 Tagora-Fahrzeuge produziert, darunter 1.083 SX-Versionen.
Nachsatz
1982 witterte der Karrossier Heuliez ein gutes Geschäft. Der Peugeot 604 verkaufte sich nicht gut, während der Tagora mit 15.000 Verkäufen noch weiter hinter den Erwartungen zurückblieb. So schlägt Heuliez vor, einen neuen neugestalteten und viel ausgewogeneren Tagora zum neuen Spitzenmodell der Gruppe zu machen, der über dem 505 und dem Citroen CX liegt und den aktuellen Tagora und den 604 ersetzen soll. Die TRX füllen die Radkästen korrekt aus, und die allgemeine Linie wirkt sehr „Peugeot“, wobei man an eine Mischung zwischen dem 505 (insbesondere von der Seite) und einem 305 (von vorne) denkt.
Dieses Projekt wurde leider abgelehnt. So hätte der Tagora unter dem Logo des Löwen eine zweite Chance haben können. Peugeot war zu sehr beschäftigt, die Firma zu retten, indem man den 205 auf den Markt brachte.
Talbot Tagora SX: Das andere französische Spitzenmodell
Es gibt Auto-Raritäten, die total unterschätzt werden. Der Talbot Tagora SX ist eine davon, von dem zwischen 1981 und 1983 nur 1.083 Einheiten produziert wurden. Er war dank seines 2,7-Liter-PRV V6 und 164 PS die stärkste und schnellste französische Limousine der damaligen Zeit.
Der Talbot Tagora SX ist ein ausgezeichnetes Spitzenmodell. Er verfügt über einen Bordcomputer, eine Klimaanlage, elektrische Heckfenster, Lederpolsterung und eine Ausstattung, die in einer französischen Limousine noch selten ist. Und schließlich unterscheidet er sich durch die Leistung seines V6-Motors von seinen französischen Rivalen. Dessen Leistung wurde von Talbot durch den Einsatz zweier Weber-Dreifachvergaser, schärferen Nockenwellen, geschmiedeten Mahle-Kolben und Venturi-Ventilen von 100 kW (136 PS) auf 122 kW (166 PS) gesteigert. Das von 206 Nm auf234 Nm gesteigerte Drehmoment erlaubte eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in weniger als 8 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von knapp 200 km/h.
Die englische Tochterfirma von Peugeot-Talbot präsentierte einen einzigartigen Prototyp namens „Tagora Présidence“, der auf einer SX-Basis steht und mit allen Annehmlichkeiten des modernen Menschen jener Zeit ausgestattet ist (Diktiergerät, Fernsehgerät, Videorekorder, Telefon).
Die Karriere des großen Talbot endete sang- und klanglos im Jahre 1983. So kam es auch nicht mehr zum Einsatz einer geplanten 2,8-Liter-Version des PRV mit 136 kW (185 PS). Der Tagora SX ist mittlerweile eine absolute Rarität. In Österreich existiert nur noch ein einziges Exemplar.