Mit dem Sodengetriebe 1920 in Wien
Autor: Werner Beisel
Vor mehr als 100 Jahren – am 29. Oktober 1920 – stellte Graf von Soden sein von ihm erfundenes Vorwahlgetriebe einem erlauchten Kreis von Eigentümern und Direktoren der Österreichischen Automobilindustrie und weiteren Wiener Fachleuten vor. Alfred Graf von Soden-Fraunhofen (1875–1944) war Mitbegründer und erster Geschäftsführer der 1920 gerade einmal fünf Jahre alten Zahnradfabrik Friedrichshafen (ZF).
Das nach seinem Erfinder benannte Sodengetriebe
war ein wesentlicher Meilenstein in der Getriebe-Entwicklung und in der Entwicklungsgeschichte von ZF. Die Firma, 1915 als Tochterfirma des ZEPPELIN-Konzerns in Friedrichshafen unter maßgeblicher Beteiligung der Schweizer Firma MAAG gegründet, hat sich im Verlauf von gut 100 Jahren zu einem weltweit agierenden Automotive-Konzern mit rund 150.000 Mitarbeitern entwickelt. Aus der Zahnradfabrik Friedrichshafen wurde ZF Friedrichshafen AG und im Lauf der Jahrzehnte wurde das Produktionsspektrum deutlich ausgeweitet. Zu den Zahnrädern und Getrieben kam eine Vielzahl weiterer Fahrzeug-Komponenten hinzu. Auf dem Weg zum elektrischen und automatisierten Fahren spielt ZF heute als Systemlieferant für die Fahrzeughersteller eine wichtige Rolle.
Graf von Soden stellte am 29. Oktober 1920 in Wien mit dem Sodengetriebe ein Vorwahlgetriebe vor, welches das Fahren und Schalten eines Automobils bedeutend erleichterte. Paul Bretschneider, der Generaldirektor der 1907 gegründeten Austro Fiat AG, äußerte am Abend der Präsentation, dass hier endlich eine Erfindung vorliege, die das Problem des Wechselgetriebes, wenn nicht restlos, so doch zum größten Teil gelöst habe, und zwar durch Mittel, die nicht komplizierter sind, als die des gebräuchlichen Getriebes.
Der Stand der Technik von 1920 war das unsynchronisierte Getriebe, bei dem mit der Laufverzahnung der Zahnräder geschaltet wurde. Die Zahnräder waren also nicht ständig im Eingriff. Erfahrung und Übung waren notwendig, um möglichst geräuschlos mit Zwischenkuppeln und Zwischengas zu schalten. Für die Zahnflanken war das Schalten bei Differenzdrehzahl der Zahnräder nicht gut, und oft auch nicht für die Ohren der Fahrgäste und Passanten. Der Schalthebel war bei den meisten Automobilen noch außerhalb der Karosserie installiert, sodass insbesondere bei schlechter Witterung das Schalten zu einem zweifelhaften Vergnügen wurde.
Mit dem Sodengetriebe wurde nun ein zuvor nicht gekannter Schaltkomfort erreicht. Zwischengas war nicht mehr notwendig und auch nicht vorgesehen. Der Schalthebel wurde durch einen Gangwähler mit einem fingerleicht zu bedienenden kleinen Hebel ersetzt. Er war entweder am Armaturenbrett oder in der Lenkradmitte installiert. Mit diesem Gangwähler-Hebel konnte der gewünschte Gang bereits vor der Schaltung vorgewählt werden. Der Gangwechsel erfolgte zeitlich unabhängig, allein durch Treten und wieder Loslassen der Kupplung. Somit stellte auch das Schalten in Kurven kein Problem mehr dar. Trotz vieler bekannter Bauteile war bei dem Getriebe dennoch fast alles anders. Die nunmehr geschliffenen Zahnräder befanden sich ständig in Eingriff, denn geschaltet wurde nicht mehr mit der Laufverzahnung, sondern mit Schaltklauen.
Die Vorstellung des Getriebes im Oktober 1920 in Wien
Wien war für Graf von Soden und ZF ein wichtiger Automobilstandort. Dort erfolgte die Vorstellung bereits ein Jahr vor der Präsentation des Seriengetriebes auf der Automobilausstellung 1921 in Berlin. Graf von Soden war mit dem ersten ZF-Prototyp-Fahrzeug angereist. Zum erlauchten Teilnehmerkreis stand im „Neuen Wiener Abendblatt“ vom 30.10.1920 zu lesen: „Vor einem Auditorium, das sich aus Funktionären öffentlicher Institutionen, Technikern, Fabrikanten und Konstrukteuren zusammensetzte, erläuterte gestern Dipl.-Ing. Graf von Soden, Direktor der Zahnradfabrik Friedrichshafen, im Festsaale des Gewerbeförderungsamtes ein von ihm erfundenes neues Wechselgetriebe. Es waren erschienen: Der Präsident des Oesterreichischen Automobilklubs, Dr. Friedrich Haymerle, Vizepräsident Kommerzialrat Ludwig Lohner, Hofrat Doktor Wagner-Jauregg, Kommerzialrat Ehrenfest-Egger, Oberbaurat Zoller, Oberinspektor Wagner von der Feuerwehr, ferner die Herren Kommerzialrat Karl Gräf und Direktor Heinrich Gräf, Generaldirektor Bretschneider, Direktor Wimperger, Direktor Hollos, Direktor Veith, Oberingenieur Vieweg, Direktor Otto Beyschlag, die Herren Kornblüh, Nießner usw. …
Die große Zahl der Zuhörerschaft und der Umstand, dass nahezu alle am Automobilismus in einem oder anderen Sinne interessierten Kreise durch namhafte Persönlichkeiten vertreten waren, ließ erkennen, wie sehr das Problem eines technisch wirklich befriedigenden Wechselgetriebes allgemein als ein bisher ungelöstes empfunden wurde. Als der Präsident des Automobiltechnischen Vereines Hofrat Altmann nach einer kurzen Begrüßungsansprache dem Erfinder das Wort erteilte, war der Saal bereits dicht besetzt.“
Nach der Vorstellung am Abend des 29. Oktober wurden mit dem Fahrzeug einige kurze Probefahrten durchgeführt. Bereits am Vormittag hatte Hofrat Ing. Johann Zoller, Leiter der Versuchsanstalt für Kraftfahrzeuge in der Severingasse 7, Gelegenheit für eine ausgiebige Probefahrt mit dem Fahrzeug, einem MINERVA mit sehr laufruhigem Knight-Motor. Zitat aus dem Neuen Wiener Abendblatt: „Oberbaurat Zoller nahm an der Lenkung Platz und bediente augenblicklich den Wagen so vorzüglich, als hätte es nie eine Kulissenschaltung gegeben. Es ist, wenn dieser unrepublikanische Ausdruck erlaubt ist, eine Konstruktion von aristokratischem Schick. Der Gangwähler ist ein sauberes, schönes Instrument, das sich dank seiner geringen Ausmaße leicht in die Spritzwand einfügen lässt. Die Schaltung erfolgt ohne große Leibesaktion nur mit den Fingerspitzen.“
In dem Jahr zwischen der Erstvorstellung in Wien und der Präsentation im Herbst 1921 auf der Automobil-Ausstellung in Berlin, wurden am Getriebe weitere umfangreiche Optimierungen, sowohl funktionell, als auch zur Kostenreduzierung vorgenommen.
Die Riegelwalze, die sicherstellt, dass nur ein Gang eingelegt und verriegelt wird, wanderte von der Abtriebsseite zur Getriebemitte. Die Verzahnung der Klauenkupplungen wurde in mehreren Punkten verändert, wodurch auch bei Differenzdrehzahl zwischen den zu schaltenden Zahnrädern die Einrastsicherheit deutlich verbessert wurde.
Österreichische Kunden
In den Folgejahren setzten mehrere Firmen in Österreich das Sodengetriebe ein. Bekannt sind Austro Fiat und die Firma Barth & Köhler, die mit der Herstellung des U-Wagens zu tun hatte. Im Technischen Museum Wien existiert eine von ZF für das Sodengetriebe entwickelte LKW-Lamellen-Kupplung, die das Museum 1929 vom LKW-Hersteller Fross-Büssing erhielt. Laut der ZF-Chronik von 1965 zum 50-jährigen ZF-Jubiläum war Mitte der 20er-Jahre eine größere Anzahl der Wiener Taxis mit Sodengetriebe ausgerüstet.
ZF hatte in den 20er-Jahren mit einer Reihe Österreichischer Firmen Geschäftsbeziehungen. Dazu zählten nach ZF Wirtschaftsunterlagen z.B. die Firmen: Austro Fiat (Österreichische Fiat-Werke AG), AVIS – Flugzeug- & Autowerk GmbH, Barth & Köhler, Bellcar, Grofriwerke, Fross-Büssing, Österreichische Saurerwerke, Österreichische Daimler-Motoren AG, Puchwerke, Steyr, Wiener Automobilfabrik vorm. Gräf & Stift. Leider ist heute meist nicht mehr bekannt, was jeweils von ZF geliefert wurde, so dass hierzu weiterhin noch Recherchebedarf besteht. Zum Lieferumfang könnten Zahnräder oder Komplettgetriebe nach ZF- oder auch nach
Kundenkonstruktionen gehört haben. Getriebe, die noch existieren, können zur Klärung beitragen, denn die von ZF hergestellten Zahnräder wurden an einer Stirnseite mit dem ZF-Logo gestempelt.
Laut ZF-Vorstandsbericht von 1921 hatte Austro Fiat sich entschlossen, das Sodengetriebe einzusetzen. Zu dieser Zeit wurde der Austro Fiat Typ AF1 9/32 PS in den Markt eingeführt. Das Angebot bestand offensichtlich alternativ zum billigeren Handschaltgetriebe.
Barth & Köhler stellte verschiedene U-Wagen-Modelle mit Sodengetriebe her. In Veröffentlichungen aus den Jahren 1921–1923 werden mehrere Varianten genannt. Die kleinste Variante hat 4/12 PS. Unter der Bezeichnung U-2 wurde eine Variante mit 1,1 l Vierzylinder mit 7/18 PS als zwei- und viersitzige Variante angeboten. 1923 kam ein Sechszylinder-Modell mit 1,5 l und 6/18 PS hinzu. Über Stückzahlen ist nichts bekannt.
Immerhin schaffte es Ingenieur Köhler im Juli 1923 mit einem Fahrzeug mit 1,5 l Vierzylinder-Motor mit 16 Ventilen, von Mariazell aus, über einen Spazierweg mit teilweise mehr als 30% Steigung zur Bürgeralpe hochzufah-ren.
Im Neuen Grazer Tagblatt vom 26.07.1923 war zu lesen: „Dieser ,U‘-Wagen, ein ganz neues Modell, hat vier Zylinder, 16 Ventile oben gesteuert, mit der neuen Zündlicht-Boschmaschine und hat 68 Bohrung und 100 Hub. Er fuhr teilweise mit dem ersten und dem zweiten Gang, wobei ihm besonders das Sodengetriebe zu statten kam. Er war der Erste, der mit einem Auto die Bürgeralpe erreichte, es wird ihm auch so schnell keiner diese Prachtleistung nachmachen.“
Damals zählten solche Strecken noch zu den echten Abenteuern, die mit dem Automobil bewältigt werden konnten. Aber auch solche Leistungen halfen nicht. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wurden 1923 schlechter und die Firma sah sich gezwungen, die Produktion einzustellen.
Existierende PKW-Fahrzeuge
Einige mit Sodengetriebe ausgerüstete Fahrzeuge sind erhalten geblieben. So z.B. ein 1922 vom „Auto-Werk Pasing“ in Pasing bei München hergestellter PKW. Die Firma wurde 1921 durch Walter Schuricht gegründet. Das nahezu 100-jährige Fahrzeug stellt sich erfreulich rüstig und auch fahrbereit dar. Es ist ausgerüstet mit einem Vierzylindermotor von Siemens & Halske mit 1,5 l und 6/25 PS. (Siemens war damals nicht nur Hersteller von Elektromaschinen, sondern produzierte auch Verbrennungsmotoren. Mit der Tochterfirma Protos gehörte Siemens auch zu den Automobilherstellern.) Das im Schuricht eingebaute Sodengetriebe in der mittleren Baugröße S3 mit Trommelbremse am Getriebeausgang ist in einem erfreulich guten Zustand und lässt sich komfortabel mit einem in das Armaturenbrett integrierten Gangwähler schalten. Die Bremse am Getriebeausgang wird über das rechte Fußpedal betätigt. Mit dem linken Pedal wird die Kupplung geöffnet und gleichzeitig der vorgewählte Gang geschaltet. Das kleinere mittlere Pedal ist das Gaspedal. Im Vergleich zu heutigen Fahrzeugen war doch so manches anders. Häufig saß der Fahrer rechts, was für Rechtshänder den Vorteil hatte, dass die damals noch übliche Kulissenschaltung, mit meist außen installiertem Schalthebel, mit der rechten Hand bedient werden konnte. Abgesehen vom Schaltaufwand, war dies besonders bei schlechtem Wetter ein zweifelhaftes Vergnügen. Mit dem Sodengetriebe ging das Schalten wesentlich angenehmer und komfortabler.
Ein recht interessanter Prototyp aus dem Jahr 1925 hat seine Heimat im Deutschen Museum in München gefunden. Der von Wunnibald Kamm entwickelte SHW-Wagen mit vier Sitzplätzen wies eine Vielzahl technischer Neuheiten auf. Die selbsttragende, nur 70 kg leichte Rohkarosserie bestand aus genieteten Aluminiumtafeln. Karosserie-Hersteller war der Leichtbau-Pionier Luftschiffbau Zeppelin in Friedrichshafen. Die vier einzeln aufgehängten Räder hatten Schraubenfederung. Der Antrieb über die Vorderräder erfolgte zunächst durch Kegelradwellen und beim dritten SHW-Prototyp kamen neuartige Antriebswellen mit Gleichlaufgelenken vom französischen Hersteller TRACTA zum Einsatz. Motor und Getriebe wurden „gedreht“ eingebaut, d.h. das Sodengetriebe saß vor dem Motor und war mit dem Achstrieb und mit dem Differenzial zu einer Einheit verblockt. Geschaltet wurde über den bei den SHW-Wagen in die Lenkradnabe integrierten Gangwähler. Als Motor war zunächst ein luftgekühlter Zweizylinder Boxermotor mit 1,0 l Hubraum und 4/20 PS vorgesehen. In die Erprobung einbezogen wurde allerdings auch ein wassergekühlter Vierzylinder
Boxermotor mit 2,0 l Hubraum, bei dem nach der Dauererprobung über 100.000 km kräftige 36 PS gemessen wurden. Mit dem etwa 825 kg wiegenden Fahrzeug hatte der 36 PS-Motor ein leichtes Spiel. Über vier kräftig dimensionierte Trommelbremsen wurde das dynamische Fahrzeug problemlos verzögert.
Im Herbst 1925 wurden zwei SHW-Wagen auf der Automobilausstellung in Berlin präsentiert und fanden beim Publikum großes Interesse. Die Presse bezeichnete das Fahrzeug als die einzige wirkliche Neuigkeit auf der Ausstellung. Bei den SHW-Gesellschaftern wuchsen jedoch, in einer Zeit als reihenweise Automobilhersteller Insolvenz anmelden mussten, die betriebswirtschaftlichen Bedenken, die letztendlich 1926 zur Einstellung der Entwicklung führten. Alles in allem hätte dies der perfekte Mittelklassewagen für die 20er- und 30er-Jahre werden können. Uwe Fliegauf schrieb 2003 treffend: „Der Volkswagen wäre nicht mehr nötig gewesen.“ Dem ist nichts weiter hinzuzufügen.
Nach der Projekteinstellung wechselte Wunibald Kamm von SHW zur „Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt“ (DVL) nach Berlin. 1930 wurde Kamm an die TH Stuttgart auf den „Lehrstuhl für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren“ berufen. Im selben Jahr gründete er die gemeinnützige Stiftung „Forschungsinstitut für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren Stuttgart“ (FKFS). Bekannt wurden seine Entwicklungen zur Fahrzeug-Aerodynamik (Kamm-Heck) und seine Forschungen bezüglich des Reifen-Fahrbahn-Kontaktes (Kammscher Kreis).
Weit oben im Leistungsspektrum waren die von Josef Winsch in Berlin in Einzelanfertigung hergestellten JOSWIN-Fahrzeuge angesiedelt. Winsch setzte Mercedes-Flugmotoren ein, die im Ersten Weltkrieg nicht mehr zum Einsatz kamen. Mit diesen Sechszylinder-Motoren mit 7,3 l Hubraum und 28/95 PS, oder mit 6,5 l Hubraum und 25/75 PS, gehörten die JOSWIN-Automobile zu den leistungsstärksten in dieser Zeit. Allerdings erforderten sie eine sehr vorausschauende Fahrweise, denn gebremst wurde ausschließlich über die Hinterräder. Ein Fahrzeug aus dem Jahr 1922 mit einem 7,3 l- Flugmotor ist erhalten geblieben. In dem Wagen ist ein Sodengetriebe Typ S4 installiert, dessen Bedienung sehr komfortabel über einen ins Armaturenbrett integrierten Gangwähler erfolgt. Die Karosserie des extrem luxuriös ausgestatteten Fahrzeugs wurde von SZAWE in Berlin gefertigt.
Dieses JOSWIN-Fahrzeug (s. Abb.) hat eine spannende, nicht ganz geklärte Vorgeschichte. 1924 gelangte der Wagen in die USA und blieb dort bis 2015. Mehrere Jahrzehnte war der Wagen im Besitz des Ford-Museums in Dearborn/USA. 2015 wurde er von Louwman/NL erworben und wird nun im beeindruckenden Louwman-Museum in Den Haag präsentiert. Das Fahrzeug befindet sich noch weitgehend im Originalzustand.
Einsatzvarianten
Nicht nur PKW wurden mit dem Sodengetriebe ausgerüstet. Auch für LKW und für Triebwagen, mit teilweise mehr als 40 Tonnen Gewicht, wurden Varianten entwickelt und in Serie hergestellt. Für Motorräder wurden Prototypgetriebe entwickelt, die in der Victoria KR3 auch erprobt wurden. Einzelne Sonderausführungen wurden für militärische Zwecke gefertigt. Die vier Getriebebaugrößen für PKW S2,5, S3, S3,5 und S4, sowie das LKW-Getriebe S5L hatten vier Vorwärtsgänge und einen Rückwärtsgang. Beim Triebwagengetriebe TS 18.5 wurde der Rückwärtsgang durch einen fünften Vorwärtsgang ersetzt. Die Fahrtrichtungsumkehr bei den Triebwagen wurde durch Umsteuerung der ebenfalls von ZF hergestellten Achswendegetriebe TW 18.5 vorgenommen. Beim Motorradgetriebe beschränkte man sich auf drei Vorwärtsgänge, die durch einen Drehgriff am Lenker vorgewählt wurden.
LKW
Die bei Firma WUMAG in Görlitz hergestellten OEKONOM-Großflächenwagen waren mit einem in die Lenkradnabe integrierten Gangwähler ausgerüstet. Als Antrieb diente ein Vierzylindermotor von BMW Typ M4 A1 mit 8,2 l Hubraum und 45/60 PS. In der Schnittzeichnung ist das Sodengetriebe Typ S 5L gut zu erkennen. Der Antrieb vom Differenzial auf die Hinterräder erfolgte über Ketten.
Auch die Waggonbaufirma GOOSSENS in Aachen-Brand bot ab Mitte der 20er-Jahre ein breit gefächertes LKW-Programm bestehend aus Pritschenwagen, geschlossenen Fahrzeugen, Omnibussen und neuartigen Dreiseitenkippern an. Wie bei OEKONOM-WUMAG wurden die Motoren von BMW und die Sodengetriebe von ZF zugekauft.
Triebwagen
Einer von sechs durch WUMAG in Görlitz hergestellten Triebwagen ist erhalten geblieben. Ursprünglich waren diese Triebwagen mit zwei Sechszylinder-Motoren von Büssing und zwei Fünfgang-Sodengetrieben Typ TS18.5 ausgerüstet. In die beiden Drehgestelle wurde jeweils eine Antriebseinheit integriert.
Beide Antriebseinheiten konnten von jedem der beiden Führerstände aus synchron bedient werden. Zunächst erfolgte dies mit Druckluft-Ansteuerung, später elektrisch. Zur Fahrtrichtungsumkehr wurde an den Achsgetrieben zwischen zwei Tellerrädern umgeschaltet. Weitere Firmen stellten, für den Einsatz bei der Deutschen Reichsbahn, mit Sodengetriebe ausgerüstete Triebwagen her.
Auch die Budapester Firma Schlick-Nicholson hatte 1927 einen Triebwagen-Prototyp mit Sodengetriebe aufgebaut, der für die ungarischen Staatseisenbahnen vorgesehen war. Nach der Übernahme durch die Firma Ganz wurde das Projekt nicht weiterverfolgt.
Résumé
Die Typenvielfalt war also breit gefächert. Die Serienstückzahlen erfüllten leider nicht die in das Getriebe gesetzten Erwartungen. Die schwierige Wirtschaftslage in Deutschland, mit Inflation und Währungsreform führte dazu, dass gegen Mitte der 20er-Jahre eine große Zahl von Automobilherstellern die Fertigung einstellen musste. Als Technologieträger war das Sodengetriebe jedoch sehr interessant. ZF konnte sich damit bereits wenige Jahre nach Gründung als kompetenter Getriebehersteller am Markt etablieren.
Der größere wirtschaftliche Erfolg kam für ZF dann einige Jahre später mit weiteren Getriebetypen, wie z.B. dem 1925 vorgestellten, kostenoptimierten Einheitsgetriebe, sowie mit dem technisch hochstehenden Aphongetriebe ab 1929. Mit akustisch optimierter Schrägverzahnung und mit Synchronisierung setzte es erfolgreich weitere Technik-Impulse.