Von FIAT zu Ferrari

Autor: Michael Bulla


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Der Grundstein wurde im Jahr 1938 gelegt

Damals betrieb Josef Stadtherr Senior inder Garage der Maria Weihs in Vösendorf am Spitz eine kleine, handbetriebene Tankstelle. Diese wurde 1939 um eine allgemeine Reparaturwerkstätte für Kraftfahrzeuge und Landmaschinen erweitert. Das erste eigene Firmengebäude wurde 1947, nach der Rückkehr von Josef Stadtherr sen. aus der englischen Kriegsgefangenschaft in Kärnten, auf dem 1944 ausgebombten Grundstück in der Laxenburgerstraße 597/6 gebaut. Vor Baubeginn musste das Grundstück durch Aufschüttung auf Straßenniveau gebracht werden. Aus Kostengründen wurden Ziegel aus Bombenruinen in der Umgebung herangebracht, in mühsamer Handarbeit gereinigt und verbaut. Josef Stadtherr sen. brachte aus Kärnten auch den ersten Lehrling mit. Thomas Nagele war der erste von zig Lehrlingen (davon viele aus Vösendorf), welche die Firma Stadtherr in den 53 Jahren ihres Bestehens ausgebildet hat. Es wurden PKWs und LKWs aller Marken und Typen sowie Traktoren repariert.Das Grundstück verfügte über keine lnfrastruktur. Die elektrische Energie produzierte ein Dieselgenerator und das Wasser wurde aus einem Brunnen gepumpt. Geheizt wurde mit einem selbstgebauten Sägespäneofen. Das Telefon befand sich im Wohnhaus auf der Ortsstraße 273.

Trotz aller Widrigkeiten entwickelte sich der Betrieb und es konnte bald ein zweiterLehrling aufgenommen werden. 1953 wurde eine BP-Tankstelle eröffnet, die bis 1968 in Betrieb war.

Durch die expandierende Motorisierung entwickelte sich der Betrieb weiter und 1953 übernahm man die Markenvertretung für Mercedes-Benz, 1963 die Markenvertretung für FIAT, Lancia und Steyr-LKW. Diese Expansion erforderte größere Räumlichkeiten und es wurde 1964 mit dem Bau der LKW-Werkstätte und des Verkaufsraumes begonnen. Kundenstock und Belegschaft wuchsen, daher musste Ende der 60er-Jahre ein Gefolgschaftsraum mit sanitären Anlagen, ein Ersatzteillager, eineKarosseriewerkstätte, eine Auto-Waschanlage und Büroräume zugebaut werden.

Ferner wurde ein Heizraum für eine ÖI-Zentralheizung errichtet.

1972 ging Josef Stadtherr sen. in den Ruhestand und das Unternehmen ging an seine Söhne Bruno, der seit 1947 im Unternehmen tätig war, und Josef, der dort 1955 die Lehre als Kfz-Techniker begonnen hat und seit 1959 im Unternehmen – zuerst in der Werkstätte, dann als Leiter des Neu- und Gebrauchtwagenverkaufs – tätig war. Während dieser Zeit wuchs der Betrieb stetig und es wurden 20 Mitarbeiter beschäftigt.

1991 ging Bruno Stadtherr in Pension. Das Unternehmen wurde geschlossen und das Areal samt Baulichkeiten an die Firma BULLA verkauft.



 

1990 – Das Jahr der Entscheidung

Das Autohaus Bulla mit Standort Wien-Favoriten, Herndlgasse 5, Subhändler des Autohauses Tarbuk für die Marken Jaguar, Land Rover und freier Händler für klassische Sportwagen, insbesondere englischer Herkunft, platzt aus allen Nähten.

Bei der Suche nach einem neuen Standort stießen wir auf die Firma FIAT Stadtherr in Vösendorf, ein Betrieb deren Eigentümer – die Gebrüder Stadtherr – sich aus Altersgründen zurückziehen wollen.

Da der Kauf als auch die Revitalisierung der Liegenschaft erhebliche lnvestitionen erforderte, musste eine neue wirtschaftliche Grundlage für ein derartiges Investment geschaffen werden. So wurde mit der Tarbuk-Gruppe und dem GB Autoimport, den lmporteuren von Land Rover, Rover, Mini und MG ein exklusiver Vertriebsvertrag für Wien und Umgebung für diese Marken abgeschlossen.

Mit diesem Haupthändlervertrag waren eine Reihe von Rechten und Pflichten verbunden. Einerseits musste eine leistungsfähige Werkstätte, ein Ersatzteilelager sowie ein Schauraum für Neuwagen sowie alle Nebenräume errichtet werden. Andererseits hatten wir das Recht, auch Subhändlerverträge für diese Marken abzuschließen. Es wurde die Entscheidung getroffen, auf dem 5.000 m2 großen Areal einen 900 m2 großen Zubau samt Parkdeck sowie in der Front einen modernen Schauraum nach dem CI von Land Rover und Rover, somit gesamt 1.500 m2zu errichten. Nach einer Gesamtinvestition von öS 35 Millionen konnte im September 1992 im Beisein des britischen Botschafters, eines Direktors der Rover Group UK, viel Prominenz und Kunden, das Autohaus eröffnet werden.

In den verschiedenen Bereichen Neu- und Gebrauchtwagenverkauf, Ersatzteileverkauf, mechanische Werkstätte, Spenglerei und Verwaltung fanden 25 Mitarbeiter Beschäftigung.

1993 war wirtschaftlich ein äußerst schwieriges Jahr mit einerseits hohen Personal- und Finanzierungskosten und andererseits einem nur langsam wachsenden Bekanntheitsgrad der englischen Marken. 1994 kam sowohl derNeuwagenverkauf, der Ersatzteileverkauf als auch der Werkstättenbetrieb in Fahrt. In diesem Jahr wurde der Hersteller Rover Group an BMW verkauft, die von nun an auch lmporteur für Österreich wurden und die Vertriebswege neu ordneten, womit wir unseren Haupthändlerstatus verloren. Im Jahr 2000 zog sich BMW als Hersteller zurück und verkaufte die bisher von Bulla vertriebenen Marken an Ford. 2005 kam dann das endgültige Aus und wir wurden ersatzweise Subaru- und SsangYong-Händler. Lediglich einen Land Rover-Werkstättenvertrag konnten wir beibehalten. 2007 haben wir die Entscheidung getroffen, unseren Betrieb an einen Nachfolger zu verkaufen, um das Überleben des Autohauses Bulla zu sichern. Dieser scheiterte aber und verkaufte die Liegenschaft an einen weiteren Autohändler. In Hinblick auf eine geplante Ferrari- und Maserati-Vertretung investierte dieser Unternehmer viel Geld in einen neuen Schauraum, welcher aber nie eröffnet wurde. Aufgrund seiner lnsolvenz wurde der halbfertige Betrieb 2016 an die deutsche Firma Gohm verkauft.






 

Die Scuderia Gohm

wie jetzt der offizielle Firmentitel lautet, hat das Betriebsareal in der Laxenburgerstraße Ende 2016 aus der Schuster-Insolvenz erworben.

Mit dem Hintergrund der Ferrari-Repräsentanz für Österreich wurde das Werk von 2017–2018 nach den Cl-Vorgaben von Ferrari mit einem Kostenaufwand von 4,5 Millionen Euro adaptiert. 2017 wurde bereits die Werkstatt in Betrieb genommen und auch der Autoverkauf lief allmählich an. Die offizielle Eröffnung fand im Beisein vieler Ferrari-Besitzer und Prominenz Anfang 2018 statt.

Zur Zeit sind 19 qualifizierte Mitarbeiter unter der Führung des Brand-Managers Jens Svete am Standort Vösendorf tätig. 2019 konnten 60 Ferrari-Neuwagen und 35 Gebrauchtwagen abgesetzt werden. Für 2020 sind 70 Neuwagen und 50 Gebrauchtwagen geplant. 2019 wurde die Scuderia Gohm als „Officina Classiche“-Betrieb zertifiziert. Das heißt, hier werden über 20 Jahre alte Ferrari sach- und fachgerecht betreut. Nachdem das Betriebsobjekt schon jetzt völlig ausgelastet ist, wird das Parkdeck über der Werkstätte mit einer Decke versehen und ein Lift eingebaut, um die Fahrzeuglager-Kapazitäten zu erhöhen. Heute ist die Scuderia Gohm ein zeitgemäßes Autohaus, welches sicher noch weitere Jahrzehnte bestehen bleibt. Josef Stattherr ist stolz, dass auf dem ehemaligen FIAT-Betriebsgelände nun die italienische Parademarke Ferrari Einzug gehalten hat.


 


 


 


 


 

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