Kennen Sie DEN? Škoda Winnetou
Autor: Pal Negyesi
Der Genfer Autosalon von 1967 zeigte so exotische Autos wie den Toyota 2000 GT, den Lamborghini Marzal und einen Sportwagen mit Kunststoffkarosserie von Škoda.
Zuletzt hatte Škoda in den 1930er-Jahren aufregende und ungewöhnliche Autos wie das Popular Monte-Carlo-Coupé und Roadster als Kleinserie gebaut. In den 1950er-Jahren waren der Škoda 450 und der Nachfolger Felicia zwar optisch ansprechender als andere Angebote, welche von hinter dem Eisernen Vorhang kamen, aber wirklich verlockend wirkten sie mit ihrer veralteten Technik nicht.
Die Produktion der Felicia wurde 1964 eingestellt und Škoda konzentrierte seine ganze Energie auf die neuen, ziemlich modernen 1000 MB. Man bereitete sich auf eine große Präsentation am Genfer Salon 1967 vor. Die Firmenleitung entschied A. P. Glättli, den Schweizer Škoda-Generalimporteur zu beauftragen, den Auftritt echt glamourös zu gestalten: Die Besucher sollten beim Betrachten des Škoda-Standes „Wow!“ sagen.
Gerade als Glättli darüber nachdachte, wie man das wohl am besten angehen könnte, erreichte der Kitcar-Wahnsinn in Europa einen Höhepunkt. In Deutschland ging der Verkauf von amerikanischen Kunststoffkarosserien, die zumeist auf VW-Käfer-Chassis geschraubt wurden, durch die Decke.
Hubert Souren in Aachen verkaufte solche Karosserien, vorzugsweise die des Rennfahrers Bill Devin. Dieser fuhr in den USA Mitte der 1950er-Jahre ein Panhard-Special. Sein Erfolg veranlasste ihn, eine Straßenversion mit Kunststoffkarosserie anzubieten. Devin-Karosserien wurden später auch auf anderen Chassis übernommen. Souren benutzte natürlich eine Käfer-Bodenplatte.
Es ist nicht bekannt, wer die geniale Idee hatte, das 1000-MB-Chassis von Škoda mit einer Devin-Karosserie aus Souren zu kombinieren, aber es geschah.
Der 1000 MB war ein perfekter Kandidat, da sein Layout und seine Abmessungen dem Käfer sehr nah kamen. Nur die vordere und hintere Spur musste verbreitert werden. Die Karosserie wog nur 89 kg, somit kam der ganze Roadster auf ein maximales Gewicht von nur 661 kg! Der Innenraum folgte dem sportlicheren Äußeren. Es gab ein Drei-Speichen-Holzlenkrad, die Schalensitze waren fix am Boden befestigt. Als reinem Sportwagen fehlte dem Winnetou Platz für großes Gepäck. Nur das Reserverad und die Batterie konnten unter der Fronthaube Platz finden. Kleines Gepäck passte in einen Stauraum hinter den Sitzen, wo es allerdings der vom Motor ausgehenden Hitze und Verschmutzung ausgesetzt war.
Das fertige Auto, das wahrscheinlich in der Werkstatt eines Škoda-Händlers in Zürich gebaut wurde, erhielt den Namen „Winnetou“ nach Karl Mays beliebter Figur des Apachen-Häuptlings.
Dieser Winnetou sorgte auf dem Genfer Salon 1967 für ziemliches Aufsehen; Glättli war glücklich. Obwohl Winnetou in erster Linie ein Schweizer Projekt war, veranlasste dieses große Publikumsinteresse Škoda selbst, das Auto genauer anzusehen und zu erproben. Die Tests im AZNP-Entwicklungszentrum zeigten jedoch grundlegende Probleme. Obwohl eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h angegeben wurde, erreichte das Auto während der Fahrversuche nur ein Maximum von 126 km/h. Der Motor konnte nicht über 5.000 U/min gedreht werden. Die Beschleunigung war ebenfalls nicht ideal: 30,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h waren selbst in den 1960er-Jahren unterdurchschnittlich.
Darüber hinaus beschwerten sich die Testfahrer über die Fahreigenschaften des Fahrzeugs. Winnetou war nicht stabil genug, was die leichte Vorderachse nicht besser machte. Es gab Probleme mit der Schalldämmung und mit der gesamten Verarbeitung. So fiel während der Tests mehrmals der Auspuff ab und es war schwierig, die Türen zu schließen.
All das in Kombination war wohl der Grund, warum man bei Škoda für das Auto kein grünes Licht gab: „Das Fahrzeug wirkt strukturell unentwickelt. In einem solchen Zustand würde es wahrscheinlich nicht zum guten Ruf unserer Marke beitragen“, lautete die abschließende Bewertung. Man stellte auch fest, dass jede Verbesserung zu teuer kommen und sich einfach nicht auszahlen würde. Das war Winnetous Ende.
Bleibt noch zu erwähnen, dass dies nicht das einzige Mal war, dass Škoda-Mechanik von externen Herstellern verwendet wurde. In den 1960er-Jahren entschied man Škoda-Mechanik nach Neuseeland und nach Pakistan zu liefern. Dort entstanden die Off-Roader Trekka und Skopak auf Basis der Octavia.
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