Wo die Strohballen Füße haben
Autor: Photos: Hannes Denzel, Alois Huemer
Hannes Denzel über den 12. Oldtimer-GP Schwanenstadt 2021
Im Jahr 2020 hat die Motorsportvereinigung Schwanenstadt – gegründet 1970 von Willi Aicher, heute geführt von dessen Sohn Peter – ihren 50. Geburtstag gefeiert und wollte das mit einem prominent besetzten Oldtimer-GP feiern und damit auch bei diesem Format das Dutzend vollmachen.
Wollte, denn wie wir alle wissen, hat ein klitzekleiner Virus megagroßen Schaden angerichtet und vieles verhindert, darunter auch Unmengen an Oldtimer-Veranstaltungen. Auch heuer ist wieder Vieles ausgefallen und auch in „Schwauna“ war lange unklar, ob der GP durchgezogen werden kann oder nicht. Aber die Mannen um Peter Aicher haben sich ein Herz gefasst, ein tolles Programm und ein wirksames Corona-Konzept erstellt, auch wenn sie bei den angedachten Spitzenstars und Publikumslieblingen Abstriche machen mussten. Speziell auf die Engländer – wir erinnern uns an die hochbeinigen Threewheeler aus den 20er-Jahren, die so manche um Jahrzehnte jüngere Renngespanne „alt“ aussehen ließen – musste verzichtet werden.
Trotzdem kamen so viele nach Rennsport ausgehungerte Fans nach Schwanenstadt, wie noch nie. Das lag nicht nur am tollen Spätsommerwetter am ersten Septemberwochenende, sondern hauptsächlich daran, dass der wahre Star des Oldtimer-GP in Schwanenstadt ohnehin die Strecke selber ist.
War der alte Ring bei Oberndorf – auf dem zwischen 1971 und 1988 Rennen um die österreichische Staatsmeisterschaft ausgetragen wurden – schon damals ein Anachronismus, der immer wieder Vergleiche zur Tourist Trophy auf der Isle of Man aufkommen ließ, so ist der Hausruckring bei Pitzendorf, auf dem der Oldtimer-GP stattfindet, diesbezüglich noch eine Steigerung. Auf modernen Grand Prix-Strecken ist sogar die Boxenzufahrt großzügiger angelegt, als die breiteste Stelle am Hausruckring, dafür erstrecken sich dessen Sturzräume an manchen Stellen bis in die Nachbargemeinden. Was ihn aber vor allem bei den Fans so beliebt macht: Nirgendwo sonst können sie auch abseits der Rennstrecke in direkten Kontakt zu den Cracks treten wie hier, nirgendwo sonst sind sie näher am Geschehen, nirgendwo sonst können sie das Rennsportparfüm – zusammengemischt aus Benzin, Öl und Leder – deutlicher wahrnehmen, als in Schwanenstadt. Was Markus Schlosser – mehrfacher Schweizer Meister, IDM Champion und derzeit Führender in der Sidecar-WM – das Gefühl vermittelt, „hier haben die Strohballen Füße“.
Schlosser war nur einer der angereisten Stars und heuer wohl der schnellste Mann auf drei Rädern, obwohl er – wohl aus Respekt – immer wieder seinem Landsmann Rolf Biland den Vortritt ließ. Rolf ist mit sieben Weltmeistertiteln der zweiterfolgreichste Gespannfahrer der Geschichte. Die meisten davon hat er mit Kurt Waltisberg als Schmiermaxe errungen – die beiden sind nicht nur in Schwanenstadt Legende und hätten deshalb auch in der Legenden-Klasse antreten müssen, wenn dort nicht nur einspurige Kräder erlaubt wären. Dort hätten sie dann wieder wie seinerzeit versuchen können, die schnellste Tageszeit aller Klassen zu erringen, was ihnen aber angesichts der Konkurrenz heuer schwer gefallen sein dürfte. Obwohl der Oldtimer-GP kein Rennen, sondern eine Gleichmäßigkeitswertung ist, haben gleich mehrere prominente Herren die kürzeste Flugbahn rund um den Pitzenbergring gesucht – darunter ein gewisser Troy Corser, gebürtiger Australier und zweifacher Superbike-Weltmeister. Corser bekam seine WM Ducati-Siegermaschine aus 1996 zur Verfügung gestellt, musste sich aber mit einem fliegenden Finnen herumschlagen. Den Schwanenstädtern war nämlich insofern ein Coup gelungen, als gleich drei KTM Grand Prix-Maschinen aus Privatbesitz erstmals außerhalb einer permanenten Rundstrecke an den Start gebracht wurden: eine Ex Philipp Öttl Rookie Cup 125er mit Jungstar Maximilian Kofler im Sattel, der Ex Aoyama 250 FFR, gefahren von Michael Ranseder, und einer aktuellen RC 16 Moto GP-Maschine. Weil die nicht jedermann starten – und schon gar nicht fahren – kann, hatten die Mattighofner eine Abteilung Techniker nach Schwanenstadt geschickt und dazu als Piloten Mika Kallio. Der ließ zur Freude der Fans den Red-Bull-Bomber ordentlich fliegen, obwohl eine moderne Moto GP-Maschine auf einer solchen Strecke eigentlich als unfahrbar gilt.
Trotz allem Engagement gelang es den Genannten nicht, die anderen zu Statisten zu degradieren. Wie denn auch, befand sich im Feld doch das „who is who“ der österreichischen Rennsportszene. Neben Maximilians Bruder Andreas viele WM-Teilnehmer und Staatsmeister von früher, wie z.B. Gustl Auinger, Andreas Preining, Karl Truchsess, Christian Zwedorn, Hans Steinhögl, Günther Fluch, Gerd Kafka, Franz Kaserer, Sepp Doppler u.v.m., aber auch deutsche und schweizer Meisterfahrer vergangener Tage.
Wenn auch nicht mit so prominenten Namen, dafür mit viel Herz, Einsatz und tollen Fahrzeugen warteten die neun anderen Wertungsklassen auf, die das Publikum begeisterten und von denen hier einige Fotos gezeigt werden sollen.