Ein Tausendsassa feiert seinen 80er

Autor: Christian Sandler


In diesen Tagen feierte ein echtes Wiener Motorsport-und Unternehmer-Original seinen 80er. Man sieht es dem Jubilar gar nicht an und es ist kaum zu glauben, aber der Günther Spindler ist wirklich 80.

Ein echtes Floridsdorfer Unikum, das es in der Transport- und Logistikbranche, sowie im internationalen Motorsport zu einer anerkannten Größe gebracht hat. Klein Günther erblickte in den Kriegswirren des Jahres 1942 das Licht, der damals gar nicht so schönen Welt. Opa Spindler begann als kleiner „Kapskutscher“ im Jahre 1912, drei Wochen nach dem Untergang der Titanic, landwirtschaftliche Produkte von der Amtsstraße aus, über die Donau oder nach Stammersdorf zu transportieren. Der Betrieb florierte, mit der Zeit stieg auch Günthers Vater im Betrieb ein und Anfang der 1930er-Jahre wurde sogar ein LKW angeschafft. Die Firma wuchs mit dem Bauboom der 1960er-Jahre und nachdem unser Günther die HTL in Krems als Bauingenieur abgeschlossen hat, trat auch er in das damals schon mittelständische Transport- und Schotterunternehmen ein. Er war geschäftstüchtig, hatte Visionen und ist nebenbei ein ganz toller Typ. Würde es ihn nicht geben, man müsste ihn glatt erfinden. Er lernte die Tochter des benachbarten Fuhrwerkers Lohberger kennen, Inge wurde die Liebe seines Lebens. 1967 traten die beiden vor den Traualtar, es stammen aus dieser langjährigen Ehe zwei fesche Töchter. Günther und sein Vater beherrschten das Handwerk wie kein anderer und auf sämtlichen Baustellen in und um Wien waren die grünen Lastwagen mit den roten und gelben Streifen zu sehen. Donauinsel, Uno-City, sämtliche U-Bahn-Baustellen, S22 oder A5, um nur einige zu nennen.

Ein Spezi aus der Nachbarschaft, Besitzer einer Elan-Tankstelle überredete 1970 Günther zum Mitmachen bei den damals so beliebten Wertungsfahrten. Und so rückte er bei der Waldviertler Winter Tourenfahrt erstmals, mit aufgepinselten Startnummern auf den Türen, mit dem VW Käfer aus. Gattin Inge war anfänglich natürlich mit an Bord. Dann ging es Schlag auf Schlag. Günther wurde Mitglied des mittlerweile bekannten Motorsportklubs „RARA“ und da es damals genug Schotterstraßen gab, fasste er die Rallyeszene ins Visier. Dem Käfer folgten Alfa, Triumph und ein Mercedes 280SL. Eines Tages nahm Eddy Hamersky, seines Zeichens Porsche- Verkäufer, Jung Spindler mit zu einem Porschetreffen am Salzburgring. Man stellte ihn auf den besten Startplatz mit seiner Pagode und nach der Nocksteinkehre sah sich Günther am Ende des Feldes. Der Held unserer Geschichte war ab diesem Zeitpunkt der Marke aus Zuffenhausen verfallen, denn wenn du am „Spitz“ fahren willst, musst du einen Porsche fahren (Zitat Günther Spindler). Den ersten 911er tarnte G.S. als Geburtstagsgeschenk für Inge, nur konnte diese auf ihr Präsent kaum zugreifen, da der Göttergatte mit Beifahrer Roland Klose zum Wochenende meistens im Dienste des Sports unterwegs war. 1974, bei einem Besuch in Weissach, erblickte er unter einer Plane den sagenhaften Carrera RS, und es war um ihn geschehen. Wie haben, wie zahlen und wie bringe ich es der Inge, den Eltern und dem Schwiegervater bei? Es folgten monatelange Diskussionen, 358.000 Schilling waren auch damals in einer Unternehmerfamilie eine stolze Summe. Irgendwann stand er dann da, im spindlerschen Grün gehalten. Nach ein paar Wochenenden als Familienkutsche wurde der grüne, wie könnte es anders sein, doch als Rallyekanone eingesetzt. Fazit: 38 Rallyes und 36 Siege!

Im Jahre 1976, nachdem Anton Spindler einen schweren Verkehrsunfall hatte und dadurch viele Wochen auf der Intensivstation verbrachte, übernahm Günther die Firma und er wurde vorerst hinter den Schreibtisch verbannt. Günther schupfte den Laden und der Motorsport wurde erstmal auf Eis gelegt. Nach einem Jahr Rennsportabstinenz juckte es Günther wieder, diesmal hat es ihm die Rallye-Cross-Szene angetan. Kurze Zeit hing der Haussegen im Hause Spindler schief, nach dem Geraderücken wurde ein 325er BMW angeschafft. Nach ein paar Rennen dann die Erkenntnis, es muss doch ein Porsche sein, um gegen die Giganten Wurz, Grünsteidl, Dieter-Karl Anton oder Bentza eine Chance zu haben. Die Uhrenmarke Citizen trat als Sponsor auf und Günther schlug sich ehrenhaft. Aber in diesem Sport zog Anfang der 80er-Jahre der Allradantrieb ein und einen Audi Quattro wollte er nicht fahren. Also Anruf bei Jürgen Barth in Weissach, ob einer von den drei Allradlern aus der Safari Rallye zu haben wäre. Letztendlich scheiterte es an der „Marie“. 2 Millionen Schilling waren dem Sponsor Citizen und dem ehelichen Finanzminister doch zu viel und unser Jubilar legte wieder einmal eine motorsportliche Auszeit ein. Doch Spindlers Liste fand in der Truck EM eine Fortsetzung, er gewann zum Einstieg gleich sein erstes Rennen. MAN hatte damals in der Truck EM vier Werksfahrer unter Vertrag, die in der Meisterschaft kaum Erfolge erzielten, Günther sah seine Chance und überzeugte die Vorstandsdirektoren, dass er das Team zum Sieg führen kann. Gesagt, getan! Mit Tochter Sabine als Teammanagerin und Gattin Inge an seiner Seite driftete er von Stockerl zu Stockerl. Er wuchtete seinen sechs Tonner mit 850 PS und sagenhaften 5800 Newtonmeter auch oft winkenderweise und vor allem quer für das Publikum um die Ecken. Diesen Wundermotor hatten seine Freunde bei ÖAF, G. Kolling, H. Gril und J. Balog, genannt KGB, zum Laufen gebracht. Es hat sich bezahlt gemacht, er wurde in der EM 1987 Dritter und im Jahr darauf Zweiter. 1989 schien Günthers Traum, der EM-Titel, greifbar nah, aber das Werk setzte auf den falschen Motor, sodass am Ende wieder ein dritter Platz blieb. In diese rennintensive Zeit fiel auch der Zusammenschluss der beiden Firmen Lohberger und Spindler. Wie schon 1982 Vater Spindler dem Günther die Firma verkaufte, so verkaufte Senior Lohberger seiner Inge auch den Betrieb. Nach dem bewährte Motto – was nichts kostet, ist nichts wert. Somit hängte Günther wieder einmal den Helm an den sprichwörtlichen Nagel. Die unternehmerische Erfolgsgeschichte setzte sich fort und das Ehepaar beschäftigte in der Hochblüte bis zu 350 Mitarbeiter. Detail am Rande: Sowohl Inge als auch Günther wurde der Titel Komm.-Rat verliehen – eines von nur drei Ehepaaren in Österreich, denen dieses Kunststück gelang.

Es kommt, wie es kommen musste. Nachdem Günther ganze zwei Jahre lang dem motorsportlichen Treiben artig zugeschaut hatte und der Haussegen so sensationell gerade hing, fing der Gasfuß wieder an zu jucken. Der Familienrat hatte keine Einwände und dem Unternehmen Porsche Carrera Cup stand nichts mehr im Wege. Gefahren wurde auf allen berühmten Rennstrecken Europas und Gattin Inge war meistens als Ruhepol dabei. Der Carrera war in den Firmenfarben von Lohberger und Spindler lackiert, Loh-SPI hieß das Team. Es war bei dem Riesenstarterfeld nicht einfach für einen Privatier in die Nähe der Punkteränge zu kommen – Roland Asch wurde mit Werksunterstützung Meister. Veedol-Cup, VLN-Pokal und Porsche 968 Cup waren die nächsten Stationen. In dieser Zeit kristallisierte sich bei Günther der Nürburgring als absolute Lieblingsrennstrecke heraus. Ob 300 km oder 24 Stunden, das war Günther egal, auf der schwierigsten Rennstrecke der Welt fühlte er sich richtig wohl. Auf der großen Ehrentafel des Nürburgrings, wo alle Sieger eines EM- oder WM-Laufs ihren Platz haben, findet man Günthers Name direkt neben dem unvergesslichen Gilles Villneuve.

Aber die „Grüne Hölle“ ist gefährlich, das sollte Günther am eigenen Leib verspüren. Bei einem 6-Stunden-Rennen am Nürburgring 1995 teilte er sich den Loh-SPI Porsche mit seinem Spezi und leider mittlerweile verstorbenen Horst Felbermayr. Die beiden kämpften sich auf Platz vier vor. Zwei Runden vor Schluss übergab Horst den Boliden an Günther mit dem Hinweis auf die abgefahrenen Reifen. Da aber der Rückstand auf den Zweitplatzierten relativ gering war, traf Günther die fatalste Entscheidung seines Lebens und fuhr ohne zu wechseln weiter. Im Streckenabschnitt „Kesselchen“ platzte der linke Vorderreifen bei etwa 240 km/h. Der Porsche hob ab zu einer filmreifen Flugeinlage, über die Leitschienen und Köpfe der Streckenposten hinweg. Das Geschoß mähte einige Bäume um und kullerte rund 600 Meter den Hang hinunter. Nachdem sich Günther selbst befreit hatte, fing der Wagen Feuer. Der liebe Gott hat es mit Günther gut gemeint und ihn vor lebensgefährlichen Verletzungen verschont. Es wäre Zeit, mit dem Rennfahren aufzuhören, hatte Inge gemeint und Günther nickte brav. Aber die Liebe zum schnellen Fahren blieb und über Cannonball, Spindlers Meile oder A2 legen wir den Mantel der Verschwiegenheit. Nach 15 Jahren Rennabstinenz schloss er dann Frieden mit der Nordschleife. Er erfüllte sich einen Lebenstraum, indem er nochmals bei den 24 Stunden antrat, ausnahmsweise mit einem BMW. Teampartner waren unter anderem sein Sohn Konrad Fuchsberger, Richard Purtscher und Schwiegersohn Kurt Fournier. Platz 73 von 198 Startern – Respekt!
 

Sportwagen der Firma Porsche sind noch immer seine Leidenschaft, auch wenn er sie nicht mehr in diesem Tempo wie früher bewegt. Gerne verbringt er die Zeit mit seinen Freunden im „Bubenzimmer“, das er mit seiner Frau Inge gemeinsam geplant hat. Seit knapp einem Jahr ist er Witwer, Inge hat eine große Lücke in seinem Leben hinterlassen. Mittlerweile zog sich Günther aus der Geschäftsleitung der Firma zurück, seine Tochter Sabine Spindler-Spitzer führt nun den Betrieb in etwas veränderter Form weiter.


 

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