Eine Reise in eine andere Welt – Schloss Kornberg und der Meierhof

Autor: Text & Photos: Martin und Ingrid Winterle


Mit meiner Gattin unternahm ich im Juni eine Kulturreise in die Südoststeiermark. Grund der Reise ins Vulkanland war ein Besuch der Ausstellung „Spielen wie früher“.

Da zur Kultur auch Burgen und Schlösser gehören, haben wir uns die Riegersburg angesehen. Wer Stift Melk, Hohensalzburg, das Goldene Dachl und die Schatzkammer gesehen hat, sollte auch einmal dort oben gestanden sein und diese traumhafte Aussicht genossen haben. Zu den unvergleichlichen kulinarischen regionalen Kulturgütern zählt das musikalisch anspruchsvolle Abendessen – Bach/Händel. Auf der Speisekarte oft profan als Backhendl bezeichnet, der Salat natürlich mit Kürbiskernöl – das alles in einem gemütlichen Landgasthof, umgeben mit netten Menschen – Auszeit pur!

Schloss Kornberg 

Liebenswert, verträumtes Schlösschen, erfüllt mit äußerst quirligem Leben. Im zu Ende gehenden 13. Jahrhundert eigentlich als Vorburg zur Riegersburg erbaut, erinnert heute an diese Funktion nichts mehr. Vielmehr ist es das Leben selbst, dem durch Veranstaltungen unterschiedlichster Art Freiraum und Gestaltungsmöglichkeit gegeben wird. Sicher spielt es dabei eine große Rolle, dass seit mehr als 150 Jahren ein und dasselbe Grafengeschlecht für das Wohl des Schlosses sorgt. Der Hausherr Konsul Mag. Andreas Bardeau führt seine Besucher selbst durch die Räumlichkeiten. Es ist halt alles persönlicher auf Kornberg als anderswo. Leider fehlte uns die Zeit für eine sicher eindrückliche Schlossführung. Wir wurden im Meierhof erwartet.

Die kleine Welt der großen Schlösser

Natürlich wussten wir von meinem Sammlerfreund Peter Willowitzer und aus dem Internet – www.schlosskornberg.at –, dass es im Meierhof eine permanente Ausstellung von 15 Miniaturen historischer Burgen und Schlössern geben sollte. Der Maßstab 1:75 bzw. 1:100 müsste zu meinen Modellautos 1:43 in etwa passen und war somit sicher sehenswert. Info am Rande: Wer in der Region nächtigt, darf dieses Juwel mit der Genuss Card kostenfrei besichtigen – traumhaft! Gerade für den Spätsommer und Herbst eine ideale Destination für eine Kurzreise mit dem Oldtimer. Bei unserem Besuch stand am Parkplatz, sehr treffend, ein märchenhafter 280 SL mit niederösterreichischem Kennzeichen.

Seit März 2018 befinden sich in einem eigens dafür geschaffenen, saalartigen, abgedunkelten Raum die Verkleinerungen bekannter und seltener Burgen und Schlösser aus allen Teilen der Welt. Ursprünglich standen die Modelle einige Jahre unter einem Zeltdach im slowenischen Thermenort Cateska Toplice in der Gegend von Brezice (deutsch Rann) in der Untersteiermark. Inszeniert hatte diese Einmaligkeit der in Slowenien lebende, russische Immobilienkaufmann Taras Pazyak.

Er ließ die Bauwerke von verschiedenen russischen Modellbaukünstlern in teils monatelanger Arbeit bauen. Eine bereits in Slowenien installierte, raffinierte Lichttechnik sorgt auch im Meierhof von Kornberg für einen möglichen Tag-und-Nacht-Betrieb, ähnlich einer Modellbahnanlage. Vergleichen wir diese Ausstellung beispielsweise mit Minimundus in Klagenfurt fällt auf, dass im Minimundus die bedeutendsten Bauwerke verkleinert wurden. Nicht so in dieser Ausstellung. Natürlich fehlt auch hier Neuschwanstein genauso wenig, wie die Dracula-Burg Bran bei Brasov (deutsch Kronstadt) in Rumänien.

Warum statt dem weltbekannten Moskauer Kreml der viel Seltenere von Tobolsk verkleinert wurde, kann ich genau so wenig erklären, wie die Tatsache, dass der Höhlenburg von Predjama (deutsch Luegg) im slowenischen Karst diese Ehre zuteil wurde. Sie gehörte einst dem gebürtigen Osttiroler Erasmus von Luegg, einem ganz wilden Knaben. Ich habe Predjama genauso besichtigt wie Schloss Trakoscan (Drachenstein) in Kroatien an der Grenze zu Slowenien, einst im Besitz der Fürstgrafen von Cilli, dem heutigen Celje. Im Modell beeindruckend exakt wiedergegeben.

Ich kenne niemanden, der den gigantischen Potala Palast des Dalai-Lama in Tibet je gesehen hat, hier steht das verkleinerte Abbild. Schloss Peles in den rumänischen Karpaten wurde ebenso gekonnt verkleinert wie die Deutschordensburg Marienburg (Westpreußen) im heutigen Polen, an der Nogat gelegen.

Mir als Dioramenbauer bestens bekannt  – die Burg Eltz an der Mosel – mein Kompliment den Künstlern für den großen Aufwand. Das französische Film-Kulissen-Schloss Pierrefonds kann bewundert werden. Ebenfalls in Frankreich steht das Original des nächsten Vorbildes – Schloss Villandry an der Loire.

Zu sehen gibt es weiters das Wasserschloss Wijendale aus der Gegend der belgischen Stadt Brügge. Großes Elend hat diese Gegend Kaiser Maximilian I. mit dem Tode seiner geliebten Gattin Maria von Burgund gebracht. Kaum zu glauben aber wahr, bereits im 12. Jahrhundert erbauten Chinesen die sogenannten Tulou. Erdhäuser nach den Regeln des heute so aktuellen Feng-Shui. Aus Portugal stammt die Nachahmung von Schloss Pena aus der Zeit um 1850. Abschließend muss die gigantische Burganlage Himeji in Japan Erwähnung finden.

Die ganze Ausstellung hinterlässt einen ehrfürchtigen Eindruck. Ein höheres Niveau im Modellbau ist nicht denkbar. Neben den Bauwerken sind es vor allem die Parkanlagen, aber auch jeder einzelne Baum, der unerreichbar in Form, Farbgebung und Position im Gesamtobjekt platziert wurde. Ein unbedingtes Muss für Modellbauer, Modelleisenbahner und Dioramengestalter.

Spielen wie früher

Noch bis Oktober kann die Sonderschau zu diesem Thema im Meierhof des Schlosses Kornberg besichtigt werden. Sammlerfreund Peter Willowitzer hat dort einen kleinen Teil seiner Privatsammlung zu einem beeindruckenden Querschnitt von Spielzeugen und Kinderträumen vergangener Tage zusammengestellt. Ich hatte dankenswerterweise die einmalige Gelegenheit, vom Initiator selbst durch diese Welt geführt worden zu sein. Dafür hat sich Peter extra Zeit genommen. Viele der ausgestellten Sehenswürdigkeiten wurden von ihm in bedauernswertem Zustand übernommen, vollständig restauriert und wieder funktionsfähig gemacht. In Anbetracht der unterschiedlichsten Materialien und Mechaniken eine unglaubliche Leistung.

So erweckte er aus einer durch Bruch zur Ruine gewordene, mehr als 2,2 Meter lange Schweizer Berglok, ein sog. Krokodil, zu neuem Leben. Das Standmodell, ein Unikat aus tausenden Sperrholzblättchen, ist beweglich und selbst auf Winzigkeiten wie durch Federn gehaltene Bremsklötze an jedem Rad wurde nicht verzichtet. Viele von den älteren Semestern werden sich noch an das Matador-Ausstellungsmodell einer überdimensionalen Dampflok erinnern. Es stand abwechselnd in Schaufenstern von Spielzeugläden oder ausgewählten Plätzen in Kaufhäusern, um Werbung für die Matador-Baukästen von Ing. Korbuly zu machen. Selbst der größte damals käufliche Baukasten hätte aber nicht ausgereicht, dieses Monster zu bauen. Peter Willowitzer gelang es mit Hilfe eines großen Fundus an altem Matador-Material.                         

Aus den 1930er-Jahren stammt eine Eisenbahngarnitur aus Holz, welche als Einzelstück von seinem Erbauer für dessen Enkel in der ungefähren Größe heutiger Gartenbahn-Modelle hergestellt wurde. Kleine Messingapplikationen vollenden den grazilen Gesamteindruck. Blecheisenbahnen der klassischen 0-Spur gibt es natürlich ebenfalls zu sehen. Zum Großteil natürlich betriebsbereit.

Natürlich funktionieren die präsentierten Dampfmaschinen, ihre Antriebe und alle gedachten Einsatzmöglichkeiten. Alles ist beweglich – selbst ein alter englischer Dampflastwagen, der aus unbrauchbar scheinenden Fragmenten zu neuem Leben erwachte. Unendlich viel Feingefühl, technisches Verständnis, Geduld und Ausdauer als Basis für die Liebe zum Detail sind für dieses faszinierende Hobby notwendig. Aber das brauche ich Oldtimer-Liebhabern sicher nicht zu schildern.

Ein Draken unseres Bundesheeres, als Großmodell-Einzelstück gebaut, ist absolut flugtauglich. Zwar nicht abheben, aber beeindrucken kann die Do-X aus dem Märklin-Metallbaukasten Nr. 1079. Dieser wird übrigens heute noch angeboten.

Mehrere kunstvolle Miniaturen alter, schwimmfähiger Segelschiffe kann man ebenfalls bestaunen. Eines von ihnen sollte man aber besonders genießen. Bei seinen Streifzügen durch längst vergangene Tage fiel Peter ein Schiff in die Hände, das in den Untiefen des Meeres gerade von einem unheimlichen Urmonster angegriffen wurde, welches gerade im Begriff war, das Schiff zu verschlingen. Eigentlich unerklärlich, wie dieses seltsame Gebilde entstanden sein konnte. Die Lösung ist dennoch einfach: Das Modell lag lange Zeit auf einem verlassenen Dachboden und ein Schwarm von Hornissen hatte es zu seiner Burg ausgebaut – skurril und gleichzeitig beeindruckend.

Mehrere Exemplare von Pocher-Modellen sind ebenso vertreten wie ein Kinderauto in 1:3,5, eine Rolls-Royce-Verkleinerung, die theoretisch fahrbar wäre. Bei den Blechspielzeugautos und Figuren sind praktisch alle namhaften, historisch bedeutenden Hersteller vertreten. Alles Dinge, die in den 1950er-/1960er-Jahren für einen Dauerstandplatz meinerseits vor den Schaufenstern diverser Innsbrucker Spielzeugläden und als Nervenreizmittel für meine Oma perfekt geeignet waren.

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