Pilatus PC-6 Porter flog erstmals vor 65 Jahren
Autor: Text: Jürgen Schelling | Photos: Uwe Stohrer
Für die Pilatus Flugzeugwerke war es ein Meilenstein: Am 4. Mai 1959 flog die legendäre PC-6 Porter zum ersten Mal. Jetzt trafen sich zahlreiche Crews mit ihren Maschinen in der Schweiz, um diesen Flug vor 65 Jahren zu feiern.
Sie sah damals noch nicht so ungewöhnlich aus wie heute. Denn als am 4. Mai 1959 zum ersten Mal das neue Modell PC-6 Porter der Pilatus Flugzeugwerke im schweizerischen Stans abhob, war die Optik noch normal. Der zunächst eingebaute Lycoming-Sechszylinderboxer benötigte nur eine kurze Motorhaube. Die Porter ist zudem der erste „Jeep mit Flügeln“. Denn sie ist als robustes Universalflugzeug in Ganzmetallbauweise konzipiert. Bis zu zehn Passagiere, maximal 1200 Kilo Fracht oder zwei Ambulanzliegen passen hinein. Die PC-6 lässt sich auf Ski zum Gletscherfliegen stellen oder auf Schwimmer für den Wasserflug. Piloten der Luftwaffe lernen auf ihr das Fliegen oder setzen damit Fallschirmspringer ab. Als Sprühflugzeug in der Landwirtschaft oder mit einem Wasserbehälter als Feuerlöschflugzeug ist sie ebenfalls einsetzbar. Sie kann sowohl auf Asphalt als auch auf Sand, Gras oder Schotterpisten starten und landen. Beim österreichischen Bundesheer sind bis heute zahlreiche Turbo Porter im Einsatz.
Auf dem schweizerischen Flugplatz Langenthal-Bleienbach trafen sich nun im Mai rund ein halbes Dutzend Porter samt ihren Crews, um das Ereignis 65 Jahre Erstflug gebührend zu feiern. Es ist extrem selten, dass ein Flugzeug in Spielfilmen eine wichtige Rolle einnimmt, wenn es nicht gerade eine Concorde, Boeing 747 oder die Airforce One des US-Präsidenten ist. Aber die Schweizer Porter machte gleich mehrfach Hollywood-Karriere. Etwa in dem James-Bond-Film „Goldeneye“. Damals musste 007 im freien Fall in die scheinbar abstürzende PC-6 einsteigen und sie wieder unter Kontrolle bringen. Im Streifen Air America mit Mel Gibson sorgt eine auf abenteuerlichen Buschpisten landende PC-6 für reichlich Action. Und im Thriller Drop Zone transportiert eine Porter die Bösewichte zu einem riskanten Raubüberfall per Fallschirmabsprung.
Einen Absprung von acht Springern aus einer der Turbo Porter gab es dann auch beim Event in Langenthal zu bewundern. Neben den wunderbar gepflegten Turbo Porter zog ein weiteres außergewöhnliches Exemplar beim Treffen die Blicke auf sich: Es ist die einzige noch fliegende Porter mit Kolbenmotor, die Nachbildung des Yeti-Porter aus einer Expedition vor mehr als 60 Jahren. Denn einen Teil seines legendären Rufs erwarb sich die PC-6 bereits durch einen der Prototypen, der als sogenannter Himalaya-Porter berühmt wurde. Mit dieser auf den Namen „Yeti“ getauften Maschine wurde 1960 eine eidgenössische Bergsteiger-Expedition in Nepal durch zahlreiche Transportflüge ins Hochgebirge unterstützt. Die Alpinisten wollten damals den 8167 Meter hohen Dhaulagiri erstmals bezwingen. Hierbei wurde auch ein Rekord für die höchstgelegene Landung eines Flugzeugs erzielt, denn diese später verunglückte Porter mit Sechszylinder-Kolbenmotor setzte auf 5700 Metern Höhe auf. Die der originalen Yeti-Porter nachempfundene Maschine mit der markant kurzen Motorhaube gehört den beiden Gastgebern des Events am Flugplatz Langenthal, den Piloten und Unternehmern Peter Daetwyler und Beat Roos aus der Schweiz.
Als in Langenthal beim Treffen mehrfach vertretene Turbo-Porter-Version hat die PC-6 hingegen bereits die charakteristische Langnase. Denn mit dem ursprünglichen Sechszylinder war die Porter zu wenig leistungsfähig. Deshalb erhielt die PC-6A-Version bereits 1961 zuerst eine französische Turbomeca Astazou II-Propellerturbine und drei Jahre später eine PT-6 von Pratt&Whitney als PC-6B verpasst. Deren heutige Version PT6A-27 ist mit 650 PS viel stärker als der ursprüngliche 340 PS Lycoming, hat aber dennoch weniger Gewicht. Deshalb musste damals die Rumpfnase deutlich in die Länge wachsen, um die leichte Turbine unterzubringen und den Schwerpunkt dennoch einhalten zu können. Das verleiht der Turbo Porter bis heute ein unverwechselbares Aussehen.
Beim Absetzen von Fallschirmspringern machen sich Turbo-Porter-Piloten gern einen Spaß daraus, die Maschine im Sturzflug nach unten fallen zu lassen und so die Springer im freien Fall zu überholen. Legendär ist die Porter auch wegen ihrer kurzen Start- und Landestrecken. Weniger als 500 Meter reichen zum Abheben über ein 15-Meter-Hindernis und noch weniger Landestrecke zum Aufsetzen. Beim Bremsen hilft zudem die Schubumkehr der Propellerturbine. Ebenfalls wichtig: Die Porter kann sehr langsam fliegen. Erst unterhalb von etwa 100 km/h gerät die Maschine in einen Strömungsabriss. Hohe Geschwindigkeit stand hingegen nie im Lastenheft weit oben. Mit etwa 240 km/h ist die Turbo Porter der letzten Baujahre eher geruhsam unterwegs. Dafür hat sie heute ein hochmodernes sogenanntes Glascockpit: Es versorgt den Piloten auf zwei Displays mit allen zum Fliegen wichtigen Infos. Für die Turbo Porter ist heute bei etwa 7500 Meter die Dienstgipfelhöhe erreicht.
Erst im vergangenen Jahr wurde die allerletzte Turbo Porter bei Pilatus neu an eine indonesische Airline ausgeliefert – stolze 64 Jahre nach ihrem Erstflug. Eine weltweite Aviatik-Erfolgsgeschichte über mehr als sechs Jahrzehnte hinweg fand damit ihren Abschluss.