Eine geniale Idee

Autor: Christian Frasz


Die Geschichte der Maserati mit Biturbo-Motor

Am 14. Dezember 1981 – zum 67. Geburtstag von Maserati – präsentierte Alejandro De Tomaso den Biturbo, der das Modeneser Unternehmen in ein neues Zeitalter und in eine neue Dimension führen sollte. Selbstbewusst wurde der Wagen als „die intelligenteste Antwort zur Wiedergeburt der italienischen GT-Fahrzeuge“ vorgestellt. Am Ende kam alles ein wenig anders. Doch Maserati gäbe es heute wahrscheinlich nicht mehr, hätte De Tomaso nicht den Biturbo gestartet.

Es hätte der Maserati für die breite Masse werden sollen

Ein „einzigartiges Automobil“, wie De Tomaso bei der Präsentation sagte. Das Design der keilförmigen Karosserie mit ihrer aggressiven Front, die von Pierangelo Andreani entworfen wurde, orientierte sich am Quattroporte III von Giugiaro und passte somit gut zur neuen Linie von Maserati. Potenzielle Kunden waren schlichtweg begeistert und begannen vom eigenen Maserati zu träumen. Vor allem deshalb, weil der Biturbo mit dem bei der Vorstellung angekündigten Preis von 16,7 Millionen Lire das erste „erschwingliche“ Auto mit dem Dreizack war. De Tomaso wollte von dem neuen Kompakten pro Jahr 9.000 Stück verkaufen.

Der Biturbo ist in einer sehr kritischen und extrem hektischen Phase von Maserati entstanden. Es war die geniale Idee des cleveren Industriellen, der damit Maserati das Überleben sichern und wieder kommerzielle Erfolge einfahren wollte. Die Geschichte und das Image von Maserati waren geprägt von Motorsporterfolgen, Straßenfahrzeugen mit leistungsstarken Motoren, effizienten Chassis und einem traumhaften Design – doch auch von massiven Finanzproblemen (siehe auch Austro Classic 2/2019). Als der neue Wagen vorgestellt wurde, war das Ergebnis am Ende ein Kompromiss: Es gab kein Geld und keine Zeit für eine gründliche Entwicklung und für Tests, dafür war aber der immense Druck, das Erbe und die Kultur der großen Marke in allen Ehren fortzuführen, da. Wären vom Biturbo wie vom Kyalami nur 200 Stück produziert worden, wäre er längst in Vergessenheit geraten. Da aber mehr als 40.000 Stück des Biturbo wie auch all seiner Varianten und Modelle bis hin zum 3200 GT in gut zwei Jahrzehnten gebaut wurden, sind diese Fahrzeuge wichtiger und zentraler Teil der 110-jährigen Historie der Marke mit dem Tridente.

Turbulente Zeiten

Wie ging die Geschichte los? De Tomaso konnte Maserati 1975 übernehmen, da Citroën – nachdem die Firma von Peugeot gekauft wurde – die Italiener loswerden musste und die Marke mit dem Dreizack wieder einmal so gut wie Pleite war. Die Franzosen hatten die Anteile an der Modeneser Marke ab 1967 von Adolfo Orsi nach und nach übernommen und wollten einen Techniktransfer im Bereich des Motorenbaus. Das wichtigste Ergebnis war der Motor im SM, den Giulio Alfieri in nur drei Wochen konstruierte (Typ 114).

Doch die Verkaufszahlen des SM lagen weit unter den Erwartungen von Citroën, was zum einen an der komplexen Technik des Wagens und seinem Ruf der Unzuverlässigkeit lag, und zum anderen an der wirtschaftlichen Situation Anfang der 1970er. Der Ölpreisschock und die daraus resultierende Krise ließen den Markt für teure Luxus- und Sportwagen zusammenbrechen. Andere Marken, wie Jensen, Iso, Monteverdi, Aston Martin oder Jaguar, spürten das genauso wie Citroën beim Projekt SM oder Maserati. 

Der Bau der Motoren und die Entwicklungsarbeit für Citroën war für die Modeneser überlebenswichtig. Die Zahl der Mitarbeiter stieg in den Citroën-Jahren von rund 300 im Jahr 1968 auf mehr als 800 Personen. Solange pro Tag 40 Stück des SM-Triebwerks produziert wurden, war das Werk ausgelastet. Doch mit der Einstellung 1974 gab es mit der Fertigung der eigenen Modelle für die Arbeiter zu wenig zu tun. Denn 1975 baute Maserati nur noch den Bora (1971 vorgestellt), den Khamsin (1972 präsentiert) und den Merak (ab 1972). 1975 wurden lediglich 478 Fahrzeuge produziert.

Nationale Agenda

Die Situation für die Marke mit dem Dreizack war also mehr als ernst. Peugeot erklärte, sollte sich kein Käufer für Maserati finden, werde man die Firma liquidieren und die Arbeiter entlassen. Als Preis wollten die Franzosen vier Milliarden Lire. Doch das Schicksal Maseratis wurde zu einer nationalen Agenda: Die Italiener wollten und konnten sich nicht vorstellen, dass es die Traditionsmarke mit der erfolgreichen Rennhistorie (an den fulminanten letzten WM-Titel mit Fangio 1957 mit dem 250F konnten sich noch viele erinnern) zusperrt. Die Arbeiter gründeten ein Verteidigungskomitee und besetzten das Werk. Von den Gewerkschaften, der Handelskammer, allen politischen Parteien und der Stadt Modena wurde ein an die Regierung gerichtetes Memorandum verfasst, in dem der Weiterbestand gefordert wurde.  Am Ende schaltete sich die Regierung ein und konnte die von Peugeot verkündete Liquidation um sechs Monate verzögern. Die Auffanggesellschaft GEPI (Gestione e Participazione Industriale SpA) zum Erhalt systemrelevanter Industriearbeitsplätze hat in dem von einer Rezession geplagten Italien Peugeot ausgezahlt, und damit kam der clevere Alejandro De Tomaso ins Spiel, der sich bei der GEPI schon als „erfolgreicher“ Sanierer von Benelli und Moto Guzzi einen Namen gemacht hatte. 

De Tomaso ging es jedoch weniger um den Erhalt der Arbeitsplätze, sondern mehr um die Ikone Maserati, die er schon 1968 haben wollte. Was ihm beim ersten Versuch nicht gelang – auch aufgrund des Einspruchs des einflussreichen Giulio Alfieri, der seit 1953 als Chefingenieur und für den 250 F oder den 3500 GT verantwortlich war –, schaffte er schließlich 1975. In den Verhandlungen hielt er die Auffanggesellschaft jedoch so lange hin, bis diese seine Bedingungen akzeptierte, und dazu gehörte auch der Abbau der Hälfte der Belegschaft. Er bekam für kolportierte – umgerechnet – 1.000 Euro 30 Prozent der Anteile und die volle Kontrolle über Maserati, die restlichen 70 Prozent hielt die staatliche GEPI. Omer Orsi verblieb in seiner Funktion als Geschäftsführer. Zusätzlich wurde ihm angeboten, nach sechs Jahren das Unternehmen ganz zu übernehmen. Es herrschte Partystimmung in Modena, der Fortbestand von Maserati war gesichert. Eine der ersten Amtshandlungen De Tomasos als Maserati-Boss war, Giulio Alfieri hochkant rauszuschmeißen und stattdessen Aurelio Bertocchi einzusetzen.

Neue Modelle

De Tomaso machte sich sofort daran, die Modellpolitik zu ändern. 1976 wurden in der Viale Ciro Menotti gerade noch 160 Autos in aufwendiger Handarbeit zusammengebaut. In Modena entstanden nur die Fahrgestelle und Motoren, die Karosserien wurden von den Spezialisten in und um Turin produziert. Alles lief aufwendig und teuer ab, zudem kam die Kritik auf, dass die sehr sportlich ausgerichtete Modellpalette mit Bora, Merak und Khamsin an der klassischen Maserati-Kundschaft, die es auch gediegen haben wollte, vorbeiging.

Deshalb war das erste Modell unter der Leitung De Tomasos ein klassischer GT: der Kyalami (benannt nach dem Sieg von Pedro Rodriguez mit einem Cooper-Maserati auf gleichnamiger Rennstrecke 1967). Leider fehlte das Geld für eine Neuentwicklung, sodass auf den De Tomaso Longchamp zurückgegriffen wurde. Die Karosse wurde an Front und Heck (mit den Rückleuchten des SM) von Pietro Frua neu designed, der Innenraum wurde anders gestaltet und statt eines US-V8 wurde der 4,2-Liter-Maserati-V8 und später dann der 4,9-Liter eingebaut. Mit dem Kyalami wollte man an den Mexico und den Sebring anschließen.

Vom Merak kam die stärkere Version „SS“ mit 220 PS auf den Markt, um leistungs- und geschwindigkeitsmäßig mit den Konkurrenten Ferrari 308, Lamborghini Urraco oder Porsche 911 SC mithalten zu können. Zusätzlich gab es für den italienischen Markt ab 1976 eine 2-Liter-Version mit 170 PS. Damit sollte der Preis am Heimmarkt für einen Merak deutlich niedriger werden. Denn für Fahrzeuge mit bis zu 2.000 Kubik zahlte man 20 Prozent Steuern, bei Autos mit mehr als 2 Liter Hubraum musste man 38 Prozent berappen.

Und schließlich kam 1979 der 4porte (später Quattroporte und Royale), der immerhin bis 1990 parallel zum Biturbo produziert wurde. Die fast fünf Meter lange Limousine wurde mit mehr als 2.100 Stück ein Bestseller. Der 4porte war auch der letzte Maserati, in dem der V8 (mit 4,2- oder 4,9-Liter), der sich auf den 450 S-Rennwagen der 1950er zurückführen ließ, eingebaut wurde. Die Plattform für den 4porte kam vom Kyalami (also eigentlich vom De Tomaso Longchamp beziehungsweise von der Deauville), das Design stammte von Giorgietto Giugiaro (ItalDesign).

Dank dieser ersten Maßnahmen ging es auch mit den Produktionszahlen wieder kontinuierlich bergauf: Nach dem Tiefstand von 1976 wurden im darauffolgenden Jahr schon fast 300 Autos montiert und 1980 waren es sogar 550. Doch der große Wurf stand noch aus: Ein kleiner GT zu einem Preis, der weit unter jenem der exklusiven Modelle liegen sollte. Erstmals soll von diesem Projekt Ende 1976 gesprochen worden sein: Generalmanager Aurelio Bertocchi (der 1985 verunglückte) erwähnte die Pläne gegenüber Journalisten. Er sprach davon, dass der neue Wagen für eine junge Kundschaft gedacht sei, mit einem steuerlich begünstigten 2-Liter-Motor mit vier Ventilen.

Neue Anforderungen

Der Markt für Sportwagen hat sich Ende der 1970er-Jahre massiv geändert: Die gestiegenen Benzinpreise, auch ein neues ökologisches Denken, Geschwindigkeitsbeschränkungen und das Thema Verkehrssicherheit beschäftigten die Käufer. Downsizing wurde auch von anderen Herstellern – wie bei Porsche mit dem 924 – betrieben, und De Tomaso glaubte, darin die Lösung für den kommerziellen Erfolg von Maserati gefunden zu haben. Der neue Wagen sollte die Quadratur des Kreises erfüllen: italienisches Design und Luxus, Platz für vier Personen und ein akzeptabler Kofferraum, ein starker Motor mit weniger als zwei Liter Hubraum, der die von Maserati gewohnten Fahrleistungen ablieferte, und die Zuverlässigkeit deutscher Autos (!!!). Bei all dem durften die Produktionskosten nicht explodieren, damit der Preis im Vergleich zu BMW, Mercedes, Alfa oder Porsche nicht zu hoch war. Damit war klar, dass man bei Maserati weg von der Manufakturarbeit hin zur industriellen Fertigung musste.

De Tomaso stellte sich fünfstellige Produktionszahlen im Jahr vor. Ein schwieriges Unterfangen für ein Unternehmen, das bislang zwischen 201 (1959) und maximal 681 Fahrzeuge (1968) hergestellt hatte. Der Firmenchef wollte pro Tag 38 Autos montieren, mit der Möglichkeit einer Ausweitung auf 60 Stück. Im Maserati-Werk wurden zu dieser Zeit gerade mal zwei bis drei Autos pro Tag zusammengeschraubt, sodass viele an diesen Ankündigungen zweifelten. Doch De Tomaso hatte bereits so viele Unternehmen im automotiven Bereich angesammelt, dass dies möglich sein sollte. Zudem hatte er die staatliche GEPI in der Hinterhand, für die er ja Arbeitsplätze und das Überleben diverser Firmen sichern sollte. Mit einem bescheidenen Entwicklungsbudget machte man sich in Modena an die Arbeit. Und egal, ob Technik oder Design, De Tomaso gab die Richtung vor und Befehle aus, er akzeptierte die Empfehlungen und das Wissen seines Teams vielfach nicht. Giordano Casarini sagte einst über ihn, De Tomaso sei der intelligenteste Mensch gewesen, den er je kennengelernt hätte, doch er hätte auch ein super Ego gehabt. Andere Zeitgenossen nannten ihn „Bonaparte (in Anspielung auf Napoleon) in einem dunkelblauen Blazer“.

Der neue Wagen

Für das Design war Pierangelo Andreani verantwortlich. Dieser war im hauseigenen Style Center beschäftigt, nachdem ihn De Tomaso von Pininfarina wegengagiert hatte. Vorgabe für den neuen GT war das Styling des 4porte. Details im Innenraum, die Front mit dem markanten Kühlergrill und am Heck die rechteckigen Rückleuchten waren de facto die Vorlage, auch im Innenraum setzen sich die Designelemente des 4porte fort. Der erste Prototyp war 1977/78 fertig.

Mit der Entwicklung eines Motors wurde Ermanno Cozza, der seit 1951 bei Maserati war, beauftragt. De Tomaso wollte einen V6, ohne dem Entwicklungsteam zunächst mitzuteilen, für welches Fahrzeug. So glaubten die Konstrukteure, es soll ein Innocenti mit Maserati-Motor entstehen. Erst später offenbarte De Tomaso dem Team seine Pläne mit dem neuen, kleinen GT. Vorlage für das Triebwerk war jenes vom Merak V6 mit zwei Liter, das vom SM stammte. De Tomaso musste auch hier Geld sparen und hoffte, das Triebwerk übernehmen zu können. Damit waren die Grundzüge für den Motor vorgegeben und es blieb bei dem für einen V6 ungünstigen Zylinderwinkel von 90 Grad. Was dann am Ende die Konstrukteure ablieferten, hatte mit dem SM/Merak-Motor nicht mehr viel zu tun: 1.996 ccm Hubraum; Bohrung 82 mm, Hub 63 mm; ein neuer, von Maserati Anfang der 1970er selbst entwickelter (und patentierter) Zylinderkopf mit drei Ventilen (zwei Einlass- und ein Auslassventil); eine Nockenwelle pro Kopf mit Zahnriemenantrieb.

Turbo kommt

as Triebwerk leistete zu Beginn nur 140–150 PS, was für De Tomaso und einen richtigen Maserati zu wenig war. Giordano Casarini, ein ehemaliger Ferrari-Mann, arbeitete einige Jahre in den USA für die Firma Spearco, die auf den Einbau von Turbos in Sportwagen spezialisiert war. Er brachte das Wissen mit, um die Maserati-Motoren aufzuladen. De Tomaso engagierte ihn 1976, da er selbst von den neuen Leistungsmöglichkeiten von Turbomotoren begeistert war. Die ersten Turbos waren auf dem Markt (Porsche 911, Saab 99 oder BMW 2002) und Renault mischte mit den Turbos die For-mel 1 auf und gewann auch in LeMans, was Ex-Rennfahrer De Tomaso natürlich gefiel.

Casarini baute also für Testzwecke einen Turbo der Firma KKK in einen gelben 3-Liter-Merak ein. Die Legende besagt, dass Casarini bei Probefahrten durch die Straßen Modenas röhrte, als De Tomaso zufällig daher spazierte. Als er den Wagen sah, war er zunächst wütend, da er keinen Auftrag für dieses Experiment gab. Nachdem er den Wagen dann selbst fuhr, war er so begeistert, dass er Casarini beauftragte, den eher brustschwachen 2-Liter-V6 für den neuen GT mit einem Turbo mehr Leistung einzuhauchen. Der Ingenieur testete zwei Varianten: einen Monoturbo – der Lader saß zwischen den Zylinderbänken des V6, was zu thermischen Problemen führte und deshalb verworfen wurde – und einen Doppelturbo mit zwei kleinen IHI-Ladern links und rechts vom Motor. Diese Variante setzte sich durch. Der Ladedruck wurde auf 0,8 Bar begrenzt, sodass 180 PS mit 255 Newtonmeter bei 3.500 Umdrehungen rauskamen.

Für die Gemischaufbereitung war ein Weber DCNVH 36 Doppelvergaser mit manuellem Choke zuständig. Das Entwicklungsteam um Bertocchi empfahl die Verwendung einer Einspritzanlage wegen der Turboaufladung. De Tomaso lehnte das vehement ab, obwohl Maserati schon beim 3500 GT als einer der ersten Autohersteller eine Lucas-Einspritzung eingebaut hat und große Erfahrung in diesem Bereich hatte. Er meinte lapidar: „Wenn man mit einer Einspritzanlage Probleme hat, dann steht man. Wenn die Vergaser Probleme machen, kann diese jeder Mechaniker einstellen und man kann weiterfahren.“ Der Vergaser musste in ein Spritzguss-Gehäuse gesteckt werden, damit der Ladedruck möglichst konstant blieb. Doch am Ende verursachten gerade die Vergaser große Schwierigkeiten.

Parallel wurde an der Ausweitung der – nun industriellen – Produktionsanlagen gearbeitet. Das Geld dafür kam vom Staat. Die Karosserien wurden in der Innocenti-Fabrik, die De Tomaso sich 1976 krallte, in Lambrate hergestellt. Neue Presswerkzeuge und Produktionslinien wurden eingerichtet und eine neue Lackieranlage und eine Tauchanlage für den Rostschutz. 200 neue Arbeiter wurden dafür eingestellt, was die GEPI natürlich freute. Ebenso wurde die Motor- und Fahrwerksproduktion in der Viale Ciro Menotti aufgerüstet: 150 neue Mitarbeiter bauten die Motoren und die Fahrwerkskomponenten zusammen, die dann Richtung Mailand zu Innocenti gebracht wurden, wo die Biturbos komplettiert wurden.

Bei den Tests, von denen zu wenige gemacht wurden, weil De Tomaso nicht wollte, dass die Presse Prototypen des neuen Wagens sah, und weil einfach zu wenig Geld für ein gründliches Entwicklungsprogramm vorhanden war, traten bereits erste Probleme auf. Vor allem die Thermik des Motors mit dem relativ geringen Ölinhalt von nur 5,5 Litern machte Probleme wie auch die Abstimmung der Vergaser. Zudem musste die Fahrwerksgeometrie an der Vorderachse korrigiert werden, sodass ein eher schwammiges Fahrgefühl entstand.

Es geht los

1981 war der Wagen fertig (meinte De Tomaso), und alle waren bei der Präsentation zunächst einmal ziemlich zufrieden.

Das italienische Magazin „Auto-Capital“ konnte als erstes Fahreindrücke mit dem 215 km/h schnellen und 1.085 Kilo schweren Biturbo sammeln und kam zu folgendem Fazit: „Der Wagen verlockt zu enthusiastischen Bemerkungen. Die Zeit wird seine Fehler und Schwächen aufdecken, aber zweifellos ist der Biturbo ein bemerkenswertes Auto, das es seiner Konkurrenz schwermachen wird.“

Bei der Pressekonferenz im Hotel Canal Grande in Modena, in dem De Tomaso wohnte, über der Bar sein Büro hatte und das ihm auch gehörte, sagte dieser, die italienische Autoindustrie leide unter einer schwierigen Krankheit: Die Wagen seien unzuverlässig, mit schlechtem Finish und lieblos produziert. Deswegen habe er versucht, ein neues Konzept umzusetzen: Einen Wagen für einen Connoisseur, der schnell sei und hervorragend verarbeitet – und der eine berühmte Marke repräsentiert. Und das alles noch zu einem niedrigen Preis.

Das erste Urteil der Tester von Auto-Capital noch bei der Präsentation war voller Lob:

Styling: Ähnlich der 3er-Reihe von BMW, aber kürzer, breiter, tiefer – und hübscher.

Innenraum: Viel Platz für einen GT, aber wenig für einen Viersitzer. Zehnmal luxuriöser als VW GTI oder BMW 320. Die mit Samt bezogenen Sitze sind sehr komfortabel, das Armaturenbrett und der Mitteltunnel sind mit Leder bezogen. Das Instrumentenbrett ist mit zu viel Plastik geschmückt, die Lüftungsdüsen kommen direkt von Fiat. Der Kofferraum reicht für eine Fahrt ins Wochenende.

Temperament: Sanfte und beeindruckende Beschleunigung (0 auf 100 km/h in 6,5 Sekunden). Das Fahrwerk in bester Maserati-Tradition.

Preis: ein bemerkenswert gutes Auto für den Preis.

Begeisterung

Der neue Biturbo löste Begeisterung aus: Die ersten 236 Bestellungen trudelten innerhalb von fünf Tagen nach dem Launch ein, bis zum Jahresende 1981 kamen weitere 100 dazu. Viele Käufer leisteten eine Anzahlung, ohne den endgültigen Preis zu kennen. Bis zum Genfer Autosalon im März 1982 kamen weitere 1.000 Bestellungen hinzu, und diese Zahl verdoppelte sich binnen weniger Wochen nochmals.

Vor allem der Preis war verführerisch: In Italien sollte der Wagen 16,7 Millionen Lire kosten. Das war der gleiche Preis wie etwa für das Lancia Gamma Coupé oder die Hälfte wie für einen Porsche 911 SC. Auch für einen Merak musste man das Doppelte zahlen, und der Kyamlami kostete drei Mal so viel. Um dieses Geld gab es den Nimbus des ersten Doppelturbos in Serie und den exklusiven Maserati-Dreizack. Der Wagen wurde nicht – wie von De Tomaso versprochen – schon im März 1982 – ausgeliefert, die Käufer mussten sich noch bis Juni gedulden, da die Produktion erst im April so richtig angelaufen war. Auch der verlockende Preis konnte nicht gehalten werden. Im April 1982 stieg der Preis zunächst auf 19 Millionen und dann im Sommer 1981 nochmals auf mehr als 22 Millionen Lire, was eine Steigerung von über 30 Prozent war.

Ungeachtet all dessen schossen die Produktionszahlen in der Viale Ciro Menotti in die Höhe: 1981 wurden nur 498 Autos gebaut (zwei Drittel davon waren Quattroporte), 1982 waren es bereits 2.265, und 1983 bereits 5.398. 1984 wurden sogar 6.356 Autos hergestellt. Das war absoluter Rekord für die Modeneser Marke. De Tomasos Idee schien zunächst aufzugehen.

Neuwagen mit Mängeln

Die Käufer, die den Wagen nicht wie Auto-Capital nur für einen Test, sondern länger hatten, kämpften hingegen mit wesentlich ärgeren Problemen, da die frühen Biturbos an Unmengen Kinderkrankheiten litten. Die Tests vor Produktionsbeginn waren unzureichend, es wurden zu wenige Kilometer mit den Prototypen und Vorserienfahrzeugen abgespult. Die Liste der Mängel war lang: Die Zahnriemen rissen, und die Zahnriemenspanner waren zu schwach dimensioniert. Motorschäden gab es deshalb zuhauf. Der Sicherungskasten (angeblich aus dem Fiat Ritmo) wurde heiß und schmolz, elektrische Kabel brachen, Nockenwellen und die Turbolader blieben stecken, da die Schmierung unzureichend dimensioniert war. Das Differential war zu schwach ausgelegt und konnte überhitzen. Hinzu kamen viele Verarbeitungs- und Materialmängel, das Dolce far niente und die fehlende Qualitätssicherung waren deutlich bemerkbar. Zusätzlich gab es noch Rost bei den frühen Fahrzeugen, da die Lackieranlagen in Lambrate noch nicht richtig funktionierten. Und dann war da noch das große Thema mit den Vergasern, das die Besitzer zur Weißglut brachte: War der Motor heiß, kam es zu einer Dampfblasenbildung, sodass der Biturbo nicht und nicht anspringen wollte.

Zur Entschuldigung des Biturbos muss gesagt werden, dass viele der neuen Maserati-Eigentümer mit dem Hochleistungsmotor nicht umgehen konnten. Viele Triebwerke starben, weil sie bis zum Gehtnichtmehr gedreht wurden oder weil die Empfehlungen im Fahrerhandbuch wie das Warm- und Kaltfahren ignoriert wurden. Giordano Casarini soll später gesagt haben, ausschlaggebend für die vielen Fehler waren die zu wenigen Tests, De Tomaso ließ die Biturbo-Käufer diese Arbeit für sich erledigen. Er wollte unbedingt so rasch wie möglich in Produktion gehen und ignorierte alle Ratschläge der Techniker.

In Österreich tauchte der Biturbo im Preisspiegel von Austro Motor zum ersten Mal im November 1983 auf. Der kleine Maserati mit dem 2,5-Liter-Motor der Exportversion wurde zum Verkaufsstart in Österreich mit „etwa 420.000 Schilling“ gelistet. Der Quattroporte, das letzte verbliebene Modell mit dem Dreizack, denn die Produktion von Khamsin, Kyalami und Merak war 1982 ausgelaufen (Restexemplare wurden jedoch weiterhin ausgeliefert), stand mit 955.000 Schilling in der Liste. Porsche wollte damals für den 911 SC 485.000 Schilling, ein 323 BMW kostete 240.700 Schilling, für einen Alfa GTV V6 mussten 276.900 Schilling hingeblättert werden. In der März-Ausgabe 1984 wurde der Preis schon auf 445.000 Schilling raufgesetzt, und ab 1985 wurde der Wagen schon mit 489.000 Schilling gelistet. Anzumerken bleibt, dass der Biturbo komplett ausgestattet war (mit Klima, Leichtmetallfelgen, vier Kopfstützen, elektrischen Fensterhebern, etc.), nur für die Metalliclackierung mussten 10.500 Schilling extra bezahlt werden. Importeur war Friedrich Wurmbrand (Wien), dessen Vertragspartner waren Auto Doscek (Wien), Auto Meisinger (Innsbruck) und Auto Ortner (Villach).

Ungeachtet der Probleme plante De Tomaso eine ganze Biturbo-Modellpalette, an der konsequent gearbeitet wurde. Jedes Jahr wurde was Neues vorgestellt.

Variantenreichtum

Zuerst entstand der stärkere S für den italienischen Markt, der im Juli 1983 präsentiert wurde. De Tomaso soll bei der Vorstellung der anwesenden Journalisten gesagt haben: „Seht euch den Bug ganz genau an, ab heute werdet ihr den Wagen nur noch von hinten sehen.“ Zwei Ladeluftkühler verhalfen dem Motor zu 205 PS (25 mehr als beim normalen Biturbo) und dem Wagen zu einer Höchstgeschwindigkeit von gut 220 km/h.

Am 14. Dezember 1983 wurde der Viertürer präsentiert. Eine Skizze dazu gab es bereits 1979. Er wurde zunächst nur mit dem 2,5-Liter-Triebwerk angeboten und im Frühjahr 1985 für den italienischen Markt mit dem kleineren Motor. Im Dezember 1985 gibt es dann auch das stärkere Triebwerk des S im Viertürer, zusätzlich zum manuellen Getriebe auch eine Automatik von ZF. Die Typenbezeichnungen lauteten Biturbo 420 und 425.

Der Spyder wird bei der Turiner Autoshow im November 1984 vorgestellt, verkauft wurde er erst im darauffolgenden Jahr. Ein viersitziges Cabriolet gab es schon 1982 von der Karosserieschmiede Embo auf Basis des Coupés, das Besucher der Messe in Turin begeisterte. De Tomaso beauftragte jedoch Zagato in Rho mit der Entwicklung des Spyder. Die Linien stimmten mit offenem und geschlossenem Verdeck, der Wagen wurde für Maserati zu einem glänzenden Geschäft.

Endlich Verbesserungen

Alles besser wurde mit dem Biturbo II, der ab März 1985 gebaut wurde. In den Prospekten wurde er als „le nuove generazioni“ bezeichnet. Er hatte alles, was der Biturbo von Beginn an haben hätte müssen. Die Turbos wurden mit Wasser statt mit Öl gekühlt, die Wasserpumpe wurde vergrößert, die Kupplung und die Zahnriemenspanner wurden verstärkt. Doch wichtiger war die neue „Maserati Automatic Boost Control“ (MABC). Sie regelte den Turbodruck und war ein Drehzahlbegrenzer, damit Überdrehen wie bei den frühen Modellen verhindert wurde. Die Nikasil-Beschichtung an den Zylinderwänden wurde verbannt, da sie sich löste. Eine wichtige Neuerung war das neue Sensitork-Differential. Dies war ein Torsen-Diff mit einer 90-prozentigen Sperre, für das sich De Tomaso diesen neuen Namen ausgedacht hatte. Im Innenraum wurde der eckige Armaturenträger durch einen gefälligeren, halbrunden ersetzt, zur Geräuschminderung gab es bessere Schalldämmung. Und die eckige Borletti-Veglia-Digitaluhr wurde durch die prächtige goldene Lassalle-Analoguhr, die die Umrisse des Maserati-Logos hatte, ersetzt.

Und so schlug sich der Biturbo in Tests: Das US-Magazin „Car & Driver“ testete 1986 einen 425 mit der 3-Gang-Automatik von ZF. Das Design sei klar wie ein italienischer Business-Anzug, ohne unnötigen Firlefanz, schrieben die Redakteure. Während andere Marken versuchten, funktionale Eleganz im deutschen Stil zu imitieren, gibt es im 425 exquisites, handgenähtes Leder. Die goldene Uhr am Armaturenbrett sei das Äquivalent eines diamantenen, kleinen Rings. Der 2,5-Liter-Motor war bereits mit den Ladeluftkühlern ausgestattet. Moniert wurde die Verwendung eines Vergasers: Verglichen mit einem Einspritzsystem sei dieses Setup ein paar Jahrhunderte hinter der Zeit zurück. Solange der 425 kalt sei, bockt der Wagen und stirbt auch ab. „Nichts ist so peinlich, wie einen Maserati an einer Ampel abzuwürgen, insbesondere mit einem Automatikgetriebe“, schrieb der Tester. Beim Beschleunigen (von 0 auf 100 km/h benötigte der Wagen 7,9 Sekunden) passierte in den ersten Sekunden zunächst mal nichts, erst bei 3.500 Umdrehungen brach „die Hölle los“.  Beim schnellen Fahren auf Landstraßen schlage die Federung regelmäßig durch, die Karosserie wanke. Auf den Sitzen rutsche man herum und werde nur von der Tür und Mittelkonsole gehalten. Im Vergleich mit einem 300 E von Mercedes fühle sich der 425 straff an, von der Präzision eines Audi 5000 sei der Maserati weit weg. Bis auf Styling und Ausstattung kam der Wagen in diesem Test des US-Magazins nicht gut weg.

Auto, Motor und Sport testete schon im Oktober 1985 einen 2,5-Liter Spyder: Außen rot mit einem dunkelblauen Dach – die einzige Verdeckfarbe. Schon bei der IAA in Frankfurt konnte der Wagen für sich in Anspruch nehmen, eines der schönsten und stilvollsten Ausstellungsstücke zu sein, der Biturbo Spyder besitze eine Ausstrahlung, der man sich nur schwer entziehen könne, die im Grunde schlichte Form sei einfach schön anzuschauen, meinte AMS. Verwindungsfest wie das Coupé sei der Spyder nicht, schlechte Straßen ließen den Aufbau spürbar erzittern, doch echte Cabriofahrer störe das nicht. Bewunderung gab es auch für das feine Interieur: Betont nobel und geschmackvoll, Leder, Wurzelholz und Alcantara waren gerade gut genug. Das Getriebe sei leicht zu schalten, doch die Verwendung des Vergasers führte auch bei AMS zu Verwunderung. Man habe ein in seiner Konzeption einmaliges Aggregat konstruiert, doch auch nach vier Jahren müssen sich Biturbo-Fahrer über Dampfblasenbildung und Vergaserruckeln ärgern. Lob gab es für die Kraftentfaltung des Motors: Sanft und ohne Verzögerung werde Druck aufgebaut, bei mittleren Drehzahlen lege sich der Kurzhuber mit enormer Durchzugskraft ins Zeug, so die wichtigsten Ergebnisse dieses Tests.

Ein neuer Partner

Die Entwicklungen der verschiedenen Modellreihen kosteten natürlich Geld, und zum Glück fand De Tomaso – zusätzlich zur GEPI – auch einen Financier, sonst wäre Maserati nicht über die Runden gekommen. Frisches Geld kam diesmal von Chrysler. Chrysler-Boss Lee Iacocca war ein alter Freund De Tomasos seit der Ford-De-Tomaso-Kooperation beim Pantera. Iacocca schwebte für seine Firma ein exklusives Topmodell vor, das in Zusammenarbeit mit den Italienern entstehen sollte. 1984 übernahm Chrysler 3,5 Prozent von Maserati, 1986 wurde die Beteiligung auf 15,6 Prozent erhöht. Die Dollars der Amis flossen in die Produktionsanlagen in Lambrate, und das Gegengeschäft war der Chrysler TC by Maserati, von dem gerade mal 7.300 Stück von 1989–1991 gebaut wurden.

Die Erwartungen der US-Manager an dieses Auto gingen nicht auf. (Iacocca wollte mit dem Wagen auf dem US-Markt gegen Mercedes SL und dem Cadillac Allante antreten.) Die Entwicklung verzögerte sich, die Qualitätsansprüche entsprachen nicht den Vorstellungen Chryslers, und am Ende erkannten die Kunden im „Touring Convertible“ kein italienisches Flair, sondern einen aufgehübschten Le Baron. Die US-Manager erkannten recht schnell, dass die Beteiligung an Maserati verlorenes Geld war und kaum was brachte. Noch bevor die ersten TC verkauft wurden, kündigte Chrysler das Joint Venture auf, und De Tomaso war somit wieder auf der Suche nach neuen Financiers.

Endlich Einspritzung!

Mit Ende 1986 wird die Weber-Marelli-Einspritzung verbaut. Weber lieferte das „Speed Density“-System und Marelli ein elektronisches Microplex-Steuergerät, über das auch der Ladedruck beeinflusst wurde. Maserati bezeichnete das System als das „kultivierteste Einspritzsystem, das bei einem Turbo-Motor jemals verwendet wurde“. Beim Zweiliter stieg die Leistung um 5 PS auf 185 PS. Im normalen Fahrbetrieb wurden endlich all jene Defizite, wie die Probleme beim Kaltstart, das Vergaserruckeln oder das Nicht-Anspringen-Wollen beim Warmstart, das die Besitzer zur Verzweiflung gebracht hatte, eliminiert. Und es konnten auch einfacher Katalysatoren verbaut werden, die in vielen Ländern aufgrund der neuen Umweltbestimmungen verpflichtend wurden. Äußerlich änderte sich nicht viel, nur am Heck erkannte man die neue Modellgeneration an einem i. De Tomaso wäre nicht De Tomaso gewesen, hätte er parallel zur Einführung der Einspritzung auf alle Modellreihen nicht noch schnell alle Vergasermodelle abverkauft.

Abschied vom Namen

Das Ende des Modellnamens Biturbo und die neue Generation der Biturbos wurde vom neuen Topmodell 430 eingeläutet. Präsentation war am 14. Dezember 1987. Damit wurde auch ein wenig Vergangenheitsbewältigung betrieben, man wolle das schlechte Image, das der Wagen aufgebaut hatte, ablegen. Der Markenname Maserati – der für hohe Qualität und distinguiertes Fahren stand – geriet mittlerweile in den Ruf, für lieblos und schlecht zusammengebaut und konstruierte Autos zu stehen. Von außen erkannte man diesen Bruch mit der ersten Generation am besten an den weicheren, abgerundeten Linien bei Grill, Scheinwerfern und Kotflügel. Für dieses Facelift verantwortlich war (nachdem Andreani Maserati verlassen hatte) Marcello Gandini.

Beim 430 wurde auf jeden Fall aber ein neues Kapitel punkto Qualitätssicherung aufgeschlagen. Dem Vorwurf, es wurde zu wenig getestet, wollte man sich nicht mehr aussetzen. Darum wurde bei der Vorstellung auf die tausenden Kilometer, auf denen der Wagen unter schwierigsten und unterschiedlichen klimatischen Bedingungen erprobt worden war, ganz besonders hingewiesen.

Was mit dem 430 begann, wurde 1988 mit dem neuen 222 fortgesetzt. Der Name Biturbo wurde in diesem Jahr sukzessive aus den Modellbezeichnungen gestrichen und es wurde eine neue, wunderbar logisch-unlogische Typenbezeichnung (wie etwa bei BMW heute) eingeführt. Bei der unüberschaubaren Modellpalette haben sich Käufer, Verkäufer und Maserati-Fans damals (wie auch heute noch) schwergetan.

De Tomaso wollte jede noch so kleine Nische bedienen. Ab dem Basiswagen 222, der alle optischen Neuerungen des 430 mit geänderten Stoßstangen, Außenspiegeln usw., wie auch die Verbesserungen des Innenraums mitbekam, wirkte alles hochwertiger. Unter dem Blech blieb es im Großen und Ganzen bei der 1987er-Evolutionsstufe des 2-Liter i. Es wurde mit dem neuen Namen auf jeden Fall die neue Ära eingeläutet. Nur der Spyder behielt seinen ursprünglichen Namen.            

Endlich wieder einen V8 gab es mit dem Shamal, der wie auch der Karif auf der kurzen Bodengruppe des Spyder gebaut wurde. Das Design des bei der traditionellen Pressekonferenz am 14. Dezember 1989 vorgestellten Autos kam von Gandini. Dem neuen Wagen wurde eine attraktive Aggressivität attestiert, doch irgendwie wirkte alles wie ein Biturbo schwer auf Botox. Bis 1996 wurden 369 Fahrzeuge produziert.

Zeitgleich mit dem 222 wurde auch der neue 4-Ventiler präsentiert. Erstmals kam der Motor mit 2-Liter-Hubraum im 2.24v ab 1990 rein. 245 PS wurden aus dem potenten Triebwerk gepresst, damit wurde die Maschine zum neuen Maßstab der Biturbo-Reihe. In welche Leistungsbereiche dieser 2.24v vordrang, zeigt ein Vergleich des Leistungsgewichts mit seinen sportlichen Konkurrenten: Der Ferrari 348 kam auf 4,6 Kilo pro PS, ein 911er Porsche 993 C2 auf fünf Kilo, und der 2.24v lag mit 4,8 Kilo pro PS genau dazwischen.

Der kleine Motor war natürlich für den italienischen Markt entworfen worden, für den Export wurde der 2,8-Liter (die Hubraumsteigerung des alten 2,5-Liter-Triebwerks wurde notwendig, da De Tomaso das Leistungsdefizit durch die Katalysatorpflicht, die schneller kam als er dachte, zu kompensieren versuchte) mit dem neuen Kopf entwickelt. Dieses Triebwerk entwickelt 279 PS und brachte den 222 4V in nur 5,9 Sekunden auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit stieg auf 255 km/h. Damit war dieses Modell auf jeden Fall schneller als der Karif und nicht viel langsamer als der überdrüber Shamal.

Der neue Partner

Für seine Ideen brauchte De Tomaso natürlich Geld. Die Dollars von Chrysler waren bereits erfolgreich verbraten worden, und nun brauchte Maserati wieder mal frisches Kapital. Die Produktionszahlen sind in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre kontinuierlich zurückgegangen: von 5.668 Stück im Jahr 1985 auf 2.975 im Jahr 1989. Vom ursprünglichen Ziel, an die 10.000 Maseratis pro Jahr herzustellen, blieb man in Modena also sehr weit entfernt …

1989 befand sich das Unternehmen erneut in einer sehr prekären Phase. Maserati war zu groß, um wie eine Automanufaktur geführt zu werden, doch zu klein und zu schwach, um sich am Markt etablieren zu können. Mit Fiat hoffte De Tomaso einen Partner gefunden zu haben, der Technologien und Händlernetz zur Verfügung stellt und zusätzlich auch Zulieferteile aus seinem Imperium bereitstellt. So kam es dazu, dass Fiat 1989 mit 51 Prozent bei Innocenti und mit 49 Prozent bei Maserati einstieg. De Tomaso bekam dafür großzügige Bankkredite.

1993 wird der 50.000 Maserati seit dem Rennwagen Tipo 26, der noch in der Garage der Brüder Maserati in Bologna gebaut wurde, produziert. Drei Viertel davon entfielen auf die Biturbo-Baureihe, 422 sind Rennwagen, mehr als 12.000 die „klassischen“ Maseratis, von denen der letzte der 4porte – Royale war, der 1990 eingestellt wurde. Die Modeneser Marke in der Viale Ciro Menotti produzierte im Jahr 1992 nur noch 1.246 Fahrzeuge, alle sind Derivate des 1981 präsentierten Biturbo. Die Stückzahlen sind seit dem Start des Biturbo kontinuierlich zurückgegangen.

Das neue Zeitalter

Als im Februar 1993 De Tomaso einen Schlaganfall erleidet, sieht er sich gezwungen, auch die restlichen 51 Prozent an Fiat abzutreten, was am 19. Mai geschah. De Tomasos Innocenti-Fabrik in Lambrate schloss (die staatlichen Förderungen mussten zurückgezahlt werden), und die Maserati-Karosserien wurden nunmehr bei Golden Car in Caramanga im Süden Turins gebaut und anschließend nach Modena zur Endmontage verfrachtet.

Obwohl Fiat ab 1989 bereits 49 Prozent der Marke gehörten, ließ man Maserati zunächst noch relativ unabhängig arbeiten und selbständig (miss-)wirtschaften. Das änderte sich mit der Komplettübernahme und Eugenio Alzati, der neuer Direktor wurde. Fiat schaute sich zuerst die Kosteneffektivität an und erkannte, dass – um irgendwie ausgeglichen bilanzieren zu können – einfach zu wenige Fahrzeuge bei den vorhandenen Produktionskapazitäten hergestellt wurden. Weiters kam man drauf, dass fast 1.000 (!) Fahrzeuge, oftmals schon zwei Jahre alt, in ihrer Auslieferung zwischen dem Werk, Importeuren und den Händlern unverkauft herumstanden. Das erklärt auch, warum man manche Modelle nach dem Auslaufen der Produktion noch in den offiziellen Preislisten fand.

Man wollte zuerst sämtliche Altlasten loswerden und mit neuen Modellen die Produktion und den Verkauf ankurbeln. Positioniert werden sollte Maserati in der Fiat-Hierarchie zwischen Alfa Romeo/Lancia und Ferrari. Die unübersichtliche Biturbo-Palette wurde auf ein einziges Coupé reduziert, nur der Spyder wurde noch bis 1994 weitergebaut.

Der neue Ghibli II war keine komplette Neuentwicklung, sondern erhielt die besten Komponenten der Biturbos. Der 2-Liter-Motor für Italien und einige Exportmärkte leistete nun gewaltige 306 PS (das zeigt, welch grandioses Triebwerk für den Biturbo konstruiert wurde), der 2,8-Liter hatte 281 PS (die Maschine des 222.4v). Präsentiert wurde er 1992 bei der Show in Turin, wo gleich 400 Bestellungen eintrudelten. Vom Ghibli wurden immerhin mehr als 2.300 Stück bis zum Jahr 1999 (bis alle Karossen und Teile endgültig aufgebraucht worden waren) gebaut: Der Biturbo schaffte mit diesem Modell den Sprung ins neue Jahrzehnt, nachdem die vorangegangenen Modelle – trotz der mehrmaligen Facelifts – doch schon veraltet aussahen und ihre Verbindung zum anfälligen, unausgegorenen Urmodell nie wirklich ablegen konnten.

Auf der auf 2650 Millimeter verlängerten Bodengruppe des Ghibli entstand die letzte Evolutionsstufe des Biturbo: der Quattroporte IV, der im Herbst 1994 vorgestellt wurde. Gandini hatte beim Design freie Hand und er erschuf das, was man sich von einem schnellen Viertürer mit dem Dreizack erwartet: Verbaut wurden der 2- und der 2,8-Liter-Motor, Fahrwerk, Federung und Getriebe stammten aus dem Baukasten, eine optionale Automatik kam 1995. Ab Dezember 1995 gab es dann auch den V8 aus dem Shamal, der überarbeitet wurde. Nach beinahe 1.700 Stück war zunächst Schluss, da schloss der neue Eigentümer (!) Ferrari die Fabrik. 1997 verkaufte Fiat-Auto Maserati an den Erzrivalen Ferrari, der zu 56 Prozent der Fiat-Gruppe gehörte und zu 44 Prozent der italienischen Mediobanca.

1995 kosteten in Österreich der Ghibli 890.000 Schilling und der Quattroporte 1.050.000 Schilling. 

Fiat übergab die Marke mit dem Tridente im Logo an den Modeneser Rivalen, um die Produktionslinie wie auch die Fabrik zu überarbeiten und auch, um mit den De Tomaso-Jahren endgültig zu brechen. Luca di Montezemolo war der neue Chef, und nach sechs Monaten und einem quasi Neuaufbau der Produktionsanlagen kam der Quattroporte als Evoluzione wieder. Ferrari sprach im Prospekt von 400 Verbesserungen. Leider fiel diesen Optimierungen auch die schöne Lasalle-Uhr am Armaturenbrett zum Opfer. Sie wurde durch eine profane Digitaluhr ersetzt, wie diese in den Anfängen des Biturbos eingebaut wurde. Zwei Fahrzeuge pro Tag sollten von den Bändern rollen, insgesamt entstanden vom Evoluzione bis April 2001 fast 2.400 Stück – davon mehr als 900 mit dem Ottocilindri.

Das Ende Biturbo-Ära

Mit Fiat im Rücken und Ferrari gab es wieder frisches Geld für einen neuen Wagen. Nachdem die Fabrik im März 1998 wieder aufsperrte, ging es mit dem letzten Modell mit einem Motor aus der De Tomaso-Biturbo-Ära los: Der von Giorgetto Giugiaros ItalDesign gezeichnete 3200 GT signalisierte den Bruch mit allem, was in den vergangenen zwei Jahrzehnten zuvor bei Maserati gebaut wurde. Im Oktober 1988 begeisterte der Wagen erstmals auf der Pariser Automesse, die Auslieferung startete im darauffolgenden Frühjahr.

Die Presse jubelte: Auto, Motor und Sport schrieb im Oktober 1998: Das erste vollkommen neue Maserati-Coupé seit 1982 gehe wie ein Ferrari und koste so viel wie ein Porsche. Der neue Wagen sehe tatsächlich so aus, wie sich intellektuelle, historisch versierte Italophile einen Maserati vorstellen, lautete das Lob. Und zur letzten Ausbaustufe des Biturbos meinte AMS: Ferrari habe den V8-Biturbo-Motor im Geiste der Maserati-Brüder weiterentwickelt. Der 3,2-Liter-V8 ziehe ohne bemerkenswerte Verzögerung ab, durch und an. Lange Ansaugwege, kleine, rasch ansprechende IHI-Abgas-Turbinen sorgen für das Ladedruckmaximum bei 2.000/min und ein breites nutzbares Drehzahlband, das mit einem Drehmoment von 442 Newtonmeter zwischen 2.700 und 5.500 Umdrehungen so elastisch sei wie ein La Perla-Damenmieder für Übergrößen.

Fast 4.800 Fahrzeuge wurden zwischen 1999 und 2001 verkauft. Dann war Schluss, und zum Ende gab es noch 250 Stück vom Sondermodell „Assetto Corsa“ mit Sportfahrwerk und breiteren Rädern. Dass der 3200 GT nach dieser kurzen Bauzeit eingestellt wurde, lag nicht an seinen Qualitäten und schon gar nicht am Motor. Die immer schärfer werdenden Abgasvorschriften machten dem Biturbo den Garaus, sodass dieser durch ein moderneres Aggregat – einem adaptierten 4,2-Liter-V8 von Ferrari – ersetzt wurde.

Die Biturbo-Zeit und De Tomaso-Ära sind bei vielen Maserati-Fans heute eher in schlechter Erinnerung. Vielleicht hängt das auch damit zusammen, dass De Tomaso mit seiner Übernahme der traditionellen Autoschmiede in der Viale Ciro Menotti zu sehr in die ursprüngliche Markenphilosophie mit viel Handarbeit hin zu einer industriellen Produktion eingegriffen hat. Für viele sind die Fahrzeuge der 1980er- und 1990er-Jahre – im Vergleich zu den Traumautos, die in Modena zuvor auf die Räder gestellt wurden – zu gewöhnlich, zu wenig extravagant oder auch zu wenig exklusiv. Dabei wurde der Biturbo mit jeder Weiterentwicklung besser, und der Ghibli II, der Quattroporte IV und am Ende der 3200 GT entsprechen voll und ganz dem, was man sich unter einem Maserati vorstellt.

Seine unglückliche Unternehmensstrategie hat dazu geführt, dass mit dem wirtschaftlichen Misserfolg Maserati seine weitgehende Unabhängigkeit verloren hat und im ehemals übermächtigen Fiat-Konzern aufgegangen ist. Doch diese bewegten und teilweise chaotischen Jahre haben am Ende das Überleben der Modeneser Marke gesichert.

Hätte De Tomaso Maserati nicht übernommen und mit seiner genialen Idee – dem Projekt Biturbo – über Jahre hinweg am Leben erhalten, wäre die Marke schon 1975 zugesperrt worden. Und es hätte wunderbare Autos wie den MC 12, den grandiosen Quattroporte V nicht gegeben wie auch den aktuellen MC 20 und den GranTurismo Trofeo, die in bester Maserati-Tradition – die vor mehr als 40 Jahren mit dem Biturbo begründet wurde – einen V6-Motor mit zwei Lader haben.

Die Biturbos in all ihren Varianten sind auf jeden Fall sehr interessante und schöne Autos mit einer für ihre Zeit innovativen Technik. All jene, die sich für eine der Biturbo-Varianten, einen Ghibli II, einen Quattroporte IV oder 3200 GT interessieren, sollten jetzt zuschlagen. Denn diese Modelle gibt es aktuell noch recht günstig.

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