Das Maß aller Dinge
Autor: Photos: Ulli Buchta, Standard Motor Club, Alfred Kantner, Wolfgang Artner (www.fotosartner.at), Hermann Tratnik, Manfred Sontheimer, Archiv Austro Classic

Wolfgang M. Buchta hat sich angesehen, was von 1903–1963 der Standard im britischen Automobilbau war.
Beginnen wir unsere Historie
gut 30 Jahre vor der Gründung der Firma, als dem Ehepaar Athol Edward und Kate Maudslay (geborene Kate Golder Lucas) am 1. September 1871 ein Sohn geboren wurde, der auf den Namen Reginald Walter getauft, aber meistens „Dick“ genannt wurde. Dass Reginald Walter einst seinen Weg in die Automobilindustrie finden würde, war keine Überraschung, denn Reginald war in eine Familie von Technik-Pionieren geraten.
Urgroßvater Henry Maudslay hatte nicht nur die Leitspindel-Drehbank zur Herstellung von Schrauben erfunden, sondern auch 1798 in Lambeth an der Themse ein Unternehmen – „Henry Maudslay and Company“, später auf „Maudslay, Sons and Field“ umbenannt – zur Produktion von Schiffsdampfmaschinen gegründet, die unter anderem in großer Stückzahl von der Royal Navy gekauft wurden. Auch die „SS Great Western“ wurde von einem Paar von Maudslay-Dampfmaschinen angetrieben.
1901 gründeten Onkel Walter H. Maudslay und dessen Sohn Cyril Charles die „Maudslay Motor Company“ zur Produktion von Bootsmotoren und erweiterten das Angebot 1902 mit der Produktion von Automobilen und Benzinlokomotiven.
Reginald Maudslay hatte aber nicht nur den familiären „Background“ für eine Karriere als Ingenieur, sondern seine Familie hatte auch die finanziellen Mittel für eine ausgezeichnete Ausbildung.
Seine Schulbildung bekam er auf einer exklusiven „Public School“* in Marlborough in Wiltshire.
Nach der Schule verschaffte ihm die Familie einen Ausbildungsplatz in der Bauingenieursfirma von Sir John Wolfe Barry (dessen Vater Sir Charles Barry der Architekt des Palace of Westminster, dem Sitz des britischen Parlaments, gewesen war) und dessen Partner Henri Marc Brunel, dem Sohn des legendären Isambard Kingdom Brunel. Die beiden waren unter anderem für die Konstruktion der Tower Bridge in London verantwortlich.
So ein Ausbildungsplatz war nicht billig, und so musste die Familie für die fünfjährige Ausbildungszeit bei Sir John Wolfe Barry die stolze Summe von 500 Guineas (525 Pfund) auf den Tisch des Hauses legen, was in etwa dem Jahreseinkommen eines hochqualifizierten Angestellten entsprach.
Natürlich schloss Reginald seine Ausbildung mit Erfolg ab – mit so großem Erfolg, dass sich Sir John Wolfe Barry sogar veranlasst sah, seinen Eltern 50 Pfund zu refundieren …
Trotzdem verließ der junge Herr Maudslay die berühmte Firma und machte sich – in Coventry – selbständig und gründete eine Automobilfirma.
Richtig gelesen! Er trat nicht in die Firma seines Cousins ein, die sogar seinen Namen trug, sondern gründete ein neues Unternehmen, für das er rasch ein paar Investoren fand: Sein „Lehrherr“ Sir John Wolfe Barry stellte sich mit einem Scheck über 3.000 Pfund ein, zwei seiner ehemaligen Kollegen beteiligten sich und in Summe kamen 5.000 Pfund Grundkapital zusammen.
Dick Maudslay ging die Sache systematisch an; er mietete eine kleine Werkstätte im Zentrum von Coventry und heuerte (von der Maudslay Motor Company) Alexander Craig an, der seine Ideen in die Realität umsetzen sollte.
Er erwarb einige kleine bis mittelgroße Automobile, um diese gründlich zu studieren und befand, dass in allen zuviel Handarbeit und „Bastelei“ steckte. „Sein“ Auto sollte da anders und solider werden und den Standard für andere setzen – damit war der Name gefunden.
I will name my car the Standard car! …
wird Mr. Maudslay zitiert. Ob der Satz wirklich so gefallen ist, ist unklar, aber der Name war geboren.
In „The Autocar“ vom 6. Juni 1903 findet sich eine kurze Erwähnung des ersten Wagens der neuen Marke und im Dezember des gleichen Jahres wurde der Wagen in einem fünfseitigen Artikel präsentiert.
Der Wagen hieß „Standard Motor Victoria“ und wurde von einem Einzylindermotor von1.006 ccm Hubraum mit einer Leistung von6 PS angetrieben, der sich unter dem Fahrersitz befand. Im Jahre 1903 wurden sechs Stück davon gebaut. Die Fertigung wurde im Folgejahr auf neun Exemplare gesteigert.
1904 kam mit dem Standard 12/15 HP der erste Zweizylinder heraus (1.926 ccm) und ein Jahr später folgte mit dem 16 HP ein Vierzylinder von 3.142 ccm Hubraum. Dieser wurde bald auf Standard 16/20 HP umbenannt.
Der Vierzylinder war bald das kleinste Modell, denn mit dem 18/20 HP hatte Standard noch im gleichen Jahr (1905) auch einen Sechszylinder von stattlichen 4.714 ccm im Angebot.
Die Motoren, die Standard in diesen Jahren im Programm hatte, waren die Stärke der Marke – ein Standard ihrer Zeit eben – und wurden auch anderen Herstellern angeboten. Die Motoren wurden sogar – heute unvorstellbar – beworben, dass Besitzer von Fremdfabrikaten ihren Motor durch einen von Standard ersetzen sollte, um „Fahrleistungen und Zuverlässigkeit“ zu verbessern.
1905 hatte Standard 16 Mitarbeiter und konnte stolz den ersten Export vermelden: Ein Wagen ging über den Atlantik nach Kanada. Auch auf der „London Motor Show“ war die junge Marke präsent und dort kam Maudslay mit dem Autohändler Charles Friswell in Kontakt. Friswell war als Importeur und Händler fürPeugeot erfolgreich und schlug Maudslay vor, ganz einfach die gesamte Produktion übernehmen zu wollen. Rasch war man sich handelseinig und Friswell wurde zum alleinigen Händler von Standard, die für ihn die Produktion auf zehn Stück pro Woche (hauptsächlich die großen Sechszylinder) steigern mussten, was eine Erweiterung der Fabrik erforderte.
1906 wurde das Angebot nach unten – 10 HP mit 631 ccm Zweizylinder – und oben – zwei Sechszylinder: 24/30 HP mit 5.232 ccm und50 HP mit gewaltigen 11.734 ccm – erweitert. Das Geschäft mit den großen Wagen boomte und die Fabrik musste neuerlich erweitert werden.
Ab 1907 hatte Standard gleich vier Sechszylinder – 15 HP (1.593 ccm), 20 HP (4.032 ccm), 30 HP (5.297 ccm) und 40 HP (6.167 ccm) im Programm.
Verkaufsgenie Charles Friswell (seit 1906 Sir Charles) war am Erfolg von Standard maßgeblich beteiligt und wurde für seine Verdienste um die Marke zum Chairman von Standard ernannt. Friswell verstand es, „seine“ Marke in höchsten Kreisen ins Licht der Öffentlichkeit zu setzen. Der „Imperial Press Conference“ im Jahre 1909 – einem Treffen von Politikern aus dem ganzen „British Empire“ in London – stellte Friswell20 Standard-Automobile zur Verfügung, was der Marke große Aufmerksamkeit verschaffte.
Gleiches gelang Friswell im Dezember 1911 beim „Imperial Durbar“ im Coronation Park in Delhi, wo traditionell der englische Monarch (1911 war dies HM King George) zum Kaiser von Indien gekrönt wurde. Nicht weniger als 70 Standard- Automobile – darunter einige Leicht-LKWs für die Tigerjagd – wurden per Schiff ins ferne Indien verbracht. Der Werbewert war enorm, aber die Verkaufserfolge in Indien blieben überschaubar.
Das war aber nur einer der Gründe, die die Beziehung zwischen Friswell und Maudslay trübten. Von seinen Erfolgen ermuntert, strebte Friswell die Übernahme von Standard an, was Firmengründer Maudslay nicht wirklich goutierte und daher einen neuen Partner suchte, der Friswells Anteil übernehmen sollte. Er fand diesen in Siegfried Bettmann, dem Gründer und Besitzer der Triumph Motor Cycle Co., womit die ÄraFriswell 1912 ihr Ende fand. Ein weiterer Grund der Trennung war vielleicht auch die geplante neue Modellpolitik. Friswell war den großen, repräsentativen Fahrzeugen zugetan, aber Maudslay hatte erkannt, dass große Stückzahlen eher mit kleinen, preiswerten Automobilen möglich waren, wie die Erfolge des10 HP Morris Bullnose deutlich zeigten.
Im März kam der Standard Rhyl – auch bekannt als Standard Model S oder Standard 9.5 HP – auf den Markt. Das „Light Car“ wurde von einem seitengesteuerten Vierzylinder von 1.097 ccm angetrieben mit 9.5 (Steuer-)PS. Im Gegensatz zu manchen Mitbewerbern, war das Model S kein typischer Kleinwagen der Zeit, sondern ein verkleinertes „richtiges“ Automobil, in typischer solider Verarbeitung, die man von Standard gewöhnt war. Im August 1913 wurde der Zweisitzer zum Preis von 185 Pfund – ein „Schwiegermuttersitz“ kostete zusätzliche 3 Pfund – angeboten. Im September 1913 wurde dieser „Kampfpreis“ auf 195 Pfund erhöht. Weitere Karosserieversionen – darunter auch ein 3 cwt Kastenwagen – waren auch erhältlich.
Bald war der Standard Model S das Hauptprodukt der Firma und bis 1915 wurden 2.000 Stück gebaut, von denen etliche in die entlegendsten Regionen des Empire exportiert wurden. So groß war der Bedarf, dass die Fabrik – wieder einmal – erweitert werden musste.
1914 kam … der Erste Weltkrieg, und so wie alle anderen Hersteller musste auch Standard auf Kriegsproduktion umstellen. Neben großen Mengen an Munition, war das Hauptprodukt der Kriegsjahre Flugzeuge für das „Royal Flying Corps“, die spätere „Royal Air Force“, von denen mehr als 1.200 Stück gefertigt wurden. Unter den gebauten Typen waren der von der Royal Aircraft Factory entworfene Fernaufklärer und Jagdflugzeug B.E.12, der Jäger Sopwith Pup oder der Bristol F.2B Fighter. Der letzte Auftrag – der bei Kriegsende storniert wurde – war über 300 Martinsyde F.4 Buzzard, dem wohl besten Jagdflugzeug seiner Zeit.
Um diese Menge an Flugzeugen bauen zu können, hatte Standard – mit staatlicher Unterstützung – in Canley am Stadtrand von Coventry ein großes Grundstück erworben und dort ein weitläufiges Werk errichtet.
Mit stattlichen Einnahmen auf dem Flugzeugbau und einem staatlich finanzierten Werk war Standard nach Kriegsende gut aufgestellt. 1919 wurden vorerst einmal weitere 200 praktisch unveränderte Model S produziert, ehe das Modell S durch das Modell SLS (LS = Long Stroke, Side Valve = Langer Hub, seitengesteuert), dessen Motor auf einen Hubraum auf 1.328 ccm vergrößert worden war.
Bereits 1921 wurde der Typ SLS durch den Typ SLO (Long Stroke, Overhead Valve = Langer Hub, obenliegende Ventile) mit 1.598 ccm und 11.4 Steuer-PS. Ein Jahr später folgte der SLO4 mit 1.307 ccm und 13.9 Steuer-PS.
Und die SLO-Typen verkauften sich gut. 1923 waren es 5.000 Stück und 1924 bereits über 10.000, was Standard zum Marktführer machte. Die verschiedenen Karosserieformen hatten klingende Namen mit geographischem Bezug, die wohl Fernweh erzeugen sollten: Canley und Coleshill (Zweisitzer), Kenilworth und Kineton (offene Viersitzer) und Piccadilly (geschlossene Viersitzer), alle auf dem kleineren 11.4 HP-Chassis. Die größeren Modelle auf dem 13.9 HP-Chassis hießen Leamington, Pall Mall, Portland oder Warwick. In diesen Jahren erfand Standard den Werbespruch „Count them on the Road“, um potentielle Kunden zu motivieren, im Straßenverkehr explizit auf die Produkte des Hauses zu achten.
Mit all dem Erfolg wurde das Management wohl übermütig und präsentierte im Oktober 1926 – in dem Jahr waren die Verkäufe dramatisch eingebrochen – mit dem 18/36 HP (später als 18/42 HP klassifiziert) den ersten Sechszylinder(2.054 ccm Hubraum) seit 1914. Ein schöner Wagen mit einem schönen Motor, der allerdings – es war weitgehend eine völlige Neukonstruktion – nicht durch besondere Zuverlässigkeit zu überzeugen wusste. Und der neue Sechszylinder war auch teuer, mit Preisen, die je nach Aufbau zwischen 345 Pfund und 435 Pfund lagen – entsprechend gering war die Nachfrage … Standard war (wieder einmal) in finanziellen Schwierigkeiten und musste sich mit Hilfe von Hausbank Barclays und dem bereits in die Jahre gekommenen Vierzylinder irgendwie über Wasser halten.
Die Retter in der Not
Per 1. März 1927 kam mit Alfred Wilde ein neuer Chefkonstrukteur ins Haus, der zuvor bei Hotchkiss und Morris gearbeitet hatte, und der musste gleich einmal mit einem neuen, preiswerten kleineren Modell die Situation retten.
Mit einem Vierzylinder von 1.159 ccm und einem RAC-Rating (Steuer-PS) von 8.9 HP sollte sich der Standard Nine glücklicherweise als Bestseller erweisen – nicht zuletzt wegen des Preises. Während die glücklosen Sechszylinder preislich bei 345 Pfund begannen und der große Vierzylinder um 260 Pfund erhältlich war, kostete der Standard Nine in der preiswertesten Ausführung 190 Pfund.
Der seitengesteuerte Vierzylinder hatte in der ersten Ausführung eine Leistung von 22 bhp und beschleunigte den kleinen – Länge 343 cm – Wagen auf eine Spitze von 80 km/h.
Noch im Jahr der Präsentation, also 1928, sollte der Standard Nine wachsen – im Haubraum auf 1.286 ccm, in der Motorleistung auf 25 bhp und in der Länge auf 370 cm – und wurde derart zum Standard Big Nine, der bis 1933 gebaut wurde, ehe er durch den Little Nine abgelöst wurde.
1929 trat der nächste „Retter“ in unsere Geschichte, und der kam ausgerechnet von Konkurrent Hillman. John Black wurde 1895 geboren, studierte Recht und diente im Ersten Weltkrieg zuerst in der Royal Navy und später im Royal Tank Regiment, wo er es bis zum Captain(= Hauptmann) brachte. Nach Kriegsende heuerte er als Verkaufsleiter bei Hillman an.
William Hillman, der Gründer der Firma, hatte sechs Töchter, und 1921 heiratete Captain Black Margaret Verena – und begann eine steile Karriere im Vorstand des Unternehmens und schließlich – gemeinsam mit Spencer Wilks (der Edith Kathleen Hillman geheiratet hatte) – als Managing Director.
Mit der Fusion von Hillman und Humber und der nachfolgenden Übernahme durch die Brüder Rootes sahen sowohl Black als auch Wilkes die Zeit gekommen, sich „nach neuen beruflichen Herausforderungen“ umzusehen. Wilkes ging zu Rover und Black zu Standard.
Black war ein erfahrener Sanierer aber – so sind sich die Quellen einig – ein schwieriger und launenhafter Chef. Wie es seine Aufgabe als Sanierer war, reduzierte er die Kosten dramatisch – durch eine Verkleinerung der Modellpalette und eine gleichermaßen drastische Reduktion der Anzahl an Mitarbeitern –, was seine Popularität im Unternehmen natürlich auch nicht verbesserte.
Alle „alten“ Modelllinien wurden eingestellt und der neue Standard Big Nine war das einzige Modell, das (in vielen Versionen) in Produktion blieb. Der Big Nine wurde als Limousine, offener Zweisitzer, offener Viersitzer und als 7cwt-Lieferwagen angeboten. Was dieser Zeit auch zum Opfer fiel (wohl weniger als Kostenreduktionsmaßnahme) war auch das traditionelle Logo am Kühler mit dem „Union Jack“, das im Modelljahr 1930 zum letzten Mal verwendet wurde.
Um die Stückzahlen zu erhöhen, forcierte Black auch den Verkauf von „running chassis“, also von Chassis mit Motor ohne Karosserie – an eigenständige Karosseriebauer, darunter an die Jensen Brüder, an Swallow oder an Avon, Gordon England – lauter Namen, von denen man später noch viel hören sollte. Der Verkauf von Chassis wurde bald zu einem wichtigen Geschäftszweig für Standard.
Eine besonders fruchtbare Geschäftsbeziehung sollte zwischen Standard und Swallow entstehen, für die Standard sogar eigene „underslung“ Chassis entwickelte und produzierte. Bekanntlich wurde aus Swallow ja SS und nach 1945 Jaguar …
Für das Modelljahr 1932 verkleinerte Standard den Nine und es kam der Little Nine mit einem auf 1.006 ccm verkleinerten Motor auf den Markt. Mit einem Preis von 155 Pfund für eine geräumige (für einen Kleinwagen), viertürige Limousine mit guter Ausstattung war der Little Nine natürlich ein Renner, sodass Standard bereits im Juni 1932 die geplante Jahresproduktion verkauft hatte.
Captain Black war firmenintern vielleicht nicht beliebt, aber die Zahlen geben ihm recht. Interessant sind die von Graham Robson in seinem Buch über Standard geschätzten Verkaufszahlen für die 1930er-Jahre (genau Zahlen sind –Stichwort: Coventry Blitz – aufgrund der Schäden durch die Luftangriffe auf Coventry im Jahre 1940 nicht vorhanden):
1930 7.000
1931 9.000
1931 9.000
1932 18.000
1933 20.500
1934 21.000
1935 22.500
1936 24.000
1937 34.000
1938 42.500
1939 53.500
Eine wahre Erfolgsgeschichte, die Standard zu einem der sechs größten britischen Automobilhersteller machte.
Mit so guten Zahlen konnte man auch wieder an eine Vergrößerung der Modellpalette denken, und bereits 1933 kamen wieder kleine Sechszylindermodelle heraus. Der Standard Little Twelve war ein „gestreckter“ Big Nine, der von einem kleinen Sechszylinder von 1.337 ccm (der vom Vierzylinder des Nine angeleitet war) angetrieben wurde. Der Standard Big Twelve hatte einen Hubraum von 1.497 ccm. Das Spitzenmodell war der Twenty mit 2.552 ccm Sechszylinder, der als siebensitziges Landaulette (von Karosseriebauer Mulliner) aber auch als Ambulanz angeboten wurde.
Königliche Patronanz bekam Standard durch Henry, Duke of Gloucester, dem dritten Sohn von König Georg V. und seiner Gattin Mary. Der Duke of Gloucester besaß einen Standard Sixteen und sollte später noch einen Flying Twenty erwerben.
1934 verließ Firmengründer Reginald Maudslay die Firma und verstarb bald darauf im Alter von 64 Jahren – damit war Black alleiniger „Herr im Haus“.
Für 1934 bekamen alle Modelle ein überarbeitetes Chassis mit neuer, flexibler Motoraufhängung. Der Standard Nine hatte jetzt 1.052 ccmHubraum und der Standard Ten einen von1.343 ccm. Unter der Bezeichnung „Atlas“ gab es von beiden Typen leichte Kastenwagen.
Für 1935 standen keine großen Änderungen an und Standard praktizierte etwas, das heute als „Plattformstrategie“ bekannt ist. Aus den gleichen resp. praktisch gleichen Komponenten wie Motore, Chassis und Karosserien entstanden eine Vielfalt von Modellen. Neu für 1935 war der Standard 10/12 Speed und Speedline. Dank des Sechszylinders aus dem Twelve (mit Doppelvergaser) im Chassis des Ten entstand ein sportliches Fahrzeug mit 45 PS (statt 38 PS), das für eine Spitze von 70 mph (112 km/h) gut war.
Nur Fliegen ist schöner!
Auf der Olympia Motor Show im Oktober 1935 wurde alles neu und alles anders, denn Standard präsentierte mit den „Flying Standards“ eine komplett neue Modellpalette.
Die „Flying Standards“ konnten natürlich nicht fliegen, aber waren, dem Zeitgeist entsprechend, stromlinienförmig gestaltet. Nicht so dramatisch wie ein Tatra 77 oder ein Burney Streamline, aber immerhin waren die „Flying Standards“ elegant geschwungen, niedrig und mit rundlicher Front und verlaufendem Fließheck – ausreichend, um die traditionellen Karosserien (die vom Mitbewerb, aber auch die eigenen) so richtig alt aussehen zu lassen.
Und es war eine ganze Modellpalette, die in den nächsten Jahren heraus kam: Flying Nine(1.131 ccm), Flying Ten (1.267 ccm), Flying Twelve (1.608 ccm), Flying Fourteen (1.608 oder 1.776 ccm) und Flying Twenty (Sechszylinder mit 1.664 ccm).
Standard hatte „richtig Geld“ in die Hand genommen und eine Kapitalerhöhung von 300.000 auf 500.000 Pfund vorgenommen und – aus Kapazitätsgründen – die Fertigung der Karosserien an drei große Karosseriebauer (Pressed Steel, Fisher & Ludlow und Briggs Motor Bodies) vergeben. Heute würden wir Outsourcing sagen …
Im Herbst 1935 wurden erst einmal drei Typen – Twelve, Sixteen und Twenty – präsentiert. Alle drei hatten mehr oder weniger die gleiche, viertürige Karosserie, allerdings hatte der Vierzylinder (Flying Twelve) einen Radstand von 108 Zoll (274 cm), während der Flying Sixteen und Twenty (beide Sechszylinder) einen Radstand von116 Zoll (294 cm) hatten. Die Preise begannen bei 259 Pfund, 299 Pfund resp. 315 Pfund. Beworben wurden die neuen Modelle mit „Streamlined for Speed and Beauty“ oder mit „Powerful and Silent in Performance“.
Publikum und Fachpresse waren begeistert – vom Aussehen der Flying Standards, aber die neuen Modelle waren nicht gerade billig. So kamen bereits Anfang 1936 mit den „Light Flying Standards“ abgespeckte Modelle auf den Markt, die statt Speichenräder „nur“ Pressstahlräder, kürzeren Radstand und kleinere Motoren hatten. Der Flying Light Twelve wurde schon um205 Pfund angeboten und der Light Flying Ten um 199 Pfund.
Im September 1936 wurden schließlich in der dritten Präsentationswelle die beiden wichtigsten Modelle präsentiert und die Umstellung auf die modernen Karosserien abgeschlossen. Flying Nine und Flying Ten waren mechanisch weitgehend ident, aber der Flying Nine war ein Zweitürer und der Flying Ten ein Viertürer mit einem um 5 Zoll (12,7 cm) längeren Radstand. Der im September 1936 präsentierte Flying Ten (verwandt mit dem Nine) hat übrigens nichts mit dem Anfang des Jahres präsentierten Flying Ten (abgeleitet vom Flying Twelve) zu tun – alles klar?
Ein absoluter Exote blieb das Spitzenmodell, der Standard Flying V-Eight, der im Oktober 1936 vorgestellt wurde. Der Standard Flying V-Eight war der einzige Pkw mit V8-Motor – mehr oder weniger aus zwei 10 HP-Vierzylinder zusammengesetzt – den die Standard Motor Company je gebaut hat. Der langhubige, seitengesteuerte V8-Motor hatte einen Hubraum vom 2.686 ccm und eine Motorleistung von 75 bhp – gut für eine Spitze von 80 mph (129 km/h). Die zeitgenössische Presse war beeindruckt und kein Geringerer als Sir Malcolm Campbell lobte den Wagen, aber in Wirklichkeit war der Standard Flying V-Eight ein Auto, das keiner wirklich braucht – vor allem zum Preis von 349 Pfund (der neue Ford 22 HP V8 kostete zum Vergleich 210 Pfund). Bis 1938 wurden rund 200 (nach manchen Quellen auch 250) Stück gebaut, die auch zum später reduzierten Preis von 325 Pfund schwer zu verkaufen waren. Als Fußnote der Automobilgeschichte: Einige „running chassis“ des Flying V-Eight wurden an den Rennfahrer Raymond Mays geliefert, der daraus den Raymond Mays 20 HP baute – von dem bis Kriegsbeginn vermutlich fünf Stück gebaut wurden … Mit über 50.000 gebauten Fahrzeugen – die meisten davon der Standard Flying Eight (nicht V-Eight!) – war 1939 das erfolgreichste Jahr der Firmengeschichte, aber wie wir wissen, begann am 1. September 1939 wieder einmal ein Weltkrieg …
Aber gehen wir zurück ins Jahr 1935, als die Möglichkeit eines Krieges bereits sehr greifbar und absehbar war, dass das Flugzeug im nächsten Konflikt eine wichtige Rolle spielen würde. Das „Air Ministry“, also das Ministerium für Luftfahrt, ersann das „Shadow Scheme“, ein Konzept, das „die Industrie“, vor allem die Automobilhersteller, mit staatlichen FörderungenFabriken bauen sollten, wo dann im Bedarfsfall – von qualifizierten Fachkräften – Flugzeuge und Flugmotoren gebaut werden sollten. Natürlich war auch Standard in das Shadow Scheme eingebunden.
Mit Kriegsausbruch wurde im Werk in Canley die Kriegsproduktion aufgenommen und es entstanden dort mehr als 1.800 Flugzeuge (vor allem vom Typ Airspeed Oxford und De Haviland Mosquito), 20.000 Bristol Mercury Flugmotore sowie Rümpfe (für Bristol Beaufighter), Zylinder, Vergaser, …
John Black war ab 1941 Vorsitzender des „Joint Aero Engine Committee“ und wurde im Juli 1943 für seine Verdienste geadelt. Ab diesem Zeitpunkt wünschte Black von allen Mitarbeitern als Sir John Black angesprochen zu werden.
Im Gegensatz zum Ersten Weltkrieg „durfte“ Standard auch im angestammten Feld des Automobilbaus während des Krieges tätig sein, wobei zwei Typen erwähnenswert sind: Auf dem Chassis des Flying Twelve konstruierte Standard einen leichten Pick-Up für eine halbe Tonne Nutzlast. Derartige „Light Utility Truck“ – „Tilly“ – genannte Typen wurde auch von Hillman, Morris und Austin gefertigt – bei Standard entstanden im Laufe des Krieges mehr als 10.000 Stück.
Als 1940 eine deutsche Invasion in Großbritannien drohte („Unternehmen Seelöwe“) und „richtige“ Panzerfahrzeuge rar waren, verfiel LordBeaverbrook, der Minister für Aircraft Production, auf die Idee, auf einem PKW-Chassis behelfsmäßige Panzerfahrzeuge bauen zu lassen. Da bei Standard 500 ungenutzte Chassis des Standard Twelve „herumstanden“, wurden diese rasch mit einer Behelfspanzerung versehen und an die Royal Air Force (zur Flugplatzverteidigung) und die Home Guard ausgegeben. In Summe sollten in vier Varianten rund 2.800 Stück entstehen.
Der Name dieser zwei Tonnen schweren und schwer zu fahrenden Konstruktion? Standard Beaverette, nach ihrem Erfinder Lord Beaverbrook.
Endlich Frieden
Nach sechs langen Kriegsjahren war dann irgendwann – genauer gesagt am 8. Mai 1945 (in Europa) – der Krieg zu Ende, und die letzten (Flugzeug-)Bestellungen wurden storniert.
Nach Kriegsende war Standard gut aufgestellt. Die militärische Produktion hatte reichlich Geld in die Kassen gespült, die Shadow Factories hatten – trotz der Zerstörungen im „Blitz“ von 1940 – die Fläche im Werk vergrößert und nicht zuletzt hatte Sir John Black bereits im November 1944 den (ehemaligen) Mitbewerber Triumph übernommen.
Triumph war 1902 von Siegfried Bettmann, einst Teilhaber von Standard (so schließt sich der Kreis) gegründet worden und ging den üblichen Weg vom Fahrradhersteller zum Motorrad, vom Motorrad zum Automobil und vom Automobil in den Konkurs, der für Triumph 1939 gekommen war. Der Schrotthändler Thomas W. Ward hatte die Reste der Firma erworben und gab Triumph jetzt an Sir John Black und Standard weiter.
Sir John sah Triumph wahrscheinlich als Ersatz für SS, denn Black hatte SS immer als Premiumlinie von Standard gesehen. Allerdings hatte William Lyons jetzt nicht nur beschlossen, SS in Jaguar umzubenennen, sondern auch seine eigenen Motore zu bauen. Da kam Triumph gerade recht …
Die Automobilproduktion nahm Standard nach Kriegsende mit den Vorkriegsmodellen Eight, Twelve und Fourteen auf, von denen bis Ende der 1940er-Jahre in Summe mehr als 110.000 Stück gebaut wurden.
Aber mittelfristig strebte Black an, ein einziges, komplett neues Modell zu bauen.
Von der Straße auf den Acker
Harry Ferguson wurde 1884 auf einem Bauernhof in Nordirland geboren, entwickelte sich aber bald zu einem „technischen Universalgenie“ und konstruierte Motorräder, Automobile, Flugzeuge und landwirtschaftliche Geräte. Bekannt wurde er vor allem für seine Traktore.
Was, so könnte man jetzt fragen, hat der tüchtige Mr. Ferguson mit unserer Geschichte zu tun? Ganz einfach: Harry Ferguson war mehr Erfinder als Industrieller und suchte nach Kriegsende eine Firma, die seine Traktore bauen könnte – und traf durch Zufall auf Sir John Black und Standard. 1946 war man sich – trotzdem zwei schwierige äh starke Charaktere aufeinander trafen – handelseinig, und von 1946–1956 baute Standard mehr als eine halbe Million Ferguson-Traktore, die liebevoll „Little Grey Fergie“ genannt wurden und verdiente blendend daran. Für eine Dekade wurde Standard im Wesentlichen vom Traktorbau finanziert.
Aber zurück zum Automobilbau und dem geplanten neuen Modell, das 1948 als Standard Vanguard (als Nachfolger aller jetzt eingestellten Vorkriegstypen) auf den Markt kam. Die erste Generation des Standard Vanguard war ein geräumiger Viertürer der Mittelklasse mit einem Vierzylinder von 2.088 ccm Hubraum und68 bhp. Über ein Dreiganggetriebe erfolgte die Kraftübertragung auf die Hinterräder. Ab 1950 gab es gegen Aufpreis einen Overdrive. Die Autozeitschrift „The Motor“ testete den Vanguard und erreichte eine Spitzengeschwindigkeit von126,6 km/h und einen Benzinverbrauch von 12,3 Liter/100 km. Im – umstrittenen – Styling der Pontonkarosserie war Konstrukteur Walter Belgrove offensichtlich von amerikanischen Vorbildern und/oder vom GAZ-M20 Pobeda beeinflusst.
Anfangs wurden die meisten Vanguard – nach dem Motto „Export or Die“ – exportiert und nur wenige kamen auf den Inlandsmarkt. Neben der Fließhecklimousine wurden von Vanguard auch ein Kombi und – in Australien – ein Pick-Up angeboten.
1952 wurde der Vanguard in einigen Details überarbeitet und jetzt als Vanguard Phase IA bezeichnet.
Wenn wir bei Standard von einem einzigen Modell sprechen, stimmt das nur für die Marke Standard. Während der Vanguard ein für seine Zeit höchst modernes Aussehen hatte, so wurden bei der Tochtermarke Triumph mit dem Triumph Roadster und den Limousinen 1800 Town & Country, Renown und Mayflower die traditionsbewusste Kundschaft versorgt.
Der Standard Vanguard Phase I und IA blieb bis 1953 im Programm. Es wurden fast 200.000 Stück gebaut und in alle Welt exportiert. 1953 wurden der Phase I durch den technisch praktisch unveränderten, aber optisch völlig neu gestalteten Standard Vanguard Phase II abgelöst. Das neue Modell war eine für die Zeit konventionelle Limousine mit abgesetztem Kofferraum. Bemerkenswert: Der Standard Vanguard Phase II war der erste britische PKW, der (auch) mit Dieselmotor (40 PS) angeboten wurde.
Der Phase II war ein Übergangsmodell, das bereits nach nur zwei Jahren durch den Phase III ersetzt wurde.
Der Phase III war komplett neu und hatte als erster der Serie eine selbsttragende Karosserie, die komplett von Pressed Steel entwickelt und produziert wurde. Auch die dritte Baureihe gab es als Limousine und als Kombi.
Motor und Getriebe wurden vom Vorgänger übernommen, aber der Phase III hatte vordere Einzelradaufhängung. „The Motor“ ermittelte die Fahrleistungen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 134,7 km/h und 21,7 s für die Beschleunigung von 0–100 km/h.
Als „Sparversion“, die wohl vor allem für Behörden gedacht war, wurde der Ensign angeboten, den es nur als viertürige Limousine gab. Die Einsparungen betrafen den Innenraum, den Chromschmuck und den Motor (1.670 ccm mit 60 bhp, ab 1960 auch mit Dieselmotor). Der Ensign wurde von 1957–1963 in weniger als 19.000 Exemplaren gebaut.
Aber auch „nach oben“ sah Standard einen Bedarf und brachte mit dem Vanguard Sportsman ein stärkeres (90 bhp) und luxuriöseres Modell heraus. Die Spitze wurde mit 146 km/h gemessen. Auch für dieses Modell blieb der Erfolg überschaubar. Nach nur zwei Jahren und weniger als 1.000 Stück wurde der Sportsman auch schon wieder eingestellt.
Der Phase III wurde 1958 durch den Standard Vanguard Vignale abgelöst, der seinen Namen vom italienischen Designstudio Vignale, das beim Facelift geholfen hatte. Der VanguardVignale unterschied sich vom Phase III lediglich durch kleine Details.
1960 kam die letzte Version des Vanguard heraus. Der Vanguard Six glich von außen seinem Vorgänger (bis auf die Beschriftung) völlig, hatte aber einen überarbeiteten Innenraum. Die große Neuigkeit war der Sechszylindermotor von1.998 ccm (aus dem Triumph 2000) mit 80 bhp, was dem Vanguar Six eine Spitze von 140 km/h gab. 1963 verschwand der Name Vanguard aus dem Angebot von Standard …
Der Eight kehrt zurück
Während wir uns dem Vanguard gewidmet haben, ist in Coventry einiges passiert.
1953 wurde Sir John Black als – heute würden wir sagen CEO - Direktor von Standard durch Alick S. Dick abgelöst und zum „Chairman“ von Standard-Triumph weggelobt. Und im Jänner 1954 wurde ihm vom Vorstand der Rücktritt nahegelegt – offiziell aus gesundheitlichen Gründen nach einem Autounfall …
Noch unter der „Regentschaft“ von Sir John hatte man erkannt, dass eine Ein-Modell-Politik vielleicht doch nicht so optimal war, und 1953 feierte der Kleinwagen Standard Eight seine Prämiere.
Außer dem Namen hatte der Standard Eight von 1952 nichts mit den Vorkriegsmodellen zu tun. Der Kleinwagen war eine völlige Neukonstruktion mit selbsttragender Karosserie und obengesteuertem Vierzylinder von 803 ccm und 26 bhp Leistung (30 bhp ab 1956) und Vierganggetriebe (ab März 1957 optional mit Overdrive).
Der Viertürer war Anfangs bewusst sparsam ausgestattet – kein von außen zugänglicher Kofferraum, nur ein Scheibenwischer, Schiebefenster, … Als „Chuzpe“ kann man wohl die Werbung für den eingesparten Kofferraumdeckel sehen – „staubdicht“! Die Höchstgeschwindigkeit lag bei 98 km/h.
Im Mai 1954 reichte Standard all den fehlenden Luxus nach und stellte den Standard Eight De Luxe vor, dem noch im gleichen Jahr ein auf948 ccm vergrößerter Motor folgen sollte. Motorsportliche Ehren erwarb sich der Kleinwagen bei der Rallye Monte Carlo mit einem Klassensieg im Jahre 1954. Bis 1959 wurden 136.317 Stück des Eight gebaut.
Bereits 1954 kam mit dem Standard Ten eine etwas stärkere (32 PS), etwas schnellere (111 km/h) und etwas besser ausgestattete Version des Eight auf den Markt. Karosserie und Getriebe waren ident, und neben dem Overdrive gab es ab März 1957 auch eine Halbautomatik.
Unglaublich aber wahr – Jimmy Ray und Brian Horrocks auf einen Standard Ten Werkswagen gewannen die RAC Rallye 1955. Das Handicap-System dürfte dabei etwas geholfen haben …
1955 kam mit dem Standard Ten Companion ein Kombi heraus, der einer der ersten britischen Kombis mit fünf Türen war.
Der Standard Ten wurde auch exportiert. In Skandinavien hieß er Standard Vanguard Junior, in Australien Standard Cadet und in den USA Triumph Ten. In Summe wurden vom Ten mit 172.500 Stück sogar etwas mehr als vom Eight verkauft, aber die Konkurrenten hießen Austin A 30/35 (knapp 578.000 Stück) und Morris Minor (1,6 Mio. Stück).
Der Nachfolger von Eight und Ten „scharrte bereits in den Startlöchern“ und wurde 1959 präsentiert – als Triumph Herald!
Eight (bis 1959) und Ten (bis 1961) waren die letzten PKW mit dem einst klangvollen Namen Standard, der von „vorbildlich“ zu „gewöhnlich“ geworden war, aber vielleicht für Nutzfahrzeuge …
1958 präsentierte Standard ein komplett neues Modell, einen Kleintransporter der auf den klangvollen Namen Standard Atlas hörte. Der Atlas wurde als Kastenwagen, als Kleinbus und als Pritschenwagen angeboten für eine Nutzlast von 10 cwt (510 kg) oder 12 cwt (610 kg). Der Atlas wurde vom Motor des Standard Ten(948 ccm) angetrieben, der sich zwischen den Sitzen befand und seine Kraft auf die Hinterräder abgab. Diese etwas schwächliche Motorisierung wurde bereits 1961 durch einen Vierzylinder von 1.670 ccm ergänzt.
Erinnern wir uns noch an die „Cash Cow“ namens Ferguson TE 20 (Traktor England 20 HP), den Traktor, den Standard in einer ehemaligen Shadow-Fabrik baute? 1953 fusionierte Ferguson mit dem kanadischen Traktorbauer Massey-Harris. Harry Ferguson verließ bereits ein Jahr später das Unternehmen und jetzt war Massey-Harris-Ferguson (ab 1958 Massey Ferguson) der Partner von Standard, und irgendwie war die Beziehung nicht so harmonisch, da beide der Ansicht waren, ein zu kleines Stück vom Kuchen zu bekommen.
Bis 1956 waren 517.651 TE 20 gebaut worden und die Beziehung der beiden Partner verschlechterte sich weiter, als Massey Ferguson versucht, Standard zu übernehmen.
Ab 1959 wurde es kompliziert, denn nicht nur Standard und Massey Ferguson, sondern auch Rootes, Rover, Chrysler und Renault kamen als Partner und/oder Kandidat für eine freundliche/unfreundliche Übernahme ins Spiel.
Schließlich erwarb Massey Ferguson um 12 Mio. Pfund das Traktorwerk – und schnitt Standard damit von seiner Haupteinnahmequelle ab, denn Standard hatte rund 3/4 seines Gewinns mit den Traktoren und nur 1/4 mit dem Automobilbau gemacht.
Schlussendlich konnte der Nutzfahrzeughersteller Leyland überzeugt werden, dass Standard-Triumph mit seinen PKW und dem Atlas Kleintransporter eine perfekte Ergänzung wäre und Ende 1961 erfolgte durch einen Aktientausch im Verhältnis 1 : 8 (1 Leyland-Aktie für 8 Standard-Aktien) die Übernahme.
1963 stellte Leyland die Marke Standard ein und führte nur die Marke Triumph – mit dem Triumph Herald und den erfolgreichen Sportwagen – fort. Das längste „Leben“ sollte der bescheidene Standard Atlas haben, der als Leyland 15 (15 cwt Nutzlast) resp. Leyland 20/20 cwt Nutzlast) bis 1968 (in Großbritannien) gebaut wurde. Nach dem Produktionsende in England wurden die Produktionsanlagen nach Indien verbracht, wo Ashok Leyland das Modell von 1970–1980 weiter baute.