Im Formel 1 auf Österreichs Bergen unterwegs

Autor: Text & Photos: Christian Sandler


Max Müller kauft sich Lewis Hamiltons Weltmeister-Boliden, den Mercedes F1 W08 Hybrid, aus dem Jahre 2017 und bestreitet damit die komplette österreichische Bergmeisterschaft des Jahres 2019. Eine Schlagzeile dieser Art ist in der Motorsportwelt des 21. Jahrhunderts nicht mehr möglich, aber so ähnlich hat sich eine Geschichte im Jahre 1969 zugetragen.

Franz Albert (1931–2017), genannt auch „Nockenfranz“, kaufte sich jenen Formel 1-Rennwagen, der Denny Hulme zum Weltmeistertitel 1967 verhalf. 

Der Held unserer Geschichte war ein bunter Hund in der Historie des Motorsports. Albert war nicht nur ein begnadeter Konstrukteur und Techniker, seine „scharfen“ Nockenwellen durften in keinem Rennwagen oder Sportwagen fehlen, sondern auch ein echter Racer. Begonnen hat er Anfang der 50er-Jahre mit Motorrädern und fuhr damit nicht nur Straßenrennen und Bergrennen, meistens auf staubigen Pisten, sondern auch Eisrennen und Sandbahnrennen in ganz Österreich und Bayern. Anno 1958 stieg Albert dann auf vier Räder um. Sein erster Rennwagen war für die damaligen Verhältnisse eine echte Waffe. Er kaufte sich von Ernst Vogel den Porsche 550-Spyder, jenes Fahrzeug mit dem Vogel von 1955–1957 österreichischer Meister wurde. Internationale Flugplatzrennen und Bergrennen waren ab jetzt die motorsportliche Heimat des umtriebigen Tirolers mit dem markanten Schnauzbart aus Wörgl. 1962 gab es ein kurzes Intermezzo auf dem Wasser, wo er sich mit Quester und Zeppel um die Motorboot-Staatsmeisterschaft duellierte. Albert war auch der erst zweite Österreicher, der jemals bei den 24 Stunden von Le Mans an den Start ging. Der erste war Gotfrid Köchert 1957. Die fahrbaren Untersätze des charismatischen Tirolers wurden immer stärker und schneller und er konstruierte sogar einen eigenen Prototyp – Albert RS. Eingesetzt wurde der offene Bolide, der sehr stark an den Lotus 23 erinnerte, von Albert selbst und vielen anderen Rennfahrern wie Klaus Sterzinger oder Dieter Quester. Für die Saison 1968 legte sich Albert einen Ford GT40 von der Scuderia Brescia Corse um 8.000 Dollar zu, der RS wurde an Klaus Sterzinger verkauft. Dieses damals aktuelle PS-Monster setzte der Wörgler ziemlich erfolgreich am Berg und auf Flugplatzrennen ein. In engen Kurven war Albert das Ungetüm aber etwas zu behäbig und der Wagen wurde am Ende der Saison nach München verkauft.


 

Vor nunmehr 50 Jahren, anno 1969, setzte Franz Xaver Albert dem ganzen Wettrüsten um die heißumkämpfte Österreichische Bergmeisterschaft dann die Krone auf, indem er sich einen reinrassigen Formel 1-Boliden zulegte. Wie anfangs erwähnt, kaufte sich Albert vom Schweizer Charles Vögele, um 370.000 Schilling, den zwei Jahre alten Brabham Repco BT20 F1 (Chassis F1-2-66), den der Weltmeister des Jahres 1967, Denny Hulme aus Neuseeland, in den ersten drei Saisonrennen fuhr. Denny Hulme fuhr mit exakt diesem Fahrzeug beim ersten Rennen in Kyalami auf Platz vier und gewann anschließend damit den GP von Monaco, es war jenes Rennen, in dem Lorenzo Bandini tödlich verunglückte. In Zandvoort belegte er Rang drei und stieg dann auf das Nachfolgemodell Brabham BT24 um. Der Wagen wurde Mitte des Jahres 1967 an Guy Ligier verkauft, der damit den Rest der Saison bestritt, bestes Ergebnis war ein sechster Platz beim GP von Deutschland. Mit Jahresende veräußerte der Franzose den Wagen an den Textilhändler Charles Vögele aus der Schweiz. Vögele setzte den Wagen für seinen Landsmann Silvio Moser bei zwei Grand Prix-Rennen ein, Platz fünf überraschenderweise in Zandvoort und nicht gewertet in Brands Hatch. Dann kam Franz Albert ins Spiel.


 

Albert setzte diesen Boliden insgesamt bei 13 Bergrennen in Österreich ein. Bestehend aus den sieben Läufen, die zur österreichischen Bergmeisterschaft (ÖBM) zählten: Engelhartszell, Weerberg, Dobratsch, Alpl, Tauplitz, Stainz und Gaisberg. Weitere Bergrennen, die zum goldenen Band der OSK zählten waren: Bad Mühllacken, Wildbichl, Aldrans, Behamberg, Wörgl-Wildschönau und Walding. Insgesamt stand 1969 16 Mal am Ende des Rennens ein Berg. 


 

6.000 Fans pilgerten zum Saisonbeginn am 16. März 1969 trotz Kälte, Schnee und Regen nach Bad Mühllacken, wo den 50 angetretenen Fahrzeugen und deren mutigen Fahrern aller Klassen Gewaltiges abverlangt wurde. Prominente Zuseher waren u.a. Niki Lauda, Wolfgang Stumpf und Gerhard Krammer. Leider musste das Rennen nach dem ersten Durchgang abgebrochen werden, da undisziplinierte Zuschauer sich nicht von der Piste vertreiben ließen. Trotz dieser schlechten Verhältnisse wurde wie erwartet Franz Albert Tagessieger auf seinem Formel 1-Boliden, der aber auf der rutschigen Straße mit dem übermotorisierten Gefährt seine Probleme hatte. Er gewann mit einer Zeit von 1:47,2 min, Durchschnittsgeschwindigkeit war immerhin 124,2 km/h. Den zweiten Platz mit 9 Sekunden Rückstand teilten sich Klaus Reisch im Alfa Romeo GTA, prächtig präpariert von Alfa Ascher, ex aequo mit dem Linzer Lokalmatador Richard Moser im Austro V. Vierter wurde Heinz Derflinger, ebenfalls Austro V. Eine gewaltige Leistung boten auch Helmut Schachner auf Porsche 911 S und der Linzer Wolfgang Kowarik auf Lotus Elan, die sogar schneller waren als einerseits Sigi Pust auf dem Ex-Greger Porsche 906 und andererseits Peter Prinzhorn auf dem von Gerold Pankl ausgeliehenen Porsche 906. Helmut Koinigg legte auf dem Ex-Baumgartner-, Ex-Lauda- und Ex-Stuppacher-Mini seine Talentprobe ab und fuhr bei seinem ersten Rennen auf Rang 10.


 

Albert blieb Oberösterreich treu, am 13. April 1969 erfolgte auf der „Sauwaldstraße“ in Engelhartszell der erste Lauf zur ÖBM, veranstaltet von ÖAMTC. Einige der Sieganwärter, nicht nur hier für Engelhartszell, sondern auch für die ÖBM, wie Richard Gerin oder Gerhard Krammer, blieben wegen des Asperner Flugplatzrennens der Veranstaltung fern. Gestartet wurde in unmittelbarer Nähe des Trappistenklosters Engelszell. Ziel war nach 4,5 km die Ortschaft St. Ägidi. Wie nicht anders zu erwarten, fuhr Albert die schnellste Zeit im Training, wo die Wetterkapriolen noch so halbwegs brauchbar waren. Im Rennen allerdings erreichte das Wetter den Status „Sauwetter“. Hagel, Regen, Schnee und Sturmböen wechselten sich einander ab und forderten die Teilnehmer aufs äußerste. Diese fast illegalen Verhältnisse wurden auch unserem Formel 1-Piloten schon im ersten Durchgang zum Verhängnis. Albert drehte sich ausgangs der Haarnadel, am Ende der langen Geraden und beschädigte dabei die Vorderradaufhängung, sodass an ein Weiterfahren nicht mehr zu denken war. Den Sieg holte sich Sigi Pust vor Peter Prinzhorn, beide Porsche 906, vor Helmut Schachner im Porsche 911 S.
 


 

Schon eine Woche später traf sich die schnelle Truppe am Weerberg, in unmittelbarer Nähe von Alberts Heimat Wörgl, wo am 20. April 1969 der zweite Lauf zur ÖBM stattfand. Mit dabei auch die beiden Favoriten Richard Gerin, im neu erworbenen Porsche 910 von Rudi Lins und Gerhard Krammer im Formel 2 Brabham-Alfa. Krammers Bolide war ursprünglich ein Formel 3 und gehörte ironischerweise davor Franz Albert, aber der schlaue Sollenauer pflanzte dem Rennwagen einen von Autodelta getunten 2 Liter Alfa Romeo-Motor ein. Das Wetter war passabel, die Strecke trocken, aber im oberen Abschnitt lag teilweise ein halber Meter Schnee neben der Piste. Gewonnen hat nach zwei spannenden Durchgängen mit einer Gesamtzeit von 3:39,46 min Richard Gerin, knapp vor Franz Albert, 3:40,26 min. Gerhard Krammer landete auf Platz 3, 10 Sekunden dahinter. Albert war zuversichtlich, konnte er doch mit den schnellsten seiner Zunft auf Österreichs Bergen mithalten oder manche sogar schlagen wie in Bad Mühllacken.


 

Wiederum eine Woche später, am 27. April 1969, stand der dritte Lauf zur ÖBM am Programm. Gefahren wurde auf der Dobratsch-Hochalpenstraße, den Hausberg der Villacher. Allerdings wurde die Strecke auf 6,6 km verkürzt. Für Albert war der Weg nach Kärnten leider umsonst, sein australischer Repco Motor machte schon am Morgen beim Aufwärmen Zicken, sodass einer Teilnahme am Training und ergo beim Rennen nicht zu denken war. Das Rennen stand unter dem Zeichen des Skorpions, als Sieger ließ sich Lokalmatador Johannes Ortner im neuen Werks-Abarth 3000 Prototyp, vor 13.000 begeisterten Zuschauern, feiern. Zweiter wurde der Italiener Giampiero Biscaldi, ebenfalls Abarth. Rang drei und vier erkämpften sich Gerin und Krammer. Da aber die beiden Erstklassierten nicht für die ÖBM registriert waren, heimste Gerin die volle Punktezahl ein.


 

Am 11. Mai 1969 übersiedelte der ganze ÖBM- Tross in Peter Roseggers Waldheimat, das Alpl-Bergrennen stand am Programm. Eine Woche davor fand in Barcelona der Formel 1 GP im Montjuïc-Park statt, wo Rindt und Hill bei Höchstgeschwindigkeit ihre filigranen Flügelkonstruktionen einknickten und es dadurch zu gewaltigen Abflügen führte. Da Albert auf seinem Boliden selbiges Flügelwerk verwendet, werden wir uns an späterer Stelle noch mit dieser Thematik auseinandersetzen. Das vom STAMK Mürztal, wie immer perfekt organisierte Rennen, war bestens besetzt und lockte etwa 6.000 Fans an den Streckenrand. Alles freute sich auf den Dreikampf Albert-Gerin-Krammer, doch es sollte anders kommen. Alberts Brabham zog sich einen Reifenschaden zu und schied schon in Lauf 1 aus. Alles lief auf das Duell Gerin-Krammer hinaus, das schlussendlich überraschenderweise Krammer für sich entschied; 3:04,27 min in beiden Läufen konnte sich sehen lassen. Mit 3 Sekunden Rückstand belegte Gerin Rang 2, der nach eigenen Angaben keinen Fehler machte, aber das ganze etwas verhalten anging. Eine Superleistung lieferte auch Bernd Brodner ab, der sich von Peter Prinzhorn den Porsche 906 kaufte und bei seinem ersten Rennen auf Anhieb dritter wurde. Auf den vierten Platz fuhr Klaus Sterzinger mit dem immer noch schnellen Albert RS.


 

Die fleißigen Bergsteiger zogen nun wieder nach Tirol, wo am 18. Mai 1969 in der Nähe von Kufstein das Wildbichl-Bergrennen stattfand. Dieses Rennen zählte nicht zur ÖBM, trotzdem waren sämtliche Asse am Start. Leider legte Gerin seinen 910er im zweiten Lauf, angespornt durch Alberts Bestzeit im ersten Durchgang, kurz vorm Ziel aufs Dach. Gerin war nicht angeschnallt und zog sich dadurch eine Wirbelverletzung zu. Albert fuhr mit seinem mitternachtsblauen Boliden, auf nasser Strecke, einen verdienten Sieg entgegen. Mit 11 Sekunden Rückstand wurde Klaus Sterzinger zweiter. Die wohl beachtenswerteste Leistung erbrachte aber Markus Meisinger aus Innsbruck, der mit einem höllisch lauten NSU TT (Klasse bis 1300 ccm) Rang drei erreichte – 9 Sekunden hinter dem zweiten. Das Siegespodest war also fest in Tiroler Händen. Alberts größter Rivale um die ÖBM, Gerhard Krammer, wurde mit einer halben Minute Rückstand fünfter.


 

Die Berg-Elite blieb in Tirol und zog am 29. Juni 1969 nach Aldrans, in der Nähe von Innsbruck, zum Mittelgebirgsrennen weiter. Die Strecke war 4 km lang und führte von Aldrans über Lans in Richtung Patscherkofel, Endpunkt war beim Zielbereich der Olympia Bobbahn. Eine Hochgeschwindigkeitsstrecke, mit Ausnahme der Ortsdurchfahrt von Lans, ideal also für Albert und seinen Brabham. Obwohl das Rennen nicht zur ÖBM zählte, konnte sich das internationale Starterfeld sehen lassen. Krammer und Gerin waren nicht am Start. Albert wurde seiner Favoritenrolle gerecht und siegte nach zwei eindrucksvollen Läufen mit einer Gesamtzeit von 3:02,1 min vor dem Deutschen Dieter Schmid, BMW RS, 5 Sekunden dahinter. Weitere 3 Sekunden zurück ordnete sich Sigi Pust ein, der mit dem Porsche 906 immer besser zurechtkam. Klaus Sterzinger im Albert RS wurde fünfter. Auch damals war das Thema Gewicht schon eine Herausforderung. Michael Mitterer, ein pfeilschneller Mann aus Hopfgarten, der heute noch sauschnell in der Szene unterwegs ist, zapfte auf Grund des geringen Rückstandes im Lauf 1 auf seinen größten Konkurrenten noch etwas Sprit ab, um dadurch den nötigen Rückstand im zweiten Durchgang noch aufholen zu können. Leider war der Puch zu durstig und Mitterer stoppte nach der Ortsdurchfahrt Lans.


 

Ein einziges Mal bot sich auch in Niederösterreich die Möglichkeit, am Berg einen reinrassigen Formel 1 zu bewundern und zwar am 6. Juli 1969 beim Bergrennen Behamberg, zwischen Steyr und Amstetten. Das Rennen stand leider unter keinem guten Stern. Ursprünglich war die Veranstaltung auf den 31. Mai angesetzt, wurde aber wegen Paratyphus abgesagt und dann auf Juli verschoben. Beim Training kam es leider zu einem tragischen Zwischenfall, bei dem ein neun Jahre alter Bub tödlich verletzt wurde. Daraufhin gerieten die Renn-Kommissare etwas in Panik und verlangten plötzlich bei den Rennreifen eine Profiltiefe von 3 mm. Obwohl die Fahrzeuge schon eine positive technische Abnahme am Morgen bestanden hatten. Die Folge waren Chaos und endlose Verzögerungen, die Albert aber egal waren, da er sowieso Reifen mit 5 mm Profiltiefe verwendete. Albert musste allerdings seinen Heckflügel, selbe Konstruktionsart wie bei den Lotus 49 von Rindt und Hill beim Spanien GP, abmontieren. Diese filigranen Auswüchse wurden ab nun von der FIA gewaltig in Höhe und Größe reglementiert. Albert spielte aber gekonnt seine PS-Überlegenheit aus und holte sich mit zwei Traumläufen und einer Gesamtzeit von 3:04,2 min den Sieg. Ergibt einen Schnitt von 178,5 km/h. Sigi Pust trieb seinen Carrera 6 mit 3:08,8 min auf den zweiten Gesamtrang. Erstmals seit dem Crash in Wildbichl griff auch Richard Gerin wieder ins Renngeschehen ein und belegte, eine Sekunde hinter Pust, Rang drei. Somit gewann Albert drei Rennen en suite, zählten aber allesamt nicht zur ÖBM.
 


 

Zwei Wochen nach der ersten Mondlandung und eine Woche nach dem Eröffnungsrennen vom Österreichring in Zeltweg, stand am 3. August 1969 das 4. Tauplitzalm-Bergrennen in Bad Mitterndorf am Programm. Dieses Rennen zählte nicht nur zur ÖBM, sondern war auch ein Lauf zur Berg-EM. Dementsprechend sensationell war auch die Teilnehmerliste. David Piper reiste mit seinem typisch in grün lackierten Ferrari P4 in die Steiermark, der Münchner Willy König besorgte sich aus dem Nachlass von John Woolfe einen bulligen Lola T70. Woolfe war im Juni bei den 24 Stunden von Le Mans in seinem privaten Porsche 917 tödlich verunglückt. Der Schweizer Peter Boner nahm den Berg mit einem Formel 5000 McLaren – Oldsmobile in Angriff und der Australier Roy Johnson trug sich mit einem Chevron B8 in die Startliste ein. Man sah also sehr viele Piloten im Gebirge, die sich ansonsten nur auf der Rundstrecke austobten. Auch die österreichische Elite mit Krammer, Pust, Stumpf, Brodner, Miedaner und natürlich Albert stellten sich der Herausforderung. Alberts Brabham hatte erstmals einen von ihm selbst konstruierten „gestutzten“ silbernen Heckflügel mit der Aufschrift „Team Albert“ montiert. Der Berg war steil und hatte auf den 9,8 km immerhin 97 Kurven zu bieten. Das samstägliche, bei trockenen Bedingungen, durchgeführte Training war ein offener Schlagabtausch zwischen Krammer und Albert, den schließlich Krammer mit 0,6 Sekunden Vorsprung für sich entschied. Am Sonntag beim Rennen, bei teilweiser nasser Strecke, wurde aber Albert seiner Favoritenrolle gerecht und siegte in eindrucksvoller Manier mit einer Zeit von 6:02,6 min, zwölf Sekunden vor Titelrivalen Krammer. Wolfi Stumpf konnte die beiden Carrera 6 von Sigi Pust und Bernd Brodner hinter sich halten und belegt mit dem Lotus-BMW Rang drei. Willy König köpfelte seinen eben erworbenen Lola T 70 schon im Training in einen tiefen Graben, die „schöne Lola“ hatte danach nur noch Schrottwert. Am Renntag hatte David Piper im P4 einen kapitalen Motorschaden. Somit hatten sich zwei Siegkandidaten selbst aus dem Rennen genommen. Dies war leider das letzte Bergrennen auf die Tauplitz, dort wo 1968 Kary Seitz tödlich verunglückte.


 

In Stainz, bei Deutschlandsberg, stand am 24. August 1969 der nächste Lauf zur ÖBM statt. Die Strecke war 5,6 km lang, hatte etwa 40 Kurven und führte von Stainz, 370 m Seehöhe, durch die Engelweingärten hinauf nach Hohenfeld auf 780 m Seehöhe. Im Jahr davor pulverisierte Rindt mit seinem Formel 2 sämtliche Rekorde in Stainz und lockte damals etwa 20.000 begeisterte Fans an den Streckenrand. Diesmal war Rindt nur Zaungast, hatte aber Jackie Stewart als Ehrengast mit im Gepäck. Die größten Chancen auf die 50.000 Schilling Prämie, die für die Unterbietung von Rindts Rekord, 3:01,90 min, aus dem Vorjahr ausgesetzt wurde, rechnete sich Dieter Quester aus. Die Münchner BMW-Mannen brachten für Quester eigens den neuesten Formel 2-Renner in Rindts Wahlheimat. Quester brach leider auf der Fahrt zur Tagesbestzeit der Schaltknüppel, er rutschte dadurch in die Wiese – aus der Traum. Selbstverständlich waren Albert und seine größten Gegner in Sachen ÖBM in die Steiermark gereist. Der Renntag war leider etwas verregnet und trotzdem pilgerten 8.000 Begeisterte zur Strecke, um einen Überraschungssieger zu erleben. Diesmal schlug Klaus Sterzinger zu, der den ehemaligen Albert RS, mittlerweile mit einem 2 Liter BMW-Motor, in einer Zeit von 3:28,46 min hinaufjagte. Albert belegte mit 5 Sekunden Rückstand Platz 2. Der eigentliche Sensationsmann war wieder einmal Markus Meisinger, er landete mit dem sehr drehfreudigen NSU TT auf den dritten Platz, nur zweieinhalb Sekunden hinter Albert im Formel 1! Gerhard Krammer fuhr laut eigenen Angaben etwas verhalten und belegte den achten Platz, 15 Sekunden dahinter.


 

Nächste Station unserer Gipfelstürmer war am 7. September 1969 am Gaisberg, wo die Finalrennen zur ÖBM und gleichzeitig zur EBM stattfanden. Dies war auch der Tag, an dem in Monza beim Formel 1-Lauf eines der spannendsten GP-Finale stattfand. Dort siegte Stewart vor Rindt, Beltoise und McLaren, nur durch 19 Hundertstel getrennt. Es war der 13. Große Bergpreis von Österreich auf dieser schwierigen und 8,6 km langen Strecke. Der Schweizer Peter Schetty auf dem ultraleichten Ferrari Bergspyder war zwar offiziell gemeldet, trat aber die Reise nach Salzburg nicht mehr an, da er den Europameistertitel schon in der Tasche hatte. Der Trainingstag war nebelig-regnerisch und ließ die Fahrer etwas verhalten an die Sache rangehen. Trotz dieser Bedingungen kristallisierten sich die beiden Abarth-Werkspiloten Toni Pelizzoni und Arturo Merzario als Favoriten heraus. Am Renntag zeigte sich der Wettergott gnädig und es sollte ein spannender Renntag werden. Während Merzario im ersten Durchgang mit 3:54,27 min eine neue Bestzeit aufstellte, prallte der hinter ihm gestartete Toni Pelizzoni unterhalb der Judenburgalm mit seinem Werks-Abarth 2000 gegen einen Felsen. Der 22-jährige, äußerst attraktive, nette und pfeilschnelle Südtiroler starb wenig später im Salzburger Unfallkrankenhaus. Triumph und Tragödie liegen wie so oft im Motorsport eng beieinander. Sieger nach zwei gefahrenen Durchgängen wurde mit einer Gesamtzeit von 7:55,97 min der kleine Italiener Arturo Merzario vor dem Offenbacher Michael Weber im Alfa Tipo 33, 12 Sekunden zurück. Altmeister Sepp Greger, damals 54 Jahre alt zeigte es nochmals den Jungen und fuhr mit seinem Porsche 910 auf den dritten Platz. Die ersten drei Plätze gehörten somit den Sportwagen und Prototypen. Vierter wurde der erste Monoposto und somit bester Österreicher Gerhard Krammer; er trieb seinen Brabham Alfa in einer Zeit von 8:14,23 min zum Sender hinauf. Albert steuerte seinen Brabham-Repco, 4 Sekunden dahinter, auf Platz 5. Die Würfel sind hiermit auch bei der ÖBM gefallen. Krammer holte sich verdient den begehrten Titel mit 78 Punkten, Albert landete auf den zweiten Platz mit 63 Punkten. Drei Ausfälle mit technischen Defekten waren gegen den konstant fahrenden Sollenauer einfach zu viel. Gerin hatte auf Grund seines Unfalles in Wildbichl mit der Titelentscheidung nichts mehr zu tun. Es sollte das letzte Rennen auf den Hausberg der Salzburger sein, gleichzeitig war es auch das einzige Gaisbergrennen mit einem Formel 1-Boliden am Start.


 

Die Würfel sind zwar gefallen, aber am 28. September 1969 stand das Bergrennen von Wörgl in die Wildschönau am Programm. Das Rennen zählte zum „Goldenen Band der OSK“ und war nicht nur für Albert, quasi als Hausherr, eine Ehrensache, sondern auch für Gerin und Krammer. Die Strecke war nur 1,7 km lang, darum wurde in drei Durchgängen gefahren. Auf diesen genau genommenen „1680 m“ fanden sich bei bestem Bergwetter immerhin 6.000 Zuschauer ein. Albert peitschte im Training sein Gerät mit 1:00,8 min bergwärts und entzückte dabei natürlich die Einheimischen. Das Rennen war dann ein offener Schlagabtausch unserer drei Helden. Lauf eins gehörte Albert, vor Gerin und Krammer. Den zweiten und dritten Durchgang sicherte sich jeweils Gerin vor Albert und Krammer. Schlussendlich gewann Gerin das Sprintduell im Porsche 910 mit einer Gesamtzeit von 3:09,2 min vor Albert mit 3:10,6 min. Krammer belegte mit drei Sekunden Rückstand auf Albert Rang 3.


 

Am 19. Oktober 1969 schloss sich der Kreis der Bergrennen im oberösterreichischen Mühlviertel, wo er am 16. März 1969 begonnen hatte. Von Walding nach Gramastetten hieß die Devise, 10 km westlich von Linz und „gleich ums Eck“ von Bad Mühllacken. Automobil Motorsport war gerade en vogue, hatte doch unser Jochen Rindt zwei Wochen vor dem Bergfinale den GP der USA gewonnen; es war Jochens erster Sieg. Etwa 8.000 Zuschauer zog es bei typischem Herbstwetter an den Streckenrand. Es war das dritte Bergrennen, das der einheimische MSC Rottenegg auf dieser 6 km langen Strecke veranstaltete. Wie schon zuvor in der Wildschönau waren auch hier alle Verdächtigen in Sachen Bergrennsport vertreten. Das Ergebnis nach zwei Durchgängen könnte ein Drehbuchautor nicht besser inszenieren. Albert und Krammer wurden mit exakt der gleichen Zeit gestoppt, 3:04,0 min war die offizielle Siegerzeit. Hatten die beiden sich das ganze Jahr einen offenen Schlagabtausch geliefert, kam es also beim Showdown zu einem ex aequo Ergebnis. Platz drei ging auch an einen alten Bekannten, Klaus Sterzinger im Albert Eigenbau mit 6 Sekunden Rückstand. Dahinter folgte eine Armada von Porsche 906 – Pust, Rieder und Convalexius belegten die Plätze 4 bis 6.

Albert beendete mit seinem reinrassigen Formel 1-Renner das Kapitel Bergrennen. Zu Buche standen bei den sieben Läufen zur ÖBM ein Sieg, drei zweite Plätze aber leider auch drei Ausfälle und wie schon erwähnt Rang 2 in der Meisterschaft. Die restlichen Ergebnisse bei den Rennen zum goldenen Band der OSK waren immerhin fünf Siege und ein zweiter Platz.


 

Franz Albert mit seinem Brabham Repco hatte aber noch nicht genug von der Rennerei. Eine Woche nach dem Rennen in Walding, am 26. Oktober 1969, fand in Neubiberg bei München das Finale der FIA Formel 2-Meisterschaft statt. Albert war zwar gemeldet, ging aber nicht an den Start und wird in den offiziellen Listen unter „DNS“ geführt. Wahrscheinliche Erklärung meinerseits: Keine Starterlaubnis für ein 3-Liter-Auto in der Formel 2.

Interessierte Besucher hatten im November noch zweimal die Gelegenheit, das Fahrzeug in Österreich zu bewundern. Bei einer Rennwagenausstellung in Salzburg und bei der Jochen Rindt-Show in Wien. Bei letzterer kaufte Jo Siffert den Wagen und fuhr damit 1970 in der Schweiz ein Bergrennen. Dies war der letzte Renneinsatz von F1-2-66 und der Wagen wechselte anschließend mehrmals den Besitzer. Zuerst ging die Reise nach Frankreich in ein kleines Museum. Weitere Stationen waren: England, USA, Italien und nochmals USA. Schließlich kaufte der Grieche Joannis Inglessis den Rennwagen und ließ diesen in Deutschland aufwändig restaurieren. Der Wagen wurde dabei im Aussehen auf den Stand des Jahres 1967 zurückgesetzt, also wie in Hulme auf dem Weg zu seinem WM-Titel einsetzte. Der V8-Bolide verschwand dann für ein paar Jahre von der Bildfläche und wurde dann im Mai 2014 bei einer Auktion in Monaco um sagenhafte 1.092.000 Euro versteigert. Der Ort war perfekt inszeniert, hatte doch Hulme 47 Jahre zuvor im Fürstentum gewonnen. Derzeit ist der Wagen wieder verwahrt, um in ein paar Jahren bei einer namhaften Versteigerung wieder aufzutauchen und sich einen neuen Besitzer zu suchen.
 


 


 


 


 


 

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