Roter Rennwagen restauriert
Autor: Redaktion
Mercedes Targa-Florio-Rennwagen von 1924 zurück auf der Straße
100 Jahre nach dem Triumph von Mercedes im legendären Langstreckenrennen Targa Florio auf Sizilien am 27. April 1924 kehrt ein damals eingesetzter Mercedes 2-Liter-Rennwagen zurück auf die Straße. Mercedes-Benz Classic hat das Fahrzeug der unternehmenseigenen Sammlung nach höchsten Maßstäben der Authentizität restauriert. 2024 wird es bei internationalen Events präsentiert. Der Rennwagen mit dem charakteristischen roten Lack ist ein Highlight in 130 Jahren Motorsport von Mercedes-Benz.
1924 hat Mercedes mit diesem Rennwagen Motorsportgeschichte geschrieben. Ein Jahrhundert später ist das Fahrzeug nun wieder originalgetreu in Fahrt zu erleben – und damit schreibt Mercedes-Benz Classic Geschichte. Denn so etwas ist nur möglich durch die vereinte Kompetenz des Mercedes-Benz Classic Centers, der Archive von Mercedes-Benz Classic und eines starken Expertennetzwerks. Dieses faszinierende Projekt macht die Innovationskraft unseres Unternehmens greifbar – von dessen Anfängen 1886 bis in die Zukunft.
Marcus Breitschwerdt, Leiter Mercedes-Benz Heritage
Mercedes-Benz Classic hat die Restaurierung des Targa-Florio-Rennwagens bis zu seiner Wiederinbetriebnahme mit umfangreichen Foto- und Videoaufnahmen begleitet. Die Filmdokumentation wird exakt zum 100-jährigen Jubiläum am 27. April 2024 veröffentlicht. Sie ist im Mercedes-Benz Classic Web-Special zu finden: https://www.mercedes-benz.com/targaflorio/
Sieg auf Sizilien
Die Targa Florio ist Anfang der 1920er-Jahre eine Spitzenveranstaltung im europäischen Motorsport. Sie bietet deutschen Unternehmen eine wichtige Chance. Denn diese sind nach dem Ersten Weltkrieg zunächst von der Teilnahme an der Grand-Prix-Europameisterschaft ausgeschlossen. Mercedes holt 1921 Platz 2 des Gesamtklassements, und 1922 gewinnt ein Privatfahrer auf Mercedes. Mit einem neuen Rennwagen tritt die Marke 1924 wieder an. Das Fahrzeug basiert auf Entwürfen von Paul Daimler. Zur Einsatzreife entwickelt es Ferdinand Porsche, seit April 1923 technischer Leiter und Entwicklungsvorstand der Daimler-Motoren- Gesellschaft.
Auf eigener Achse fährt die Rennmannschaft mit vier 2-Liter-Wettbewerbsfahrzeugen von Stuttgart nach Sizilien. Drei dieser Rennwagen setzt Mercedes bei der Targa Florio und der Coppa Florio ein. Ein Clou ist der eigentlich den italienischen Fahrzeugen vorbehaltene rote Lack: Er soll im Rennen eventuelle Behinderungen durch italienische Fans vermeiden. Deutsche Rennwagen sind damals üblicherweise weiß lackiert.
Mercedes-Werksfahrer Christian Werner gewinnt die Targa Florio über eine Distanz von 432 Kilometern (vier Runden zu je 108 Kilometern) im Rennwagen mit der Startnummer 10. Er benötigt dafür 6:32:37,4 Stunden. Es ist der erste Sieg eines nicht aus Italien stammenden Fahrers bei der Targa Florio. Bei den Rennwagen bis 2 Liter Hubraum führt Werner zudem einen dreifachen Klassensieg des Teams an. In der Gesamtwertung kommt Christian Lautenschlager (Startnummer 32) auf Platz 11, Alfred Neubauer (Startnummer 23) auf Platz 16. Die Mercedes-Mannschaft erhält die Coppa Termini als bestes Fabrikteam. Anschließend macht Werner den Erfolg perfekt: Für die Wertung der Coppa Florio ist eine weitere Runde zu fahren. Der Werksfahrer aus Stuttgart siegt nach insgesamt 8:17:1,4 Stunden auch in diesem Wettbewerb. Seine Teamkollegen kommen auf die Plätze 9 (Lautenschlager) und 13 (Neubauer).
Restaurierung mit höchster Authentizität
2022 beschließt Mercedes-Benz Classic, den originalen 2-Liter-Targa-Florio-Rennwagen der unternehmenseigenen Sammlung für das Jubiläum nach den hohen Ansprüchen einer Werksrestaurierung so authentisch wie möglich wieder aufzubauen. Es ist das Fahrzeug, mit dem Christian Lautenschlager 1924 die Targa Florio absolviert. Werners Siegerwagen ist nicht erhalten.
Auf die Ausbringung des Rennwagens aus dem Mercedes-Benz Museum folgen eine akribische Bestandsanalyse und die umfassende Recherche in den Archiven von Mercedes-Benz Classic – dem Gedächtnis der Marke. Originale technische Zeichnungen und historische Fotos sind entscheidende Quellen für die authentische Restaurierung. Diese führt das Classic Center zusammen mit einem Expertennetzwerk aus.
Projekthighlights
• Reparatur des Kompressormotors: Dazu gehören Schweißarbeiten am Gehäuse, das Überarbeiten der originalen Nockenwellen und Wiederherstellen von Schraubverbindungen mit zeittypischen, hybriden Gewinden.
• Karosseriearbeiten: Der durch einen privaten Kunden in den 1920er-Jahren umgebaute Rennwagen wird nach den historischen Plänen in seinen Originalzustand zurückversetzt.
• Lackierung: Die detaillierte Analyse kleiner Reste des ursprünglichen Lacks gibt Aufschluss über Farbgebung und Methode der Lackierung von 1924. Der Rennwagen wird von Hand mit dem Pinsel und der rekonstruierten Leinölfarbe neu lackiert.
Bei sämtlichen Schritten erhalten die Experten des Classic Centers und die externen Partner die originale Substanz so umfassend wie möglich. Beispielsweise bleiben Spuren vergangener Karosseriemodifikationen unter dem historisch korrekten Lack nachvollziehbar. Sehr empfindliche originale Komponenten werden geschont. So ersetzt etwa eine detailgetreue Reproduktion das Lenkrad von 1924 für Fahreinsätze im Jubiläumsjahr.
Im April 2024 absolviert der Rennwagen seine erste Ausfahrt nach der Restaurierung auf der Einfahrbahn des Mercedes-Benz Werks Untertürkheim. Hier wird das Fahrzeug vor 100 Jahren in der Rennwerkstatt gebaut. Und es startet von dort 1924 zur Fahrt nach Sizilien, die mit einem der großen Erfolge in 130 Jahren Motorsportgeschichte von Mercedes-Benz endet.